Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht. Stipendiat
Orientierungssatz
Zur Versicherungspflicht eines Stipendiaten (hier Stipendium zur Durchführung eines Forschungsvorhabens).
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Versicherungs- und Beitragspflicht der Klägerin zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung für Zeiten ihrer Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 4. als Stipendiatin.
Die 1959 geborene Klägerin ist Psychologin. Ihre Diplomarbeit aus dem Jahre 1986 hatte das Thema "Bulimarexia -- korrelierte Persönlichkeitsmerkmale". 1991 promovierte sie über das Thema "Bulimisches Essverhalten und Geschlechtsidentität bei Jugendlichen: Strukturmodelle mit nicht normal verteilten Variablen". Mit Schreiben vom 27. August 1992 gewährte ihr die Beigeladene zu 4. für die Zeit vom 15. Oktober 1992 bis zum 31. Oktober 1994 ein Stipendium zur Durchführung eines Forschungsvorhabens zum Thema "Mitarbeit im Projekt Berliner Altersstudie im Forschungsbereich Psychologie und Humanentwicklung". Der Leiter dieses Forschungsbereichs war Prof. Dr. B. In dem Schreiben der Beigeladenen zu 4. heißt es, dass sich die Klägerin mit Annahme des Stipendiums verpflichte, ihre volle Arbeitskraft auf den Stipendienzweck zu verwenden. Nebentätigkeiten bedürften deshalb der vorherigen Zustimmung der Institutsleitung. Das Stipendium werde als Zuschuss zum Lebensunterhalt, nicht jedoch als Gegenleistung für eine wissenschaftliche Tätigkeit gezahlt. Die Annahme des Stipendiums verpflichte die Klägerin zu keiner Arbeitnehmertätigkeit. Das Stipendium sei deshalb einkommens- und lohnsteuerfrei und damit auch sozialversicherungsfrei und es entfalle vor Ablauf des Bewilligungszeitraums mit Ablauf des Tages, an dem eine berufliche Tätigkeit gegen Entgelt aufgenommen werde. Es könne vor Ablauf des Bewilligungszeitraums widerrufen werden, wenn sich der Stipendiat nicht im erforderlichen und zumutbaren Maße um die Verwirklichung des Stipendienzwecks bemühe. In einem vorangegangenen Schriftwechsel zwischen der Klägerin und Prof. Dr. B hat die Klägerin ihr besonderes Interesse für den Forschungsschwerpunkt "Persönlichkeit und Sozialentwicklung" und "Berliner Altersstudie" geäußert. Hier sehe sie direkte Bezüge zu ihrer bisherigen Forschung sowie die Möglichkeit, Neues zu lernen. Der primäre Anreiz für eine Mitarbeit an den Forschungsschwerpunkten bestehe für sie darin, im Kontext einer aktiven Arbeitsgruppe neue Gebiete in Angriff zu nehmen. Diese Einbindung habe ihr bisher gefehlt. Die Klägerin beendete ihre Stipendiatentätigkeit bei der Beigeladenen zu 4. nach einer Verlängerung des Stipendiums am 15. April 1995.
Im April 1997 bat sie die Beklagte um Prüfung, ob es sich bei ihrer Stipendiatentätigkeit um ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis gehandelt habe. Sie habe in dieser Zeit den Status einer Stipendiatin (Postdoktoranden-Stipendium) gehabt; ihre konkreten Arbeitsbedingungen, wie beispielsweise die Pflicht zur Anwesenheit, eine generelle Kernzeit von 10.00 Uhr bis 16.00 Uhr und die Verpflichtung, an regelmäßig über die Kernzeit hinausgehenden Arbeitstreffen teilzunehmen, hätten jedoch denen eines Arbeitnehmers entsprochen. Prof. Dr. B habe sie zudem zu Beginn ihrer Tätigkeit dahingehend instruiert, dass sie bei jeder vorübergehenden Abwesenheit von ihrem Arbeitsplatz eine Nachricht mit Angabe des gegenwärtigen Aufenthaltsorts und der Dauer der Abwesenheit hinterlassen solle. Er habe ihr auch nicht die Möglichkeit einer Weiterqualifizierung geboten. Auf ihren entsprechenden Wunsch habe er ihr gegenüber geäußert, dass er diese Möglichkeit nur jemandem anbieten würde, der ihm mehrere Jahre gedient habe. Schließlich sei sie in die Arbeitsabläufe der Berliner Altersstudie, der sie als Postdoktorandin zugeordnet gewesen sei und in den Forschungsbereich von Prof. Dr. B integriert gewesen. Aufgrund des interdisziplinären Charakters der Berliner Altersstudie und der Anzahl der beteiligten Wissenschaftler hätten regelmäßig Arbeitstreffen auf verschiedenen Ebenen stattgefunden. Zudem seien ihr konkrete Vorgaben hinsichtlich der Art und des Inhalts ihrer Tätigkeit gemacht und ihre Arbeitsergebnisse seien entsprechend kontrolliert worden.
Mit Bescheid vom 19. August 1997 lehnte die Beklagte die Anerkennung der Stipendiatentätigkeit der Klägerin als versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis ab. Während ihrer Stipendiatenzeit sei sie nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung oder zu einer Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet gewesen. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. Mai 1998 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass die Klägerin während des streitbefangenen Zeitraums nicht zu einer Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet gewesen sei. Sie sei an keine feste Arbeitszeit gebunden gewesen, sondern habe vielmehr selbst über ihre Forschungszeit bestimmen können. Der Beigeladene zu 4. habe auch keinen Einfluss auf die Ausf...