Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung von Zeiten einer planmäßigen wissenschaftlichen Aspirantur bei der Rentenberechnung. Vergleichsberechnung. Vertrauensschutz. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. Die Nichtberücksichtigung der Zeit der planmäßigen wissenschaftlichen Aspirantur, während der der Aspirant ein Stipendium erhielt und in die pauschale Studentenversicherung der DDR einbezogen war, weder als Anrechnungszeit noch als Beitragszeit nach dem SGB 6 bei der Rentenberechnung, verstößt nicht gegen Verfassungsrecht (vgl BSG vom 24.10.1996 - 4 RA 121/95 = SozR 3-2600 § 248 Nr 1, BSG vom 25.3.1997 - 4 RA 48/96, BSG vom 31.7.1997 - 4 RA 22/96, BSG vom 31.7.1997 - 4 RA 76/96, BSG vom 23.3.1999 - B 4 RA 18/98 R = SozR 3-2600 § 248 Nr 4 und BSG vom 30.8.2000 - B 5/4 RA 87/97 R).

2. Allein im Rahmen der im Wege des Vertrauensschutzes anzustellenden Vergleichsberechnungen nach §§ 319a, 319b SGB 6 (Rentenzuschlag, Übergangszuschlag) iVm Art 2 RÜG und Anlage II Kap VIII H III Nr 9 Buchst b S 4 und 5 EinigVtr iVm § 4 Abs 4 AAÜG idF vom 27.7.2001 ist die Zeit der planmäßigen wissenschaftlichen Aspirantur bei der Ermittlung des (fiktiven) Sozialpflichtversicherungsrentenbetrages zu berücksichtigen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die rentensteigernde Berücksichtigung der Zeit der planmäßigen wissenschaftlichen Aspirantur.

Der 1929 geborene Kläger besuchte nach einer Lehrausbildung, Kriegsdienst und verschiedenen versicherungspflichtigen Beschäftigungen vom 30. Oktober 1949 bis zum 31. August 1952 die Arbeiter- und Bauern-Fakultät der H-U zu B zwecks Erlangung der Hochschulreife (Zeugnis vom 15. Mai 1952). Anschließend studierte er vom 1. Mai 1952 bis zum 31. Dezember 1955 Rechtswissenschaften an der Deutschen Akademie für St und R "WU" in P-B und schloss das Studium am 17. Dezember 1955 mit dem Staatsexamen ab (Diplomurkunde vom 17. Dezember 1955). Nachdem er zunächst vom 1. Januar 1956 bis zum 30. April 1957 als wissenschaftlicher Assistent an der Deutschen Akademie für St und R "W U" versicherungspflichtig beschäftigt gewesen war, wurde er zum 1. Mai 1957 in die planmäßige wissenschaftliche Aspirantur (Fachrichtung: Staats- und Rechtstheorie) aufgenommen (Urkunde vom 26. April 1957), die nach seinen Angaben am 30. April 1960 endete. Dementsprechend finden sich in seinem Sozialversicherungsausweis (SVA) für die Zeit vom 1. Mai 1957 bis zum 31. Dezember 1958 unter der Rubrik "Bezeichnung der Tätigkeit" die Eintragung "wissenschaftlicher Aspirant" sowie unter der Rubrik "beitragspflichtiger Gesamtarbeitsverdienst" die Eintragung "pauschale Studentenversicherung". Auch für die Zeit ab dem 1. Januar 1959 ist im SVA die Tätigkeit als wissenschaftlicher Aspirant eingetragen, es fehlen jedoch die weiteren Angaben zum beitragspflichtigen Gesamtarbeitsverdienst und zum Ende der Tätigkeit. Vom 1. Mai 1960 bis zum 31. Dezember 1961 war der Kläger als wissenschaftlicher Oberassistent an der Deutschen Akademie für St und R "W U" erneut versicherungspflichtig beschäftigt und schloss seine Promotion erfolgreich ab (Promotionsurkunde vom 4. Oktober 1961). Danach war er bis zum 31. Oktober 1974 als Arbeitsgruppenleiter bzw. Abteilungsleiter beim St der DDR, vom 1. November 1974 bis zum 31. Juli 1976 als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der V der DDR und vom 1. August 1976 bis zum 30. September 1990 bei der S bzw. P versicherungspflichtig tätig. Anschließend bezog er vom 1. Oktober 1990 bis Ende Mai 1994 Vorruhestandsgeld von der Bundesanstalt für Arbeit. Mit Wirkung vom 1. März 1971 war der Kläger in die freiwillige zusätzliche Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates ... (- AVMSt -, Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 19 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz - AAÜG-) einbezogen worden, der er bis zum 31. Juli 1976 angehörte. Ab dem 1. August 1976 bis zum 30. Juni 1990 gehörte er der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter der SED bzw. PDS (- AVMitSED -, Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 27 zum AAÜG) an.

Auf seinen Antrag stellte die Beklagte mit Bescheid vom 5. Mai 1995 für den Kläger die ihm ab 1. Juni 1994 zu gewährende Regelaltersrente in Höhe von monatlich 1.615,81 DM brutto unter Zugrundelegung von 44,2906 Entgeltpunkten (Ost) - EP - fest. Die Zeit vom 1. Mai 1957 bis zum 30. April 1960 berücksichtigte sie weder als Beitragszeit noch als Anrechnungszeit bei Berechnung der Rente. Letzteres sowie die Nichtberücksichtigung weiterer rentenrechtlicher Zeiten bzw. von ihm erzielter Entgelte rügte der Kläger mit seinem Widerspruch. Dem half die Beklagte teilweise durch Neufeststellung der Regelaltersrente mit Bescheiden vom 9. November 1995 und 5. Januar 1996 unter Zugrundelegung von zuletzt 44,5783 EP ab. Im Übrigen wies sie den Widerspruch mit Bescheid vom 4. April 1996 mit der Begründung zurück, die Zeit der wissenschaftlichen Aspirantur erfülle nicht den Tatbestand einer Anrechnungszeit wegen Hochschulausbildung nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. ...

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