Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsunfähigkeitszeiten vor dem 1.1.1984. Beitrittsgebiet. Arbeitsausfalltage. Rentenberechnung. Berücksichtigung bei der Bestimmung der Beitragsbemessungsgrenze
Orientierungssatz
Nach Auffassung des Senats sind Arbeitsausfalltage iS von § 260 S 3 SGB 6 nicht nur die als Summe im Sozialversicherungsausweis eingetragenen Arbeitsausfalltage sondern auch die Tage, die mit Von-Bis-Daten konkret eingetragen sind.
Tatbestand
Streitig ist die Herabsetzung der Beitragsbemessungsgrenze aufgrund von Arbeitsausfalltagen (ATA).
Der ... 1930 geborene Kläger ist gelernter Kesselschmied und legte nach dem Besuch der Ingenieurschule für Maschinenbau in L im Juni 1966 die Prüfung zum Ingenieur ab. Bei der SED war er von Mai 1959 bis Februar 1978 versicherungspflichtig beschäftigt, wurde am 1. März 1978 Leiter der Arbeiter- und Bauern-Inspektion und arbeitete seit Mai 1980 als Direktor für Kader und Bildung beim VEB Kombinat für Kraftwerksanlagen Bau B; zuletzt war er Direktor der Betriebsakademie. Im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung (SV-Ausweis) ist für das Jahr 1963 eine stationäre Behandlung vom 24. Januar bis zum 2. Februar 1963 und für das Jahr 1969 eine stationäre Behandlung vom 16. Juli bis zum 25. Juli 1969 vermerkt. Vom 1. Mai 1959 bis zum 31.Oktober 1979 war er Mitglied der Zusatzversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter der SED/PDS. Seit dem 1. November 1990 erhielt der Kläger Vorruhestandsgeld.
Die Beklagte gewährt dem Kläger seit dem 1. Februar 1995 Regelaltersrente, zuletzt mit Bescheid vom 8. August 1996. Der Rentenberechnung lag der Entgeltbescheid der Beigeladenen (Partei des Demokratischen Sozialismus -- Zusatzversorgungsträger --) vom 6. April 1995 zugrunde. Nachdem die Beigeladene aufgrund des Änderungsgesetzes zum Anspruchs- und Anwartschafts-Überführungsgesetzes (AAÜG-Änderungsgesetz) einen neuen Bescheid vom 29. August 1997 erlassen hatte, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 20. April 1998 das Altersruhegeld ab 1. Januar 1997 neu fest.
Mit Schreiben vom 12. Juni 1998 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer höheren Rente unter Hinweis auf die von der Beigeladenen nicht berücksichtigten Ausfallzeiten vom 24. Januar bis zum 2. Februar 1963 und vom 16. Juli bis zum 25. Juli 1969 als Anrechnungszeiten. Mit Bescheid vom 9. Juli 1998 lehnte die Beklagte eine Neufeststellung nach § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) mit der Begründung ab, der Bescheid vom 20. April 1998 sei rechtmäßig, Einwände gegen Entgeltbegrenzungen seien ausschließlich beim Versorgungsträger verbindlich vorzutragen. Die BfA als Rentenversicherungsträger sei an diese Feststellung gebunden. Die Regelungen des § 260 Satz 3 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) fänden nur auf ATA Anwendung. Würden vom Versorgungsträger dagegen, wie in seinem Fall, Anrechnungszeittatbestände (z.B. Zeiten der Arbeitsunfähigkeit) gemeldet, die nicht als Anrechnungszeit berücksichtigungsfähig seien, finde § 260 Satz 3 SGB VI keine Anwendung. In diesen Fällen sei die Beitragsbemessungsgrenze bezogen auf die tatsächliche Beitragszeit zu bestimmen. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 16. November 1998 zurückgewiesen.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Berlin erhoben und vorgetragen: Er wende sich gegen die fehlerhafte Anwendung der Bestimmungen §§ 252 Abs. 7 Ziffer 1, 252 a Abs. 2 und 260 Satz 3 SGB VI. Diese besagten, dass die vor dem 1. Januar 1984 angefallenen Arbeitsausfalltage, wenn sie unter einem Kalendermonat pro Jahr lägen, bei 30 Tagen im Rentenrecht nicht zur Kürzung des Bruttojahresarbeitsentgeltes auf Werte unterhalb der Anlage 3 zum AAÜG führen dürften. Das seien für 1963 10 und für 1969 12 Tage, die zur Kürzung herangezogen worden seien.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 15. Juni 2000 den Bescheid der Beklagten vom 9. Juli 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. November 1998 geändert und diese verurteilt, eine höhere Rente zu zahlen unter der Maßgabe, dass die Beitragsbemessungsgrenzen für die Jahre 1963 und 1969 nicht aufgrund der festgestellten Arbeitsausfalltage zu kürzen seien. Es führte als Begründung aus: § 260 Satz 3 SGB VI ordne ausdrücklich an, dass diejenigen ATA, die vor dem 1. Januar 1984 nicht als Anrechnungszeiten zu berücksichtigen seien, bei der Bestimmung der Beitragsbemessungsgrenze als Beitragszeiten zu berücksichtigen seien. Im vorliegenden Fall seien die ATA nicht als Anrechnungszeiten zu berücksichtigen, da sie weniger als einen Kalendermonat angedauert hätten (§ 252 Abs. 7 Nr. 1 SGB VI). Der Wortlaut dieser Spezialregelung sei insoweit eindeutig. Dieses Ergebnis entspreche auch dem Sinn und Zweck der (Neu-) Regelung zur Behandlung der ATA in der Rentenversicherung (vgl. dazu auch die Neuregelung von § 252 a SGB VI): Die ATA sollten in einem pauschalierten Verfahren ermittelt werden. Damit würden die Rentenversicherungsträger von der aufwendigen Arbeit der Feststellung von A...