Orientierungssatz

Parallelentscheidung zu dem Urteil des LSG Berlin vom 28.10.1997 - L 12 An 91/95, das vollständig dokumentiert ist.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung eines Altersruhegeldes bzw. einer Altersrente ab dem 1. Januar 1992 sowie über die Berechtigung des Klägers, freiwillige Beiträge für 1991 zu entrichten.

Der Kläger ist 1923 in B geboren. Er verließ aus Verfolgungsgründen im Juni 1939 Deutschland und lebt seitdem im Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland, dessen Staatsangehörigkeit er seit 1947 besitzt. Ihm sind in der Sozialversicherung des Vereinigten Königreichs insgesamt 2.256 Wochen Versicherungszeiten zwischen dem 6. April 1939 und dem 5. April 1988 bescheinigt worden, darunter 482 als Versicherungszeiten behandelte Zeiten ("pension credit") zwischen dem 6. April und 22. Oktober 1939 sowie zwischen dem 30. Oktober 1939 und dem 4. Juli 1948.

Mit einem am 5. März 1992 bei der deutschen Botschaft in London eingegangenen Antrag (in englischer Sprache) beantragte der Kläger die Gewährung einer deutschen Rente ab dem 1. Januar 1992 und erklärte seine Bereitschaft, für 1991 freiwillige Beiträge zu entrichten.

Mit Bescheid vom 11. Dezember 1992 lehnte die Beklagte den Antrag auf Altersruhegeld ab, weil die dafür erforderliche Wartezeit nicht erfüllt sei und auch nicht durch Entrichtung von freiwilligen Beiträgen erfüllt werden könne. Da der Kläger keinen einzigen Beitrag zur deutschen Sozialversicherung "zurückgelegt" habe, sei er nicht zur freiwilligen Versicherung berechtigt.

Den am 6. Januar 1993 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. Februar 1994 zurück. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Altersruhegeld, da keinerlei deutsche Beitrags- oder Ersatzzeiten auf die Wartezeit anzurechnen seien. Er sei ferner nicht berechtigt, sich in der deutschen Rentenversicherung freiwillig zu versichern. Bei gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland bestehe diese Berechtigung nach § 10 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) bzw. - ab dem 1. Januar 1992 - nach § 7 des Sechsten Buchs des Sozialgesetzbuches (SGB VI) nur für Deutsche. Die in Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (VO Nr. 1408/71) vorgesehene Gleichstellung sei für die Berechtigung zur freiwilligen Versicherung in der deutschen Rentenversicherung durch den Anhang VI C Nr. 7 b (jetzt: Nr. 4 b) eingeschränkt. Danach sei Voraussetzung für das Recht, freiwillige Beiträge zur deutschen Rentenversicherung zu entrichten, daß die betreffende Person zu irgendeinem Zeitpunkt vorher in der deutschen Rentenversicherung pflichtversichert oder freiwillig versichert gewesen sei. Diese Voraussetzung erfülle der Kläger nicht. Art. 3 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland über soziale Sicherheit vom 20. April 1960 (deutsch-britisches Abkommen), der ebenfalls eine Gleichstellung von britischen und deutschen Staatsangehörigen vorsehe, sei wegen Art. 6 der VO Nr. 1408/71 nicht anzuwenden, wonach diese Verordnung an die Stelle der zweiseitigen Abkommen zwischen den Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft trete.

Mit seiner am 17. März 1994 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 14. Dezember 1995 abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Anspruch auf Altersruhegeld nach § 35 SGB VI, das hier nach § 300 Abs. 1 SGB VI anzuwenden sei, habe der Kläger nicht, da er die Wartezeit nicht erfüllt habe. Er sei auch nicht berechtigt, freiwillige Beiträge zur deutschen Rentenversicherung zu entrichten. Nach § 7 SGB VI bzw. § 10 AVG hätten grundsätzlich nur Deutsche bei einem gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland das Recht zur freiwilligen Versicherung. Die in Art. 3 Abs. 1 der VO Nr. 1408/71 vorgesehene Gleichstellung der Staatsangehörigen anderer Mitgliedsstaaten mit Deutschen sei für das Recht zur freiwilligen Versicherung durch die Regelung im Anhang VI Buchst. C Nr. 7 b der VO Nr. 1408/71 eingeschränkt, wonach Voraussetzung eine vorherige Versicherung in der deutschen Rentenversicherung sei. Diese Voraussetzung erfülle der Kläger nicht. Er sei auch nicht unter Berücksichtigung des deutsch-britischen Abkommens zur freiwilligen Versicherung berechtigt. Zwar bleibe nach Art. 7 Abs. 2 Buchst. c der VO Nr. 1408/71 i.V.m. deren Anhang III A Nr. 30 Buchst. a auch Art. 3 des deutsch-britischen Abkommens weiterhin anwendbar, der britische und deutsche Staatsangehörige gleichstelle. Damit habe dem Umstand Rechnung getragen werden sollen, daß Art. 3 der VO Nr. 1408/71 nur die Gleichstellung bei einem Wohnsitz innerhalb der Europäischen Gemeinschaft vorsehe, während Art. 3 des Abkommens auch bei einem Wohnsitz außerhalb der Europäischen Gemeinschaft anwendbar sei....

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