nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Betriebsunübliche Pausen. Nahrungsaufnahme. Herzinfarkt. Unterbrechung der Arbeit

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Aus der Tatsache, dass der Versicherte an einem akuten Herzinfarkt verstorben ist, lässt sich nicht schließen, dass zuvor eine koronare Erkrankung bestanden hatte, die das Leistungsvermögen für leichte Arbeiten beeinträchtigt hätte.

2. Ein Versicherter ist nicht schon alleine deswegen erwerbsunfähig, weil er über die in der AZO bzw. im ArbZG vorgeschriebenen Pausen hinaus zusätzliche Pausen während der Arbeitszeit benötigt.

3. Eine Pause setzt die Unterbrechung der Arbeit voraus, die nicht lediglich ein rein faktisches Abbrechen der tatsächlichen Leistung der versprochenen Dienste, sondern die Befreiung von der Arbeitspflicht bedeutet.

4. Das Essen eines Brotes oder eines Stückes Obst ohne eigentliche Unterbrechung der Arbeit wird im Arbeitsleben toleriert und führt nicht zur Annahme einer ungewöhnlichen Leistungseinschränkung.

5. Ausreichend ist es, wenn zwar keine tarifvertraglichen Regelungen über zusätzliche Pausen bestehen, aber Arbeitsplätze vorhanden sind, die dem Leistungsvermögen des Versicherten entsprechen.

 

Normenkette

SGB VI a.F. bis 31.12.2000 § 44 a.F.; SGB VI § 300 Abs. 2

 

Verfahrensgang

SG Berlin (Entscheidung vom 04.10.2000; Aktenzeichen S 31 RJ 1645/99)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 4. Oktober 2000 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.

Die Klägerin ist die Rechtsnachfolgerin des 1946 geborenen und 2002 verstorbenen Versicherten K L (im Folgenden Versicherter). Der Versicherte hat den Beruf des Zimmermannes erlernt und in diesem Beruf bis April 1997 gearbeitet. Vom 15. April 1997 an war er arbeitsunfähig erkrankt und hat vom 27. Mai 1997 an Krankengeld bezogen. Er war schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 50.

Seinen Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 23. August 1998 lehnte die Beklagte nach einer von ihr veranlassten Untersuchung durch die Ärztin für Innere Medizin Dr. W(vom 5. November 1998), wonach das Leistungsvermögen als Zimmermann aufgehoben sei, ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten aber bestehe, mit Bescheid vom 10. Dezember 1998 ab. Im Ergebnis des Widerspruchsverfahrens erkannte sie den Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit mit Wirkung vom 1. August 1998 ausgehend von einem am 15. April 1997 eingetretenen Leistungsfall an (insoweit festgestellt mit Ausführungsbescheid vom 7. Juli 1999) und wies den Widerspruch im Übrigen zurück, da nach den Feststellungen der Ärztin für Innere Medizin Dr. W ein vollschichtiges Leistungsvermögen für körperlich leichte Tätigkeiten im Wechsel der Haltungsarten und bei einer Reihe weiterer qualitativer, aber nicht wesentlicher Einschränkungen noch bestehe und damit Erwerbsunfähigkeit nicht vorliege (Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 1999).

Im hiergegen gerichteten Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Berlin ein internistisches Gutachten durch den Arzt für Innere Medizin Prof. Dr. Heingeholt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 20. Mai 2000, das auf einer Untersuchung am 29. März 2000 und dabei durchgeführten bodyplethysmographischen und spirometrischen Lungenfunktionsprüfungen und ergometrischen Belastungsuntersuchungen beruht, eine chronische Bronchitis ohne Nachweis von Funktionsstörungen, Hinweise auf ein panlobuläres Lungenemphysem, eine Gasaustauschstörung, einen arteriellen Hypertonus Grad I, einen Zustand nach 2/3 Resektion des Magens, eine chronische Gastritis Grad II, ein Nebennierenadenom ohne Ausfallerscheinungen und ein HWS- und LWS-Syndrom ohne Wurzelreizerscheinungen diagnostiziert. Der Versicherte sei langjähriger Zigarettenraucher und die Schädigung des respiratorischen Systems damit erklärbar. Eine Asbestose liege nicht vor. Die Gasaustauschstörung, deren Ursache nicht geklärt sei, bestehe nicht in einem Ausmaß, dass dem Kläger auch leichte körperliche Arbeiten nicht mehr zugemutet werden könnten. Eine Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit durch eine kardiovaskuläre Erkrankung bestehe nicht. Auch durch die gastritische Erkrankung, die nach Angaben des Versicherten mit Magenbeschwerden und Sodbrennen eineinhalb Stunden nach den Mahlzeiten einhergingen, sei eine wesentliche Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit nicht eingetreten. Bei Berücksichtigung aller Beschwerden verbleibe ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten vorwiegend im Sitzen ohne einseitige Belastungen vor allem der Wirbelsäule in gut klimatisierten Räumen, nicht unter Zeitdruck, nicht an laufenden Maschinen und nicht in einem festgelegten Arbeitsrhythmus. Arbeiten, die mit Heben und Tragen von mittelschweren bis schweren Last...

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