Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung von in der UdSSR zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten aufgrund des DDRUdSSRSozwVtr. Beibehaltung des gewöhnlichen Aufenthalts im Beitrittsgebiet. konstitutive Rechtsgewährung. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. Aus dem zwischen der DDR und der UdSSR geschlossenen Vertrag über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Sozialwesens - DDRUdSSRSozwVtr - vom 24.5.1960/GBl DDR I 1960, 454) kann die Berücksichtigung der in der UdSSR zurückgelegten Beschäftigungszeiten für die Rente nach dem SGB 6 nicht abgeleitet werden. Die Bundesrepublik Deutschland war nie Vertragspartner dieses Vertrages. Sie ist auch nicht Rechtsnachfolgerin der DDR und damit auch auf diese Weise nicht Trägerin von Rechten und Pflichten aus diesem Vertrag geworden. Eine derartige Bindung lässt sich auch nicht aus den Grundsätzen über Staatennachfolge oder aus allgemeinen Regeln des Völkerrechts herleiten (vgl BSG vom 29.9.1998 - B 4 RA 4/98 R = BSGE 83, 19 = SozR 3-8100 Art 12 Nr 1; BSG vom 8.12.1994 - 11 RAr 107/93 = SozR 3-4100 § 249c Nr 5). In der UdSSR zurückgelegte Beschäftigungszeiten können bei der SGB 6-Rente nur in dem Rahmen Berücksichtigung finden, in dem die Bundesrepublik Deutschland über die Wohltat der Rentenüberleitung hinaus mit Blick auf den zwischen der DDR und der UdSSR abgeschlossenen Vertrag vom 24.5.1960 eine zusätzliche Selbstverpflichtung eingegangen ist (vgl Art 7 Abs 4 DDRVtrV idF der DDRVtrVÄndV vom 18.12.1992, BGBl II 1992, 1231).

2. Die Bundesrepublik Deutschland war nach dem Einigungsvertrag nicht verpflichtet, die Rechte der Versicherten aus den von der DDR abgeschlossenen Sozialversicherungsabkommen zu übernehmen. Die DDRVtrVÄndV beruht auf den insoweit offenen Vorgaben des Einigungsvertrages, der Schutzbereich des Art 14 GG ist nicht berührt.

 

Tatbestand

Der Kläger macht als Sonderrechtsnachfolger seiner am 21. August 1999 verstorbenen Ehefrau (Versicherte - V. -) deren Rentenansprüche gegen die Beklagte geltend; insbesondere geht es um die Frage, ob die in der ehemaligen Sowjetunion zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten zu berücksichtigen sind.

V. wurde am 1938 in B, Gebiet K, in der ehemaligen Sowjetunion geboren. Nach Abschluss ihrer Schulausbildung absolvierte sie an einer Technischen Hochschule in Moskau von 1954 an eine Ausbildung in der Fachrichtung "Mathematische u. Rechengeräte u. Anlagen", die sie am 13. Februar 1960 mit der Qualifikation zur Maschineningenieurin abschloss. Am 19. September 1959 heiratete sie in M den Kläger, einen Bürger der ehemaligen DDR. Am 01. April 1961 gebar sie in M den gemeinsamen Sohn A. Nachdem sie ab 01. Juni 1960 eine Beschäftigung an der L-Universität als Ingenieurin im Rechenzentrum aufgenommen hatte, übersiedelte sie im Oktober 1963 mit ihrem Ehemann in die DDR. Am 15. Februar 1965 gebar sie den gemeinsamen Sohn S in M. In ihrem weiteren Berufsleben waren sowohl V. als auch ihr Ehemann in der DDR und der UdSSR rentenversicherungspflichtig beschäftigt. Zum Personenkreis gemäß §§ 1 - 4 Bundesvertriebenengesetz (BVFG) gehört V. nicht (Schreiben des Landesamtes für Gesundheit und Soziales, Berlin, vom 03. Februar 1998).

Auf ihren Antrag vom 18. November 1997 hin bewilligte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 19. Mai 1998 Altersrente für Frauen ab dem 01. Februar 1998 in Höhe von 827,49 DM (Zahlbetrag ab 01. Juli 1998). Als rentenrechtliche Zeiten lehnte sie die Zeiten vom 01. Juni 1960 bis 23. Oktober 1963 (Ingenieurin im Rechenzentrum der L-Universität) und vom 10. Oktober 1968 bis 07. April 1970 (Ingenieurin im Maschinen- und Fahrzeugbau in einem Kesselbaubetrieb in B), vom 27. August 1970 bis 28. November 1974 (Oberingenieurin an der Polytechnischen Hochschule in T) und vom 03. September 1975 bis 25. April 1977 (Programmieringenieurin in einem Maschinenwerk in K, vgl. Bl. 50 VA) ab. Die Voraussetzungen einer Anerkennung nach dem Fremdrentengesetz (FRG) lägen mangels Vorliegens einer Anerkennung als Vertriebene oder Spätaussiedlerin nicht vor. Eine Kindererziehungszeit für A vom 01. Mai 1961 bis 30. April 1962 und eine Berücksichtigungszeit wegen Kinderziehung für die Zeit vom 01. April 1961 bis 27. Oktober 1963 und 24. August 1968 bis 31. März 1971 lehnte die Beklagte ab, weil die Voraussetzungen nach dem FRG nicht erfüllt seien oder das Kind nicht im Herkunftsgebiet erzogen worden sei. Mit der gleichen Begründung wurde auch die Anerkennung einer Berücksichtigungszeit für Kindererziehung in der Zeit vom 24. August 1968 bis 14. Februar 1975 für das Kind S abgelehnt.

Hiergegen wandte sich V. mit dem Widerspruch, den sie damit begründete, dass das zwischen der DDR und der UdSSR abgeschlossene Sozialversicherungsabkommen in ihrem Fall noch angewandt werden müsse. In diesem Abkommen sei die gegenseitige Anerkennung der Rentenansprüche geregelt gewesen. Auch wenn die Bundesregierung derzeit mit den Nachfolgestaaten der UdSSR über den Abschluss von Sozialversicherungsabkommen verhandele, könne dies nicht dazu führen, dass in ihr...

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