Entscheidungsstichwort (Thema)
Glaubhaftmachung einer Beitragszeit. Displaced Person. Beschäftigung bei der UNRRA in der amerikanischen Besatzungszone vor dem 1.7.1947
Orientierungssatz
Zur Glaubhaftmachung einer in der Zeit von April 1946 bis März 1947 zurückgelegten Beschäftigung einer Displaced Person bei der UNRRA (United Nations Relief and Rehabilitation Administration) in der amerikanischen Besatzungszone.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger als "Displaced Person" (DP) 1946/47 eine Beitragszeit zurückgelegt hat.
Der ... 1928 in Ungarn geborene Kläger jüdischer Religionszugehörigkeit hielt sich seit dem 19. Januar 1946 im DP-Lager L auf. Am 29. Oktober 1946 bescheinigte ihm die UNRRA - Area Team 1061 -, dass er - "Bearer LM" - bei ihr im UNRRA-Warenhaus beschäftigt sei und zur Auslieferung von Lebensmitteln in DP-Lager "in Area 1061" eingesetzt werde. Am 15. März 1947 teilte sie dem Kläger per Adresse "Motorpool Günzburg" mit, dass sein "Arbeitsverhältnis mit der UNRRA" mit dem 31. März 1947 ende. Zugleich erklärte sie ihm die Umstände, weshalb man sich "zu dieser Kündigungsmaßnahme" gezwungen sehe ("Zusammenziehung" des UNRRA Area Teams 1061 mit dem UNRRA Area Team in A und Auflösung des Warenhauses und des Motorpools in G). Am 2. März 1949 wanderte der Kläger vom Lager L nach Israel aus, wo er seitdem lebt.
1989 bat der Kläger die Beklagte um Ermittlung seiner Beitragszeiten. Er sei 1946/47 in G bei der UNRRA versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Außer der Arbeitsbescheinigung vom 29. Oktober 1946 und dem Kündigungsschreiben vom 15. März 1947 legte der Kläger Zeugenerklärungen von J S (geboren 1925) und E K (geboren 1922) vor, welche beide bestätigten, dass sie zusammen mit ihm in den Jahren 1946/47 bei der UNRRA in G beschäftigt bzw. angestellt gewesen seien.
Nach erfolglosen Ermittlungen bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) G, der Landesrentenbehörde - Bundeszentralkartei - (kein Hinweis auf geltend gemachte Ansprüche nach dem Bundesentschädigungsgesetz), beim zuständigen Amt für Verteidigungslasten, bei der Landesversicherungsanstalt (LVA) Schwaben und beim Internationalen Suchdienst erteilte die Beklagte den Bescheid vom 22. Dezember 1993, mit dem sie die Anerkennung der Zeit vom 19. Januar 1946 bis 31. März 1947 als Beitragszeit ablehnte. Weder seien Beiträge "in den vorhandenen Versicherungsunterlagen" bescheinigt noch erscheine die Beitragszahlung nach dem Ergebnis der Ermittlungen glaubhaft oder gälten Beiträge als gezahlt. Den Widerspruch dagegen wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 7. Juni 1994).
Mit der Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) verfolgte der Kläger sein Begehren auf Anerkennung glaubhaft gemachter Beitragszeiten weiter, das er nunmehr auf die Zeit vom 1. April 1946 bis 31. März 1947 einschränkte. Für die bei den Organisationen der Vereinten Nationen (in Bayern) beschäftigten DP's habe seit dem 1. April 1946 Versicherungspflicht zur Rentenversicherung der Arbeiter bzw. der Angestellten bestanden. Da er bei der UNRRA als Chauffeur tätig gewesen sei, müsse davon ausgegangen werden, dass auch für ihn Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet worden seien.
Die zum Rechtsstreit zuständigkeitshalber beigeladene LVA Rheinprovinz ermittelte noch - ohne Erfolg - bei der AOK München und der LVA Oberbayern. Auskünfte der Städte G auf Anfragen des SG nach dort etwa noch vorhandenen Unterlagen - insbesondere Lohnlisten - führten ebenfalls nicht weiter. Auf ergänzende Ermittlungen des SG bei der AOK Bayern - Direktion G - konnte diese schließlich Mitgliedskarten für die Zeugen S ("Angestellter") und K ("Fachlehrer"), beide mit dem Eintrittsdatum "1.7.47", sowie entsprechende Beitragskonten unter dem "Arbeitgeber Besatzungskostenamt Augsburg" vorlegen. Danach haben die Zeugen im Lager L gewohnt und ein beitragspflichtiges Barentgelt bezogen. Für den Kläger konnte die AOK Bayern - Direktion G - wiederum keinerlei Unterlagen feststellen.
Das SG ließ die Zeugen im Wege der Rechtshilfe in Israel vernehmen. Diese bestätigten die Beschäftigung des Klägers als Fahrer für die UNRRA "in der besagten Zeit" (Zeuge St) bzw. "im Jahre 1946 und noch Ende 1948" (Zeuge K). Der Zeuge S bekundete weiter, er sei zur selben Zeit Leiter der Feuerwehr des Lagers L gewesen. Er habe Lohn bekommen, wisse aber nicht, auf welche Art der Kläger Entgelt für seine Arbeit als Fahrer bekommen habe, da man nicht immer den Lohn mit Geld bezahlt habe. Es habe Personen gegeben, die hätten gearbeitet und dafür Zigaretten oder zusätzliche Lebensmittel erhalten. - Der Zeuge K sagte aus, er sei damals Fahrlehrer an der "ORT" Schule im Lager L gewesen. Er habe wie der Kläger im Lager gewohnt. Sie hätten von den Behörden Unterkunft, Verpflegung und Bekleidung bekommen. Es könne sein, dass sie für ihre Arbeit ein kleines Taschengeld erhalten hätten, er erinnere sich aber nicht. Auch er habe also, wie alle anderen Bewohner des Lagers, "keinen besonderen Lohn" für seine Arbeit erhalten. Über Sozialversicherun...