Entscheidungsstichwort (Thema)

Glaubhaftmachung der Beitragsabführung für eine Displaced Person als Beschäftigter der UNRRA/IRO

 

Orientierungssatz

1. Eine Beitragszeit ist nach der Beweiserleichterung des § 286 a SGB 6 anzuerkennen, wenn eine Versicherungskarte verloren gegangen und glaubhaft gemacht ist, dass der Versicherte eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt hat, für die Beiträge gezahlt worden sind. Hierzu genügt die überwiegende Wahrscheinlichkeit.

2. Für die Glaubhaftmachung einer Beitragszeit ist nicht nur das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses glaubhaft zu machen. Es muss außerdem mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststehen, dass Beiträge für ein solches dem Grunde nach versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis auch gezahlt worden sind.

3. Die Anerkennung versicherungsrechtlich relevanter Zeiten hängt davon ab, ob im Einzelfall konkrete Indizien vorliegen, aus denen sich eine Glaubhaftmachung gerade auch der Beitragsabführung ergibt.

4. Von einer einheitlichen Vorgehensweise der Beitragsabführung bei Beschäftigten der UNRRA/IRO - United Nations Relief and Rehabilitation Administration/International Refugee Organisation - in sog. DP-Lagern (Displaced Person) kann nicht ausgegangen werden.

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt im Überprüfungsverfahren die Anerkennung einer Beitragszeit zur Deutschen Rentenversicherung des C M als "Displaced Person" (DP) im Zeitraum 01. September 1946 bis 28. Februar 1949.

Die 1912 geborene Klägerin ist die Witwe des 1901 in G geborenen und 1989 in I mit i Staatsangehörigkeit verstorbenen C M (Verstorbener). Im Juli 1992 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Hinterbliebenenrente. Als Beitragszeit gab sie eine Beschäftigung des Verstorbenen von September 1946 bis Frühling (März/April) 1949 als Polizist im Dienste der UNRRA (United Nations Relief and Rehabilitation Administration, zum 1. Januar 1947 ersetzt durch die IRO [International Refugee Organisation]) im DP-Lager Ansbach-Bleidorn an. Sie reichte zwei Bescheinigungen der DP-Polizei Ansbach-Bleidorn vom 03. Januar 1947 und vom 03. Februar 1947 zum Verwaltungsvorgang, in denen es heißt, dass der Verstorbene als Polizist beschäftigt bzw. als Unteroffizier bei der DP-Polizei angestellt sei. Ferner legte sie eine Bescheinigung der UNRRADisplaced Persons Police School vom 10. Januar 1947 vor, in der bescheinigt wird, dass der Verstorbene einen Grundkurs in der Displaced Persons Police School in R erfolgreich abgeschlossen hat. Sie reichte ferner eine Heiratsurkunde vom 1949 betreffend die Eheschließung zwischen ihr und dem Verstorbenen am 1948 ein, in der der Verstorbene als Seifenarbeiter bezeichnet wird.

Nachforschungen der Beklagten bei den Civilian Support (ehemals Labor Service) Einheiten der US-Armee in Europa, der USA-REUR Civilian Support Agency, der AOK Ansbach sowie der AOK Regensburg hinsichtlich Mitgliedsbescheinigungen des Verstorbenen verliefen ergebnislos.

Mit Bescheid vom 05. März 1993 teilte die Beklagte mit, dass geprüft worden sei, ob und welche der angegebenen Zeiten für die gesetzliche Rentenversicherung erheblich seien und anerkannt werden könnten und lehnte die Anerkennung der Zeit vom 01. September 1946 bis 30. April 1949 als Beitragszeit ab, da weder in den vorhandenen Versicherungsunterlagen Beiträge bescheinigt seien noch die Beitragszahlung nach dem Ergebnis der Ermittlungen glaubhaft erscheine und Beiträge auch nicht als gezahlt gälten.

Mit dem hiergegen am 19. März 1993 eingelegten Widerspruch, mit dem die Klägerin erneut die Gewährung einer Hinterbliebenenrente unter Berücksichtigung der streitigen Beitragszeit beantragte, reichte die Klägerin Zeugenerklärungen der am 1925 geborenen B S und der am 1919 geborenen A S ein, wonach der Verstorbene von Herbst 1946 bis Frühling 1949 als Polizist der UNRRA im Lager Ansbach beschäftigt gewesen sei. Hierbei gab die Zeugin S an, dass die UNRRA außer Geldzahlungen auch für ärztliche Behandlung der Polizisten durch gute Ärzte der Krankenkasse gesorgt habe, die Zeugin S gab an, dass die UNRRA ihren Polizisten nicht nur Entgelt geleistet, sondern auch Behandlung durch Ärzte der Krankenkasse gesichert und für “Sozialschütze„ gesorgt habe.

Anfragen der Beklagten beim Landratsamt Ansbach, der Stadtverwaltung Ansbach sowie dem Stadtarchiv Nürnberg verliefen ergebnislos. Die Stadt Ansbach - Versicherungsamt - teilte mit, dass die dortigen Ausstellungs- und Umtauschverzeichnisse vollständig erhalten seien, dass aber für den Verstorbenen in der Zeit vom 1. September 1946 bis 30. April 1949 weder eine Arbeiter- noch eine Angestelltenversicherungskarte ausgestellt worden sei. Eine Nachfrage der Beklagten beim Internationalen Suchdienst in Arolsen führte zu der Antwort, dass der Verstorbene am 07. November 1947, im Dezember 1946 und noch am 25. Januar 1945 im DP-...

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