Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragszahnärztliche Versorgung. Abrechnung von Resektionen annehmen. Wurzelspitzen im Seitenzahnbereich
Orientierungssatz
Die Resektion an mehreren Wurzelspitzen eines Seitenzahnes kann nur ein Mal nach Gebühren-Nr 54b Bema-Z abgerechnet werden (vgl SG Düsseldorf vom 27.10.1993 - S 2 Ka 181/92 und LSG Niedersachsen vom 12.3.1997 - L 5 Ka 43/96).
Tatbestand
Der Rechtsstreit betrifft die Mehrfachabrechnung von Wurzelspitzenresektionen an einem Zahn.
Die zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassenen Beigeladenen erbrachten 1991 bei Versicherten der Beklagten Wurzelspitzenresektionen an einem Seitenzahn. Hierzu bestimmt der Einheitliche Bewertungsmaßstab für vertragszahnärztliche Leistungen (Bema-Z) in Gebühren-Nr. 54b:
Wurzelspitzenresektion
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a) |
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an einem Frontzahn, WR 1 - 72 (Bewertungszahl) |
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b) |
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an einem Seitenzahn, WR 2 - 96 (Bewertungszahl) |
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c) |
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an jedem weiteren benachbarten Zahn in derselben Kieferhälfte und in derselben Sitzung, WR 3 - 48 (Bewertungszahl) |
Unter Hinweis auf das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Schleswig-Holstein vom 2. Juli 1991 (L 6 Ka 2/91) forderte die Klägerin mit Schreiben vom 6. bzw. 8. Juli 1992 von der Beklagten Nachberechnungen wegen der Vergütungen der von den Beigeladenen durchgeführten Wurzelspitzenresektionen in Höhe von DM 141,79 betreffend die Beigeladenen zu 1) und von DM 1.276,13 betreffend den Beigeladenen zu 2). Dem LSG Schleswig-Holstein folgend machte die Klägerin geltend, Gebühren-Nr. 54b könne je Wurzelspitze abgerechnet werden. Mit Schreiben vom 20. Juli und 1. Dezember 1992 lehnte die Beklagte die Nachberechnungen ab.
Am 14. Januar 1993 hat die Klägerin bei dem Sozialgericht (SG) Bremen Klage erhoben. Sie hat sich wiederum auf die Entscheidung des LSG Schleswig-Holstein gestützt. Wurzelspitzenresektionen im Seitenzahnbereich seien generell schwierig und zeitaufwendig. Dort verliefen diverse sensorische Nervenstränge, so daß der Eingriff mit einem höheren Risiko verbunden sei und höher honoriert werden müsse, nämlich pro resezierter Wurzelspitze.
Die Beklagte hat ihre Rechtsansicht verteidigt. Der höhere Schwierigkeitsgrad bei Wurzelspitzenresektionen an den Seitenzähnen sei durch die höhere Bewertung in Gebühren-Nr. 54b berücksichtigt. Die von der Klägerin geforderte Abrechnung pro Wurzelresektion im Seitenzahnbereich widerspreche den Grundsätzen des Bundessozialgerichts (BSG) zur Auslegung von Vergütungsvorschriften.
Mit Urteil vom 1. Dezember 1993 hat das SG Bremen die Beklagte zur Zahlung von insgesamt DM 1.417,92 verurteilt. Der reine Wortlaut und die evtl. mögliche grammatische Interpretation des Textes der Gebühren-Nr. 54 ließen sowohl die Mehrfachabrechnung für jede resezierte Wurzel an einem Seitenzahn zu wie auch die nur einmalige Abrechenbarkeit. Es erscheine aber auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG zum Verbot einer extensiven Interpretation bzw. Analogie bei der Anwendung von Gebührenvorschriften gerechtfertigt, die Bewertung der Wurzelspitzenresektion von Seitenzähnen im Vergleich zu derjenigen bei Frontzähnen im Sinne einer jeweils angemessenen Vergütung zu prüfen, wenn - wie hier - aus dem Text der Leistungsnummer allein eine eindeutige Interpretation nicht möglich sei. Es erscheine eher richtig, die Gebühren-Ziffer 54b für jede resezierte Wurzel abzurechnen, weil jedenfalls bereits dann, wenn drei Wurzeln vorhanden seien, in aller Regel zumindest zwei Knochenfensterungen vorzunehmen seien. Dieser dann sehr erhebliche und auch mit deutlichen Risiken verbundene Arbeitsaufwand erscheine mit einer nur einmaligen Honorierung der Gebühren-Nr. 54b als deutlich unterbewertet. Mangels weiterer differenzierter Bewertungsmöglichkeiten, die nach Auffassung der Kammer durchaus angebracht wären, jedoch nicht von ihr festgesetzt werden dürften, sei damit der Interpretation der Klägerin der Vorzug zu geben.
Gegen das ihr am 27. Dezember 1993 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 7. Januar 1994 bei dem LSG Bremen Berufung eingelegt. Sie hält daran fest, daß insbesondere unter Berücksichtigung anderer Leistungsziffern und des systematischen Zusammenhangs die Gebühren-Nr. 54 für einen Zahn nur ein Mal in Ansatz gebracht werden könne, unabhängig von der Anzahl der resezierten Wurzelspitzen an diesem Zahn. Die Gebühren-Nr. verwende nur den Singular ("Wurzelspitzenresektion"), wie es in sämtlichen Leistungslegenden im hier zugrundeliegenden Gebührentarif A der Fall sei. Die Gebühren-Nr. 32 und 35 bestimmten dagegen die Abrechnungsmöglichkeit "je Kanal". Der Hinweis des SG auf die Behandlung von Zähnen mit drei Wurzeln, bei der in der Regel zwei Knochenfensterungen vorzunehmen seien, überzeuge im Zusammenhang mit der hier streitigen Rechtsfrage schon deshalb nicht, weil nur ein kleiner Teil der Zähne drei Wurzeln habe und darauf nicht eine generelle Ausweitung der Abrechnung gestützt werden dürfe. Abgesehen davon berücksichtige Gebühren-Nr. 54b die schwierigere und risikoreichere Wurzelspitzenresektion bei einem ...