Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsarzt. bedarfsabhängiges Zusatzbudget. Vorliegen eines besonderen Versorgungsbedarfs. wesentliche Veränderung der Verhältnisse
Orientierungssatz
1. Ein besonderer Versorgungsbedarf iS des Kap A Abschn I Teil B Nr 4.2 EBM-Ä ist zu bejahen, wenn ein Arzt eine bestimmte Leistung tatsächlich in erheblichem Umfang im Rahmen der Gesamtleistung erbringt (vgl LSG Stuttgart vom 15.9.1999 - L 5 KA 98/99), wobei der Umfang jedenfalls dann als erheblich anzusehen ist, wenn er annähernd die Abrechnungshäufigkeit des Durchschnitts der Fachgruppe (ggf. auch nur des der sogenannten Unterschnittsgruppe zugeordneten Teils der Fachgruppe) erreicht.
2. Eine Kassenärztliche Vereinigung muss bei wesentlicher Änderung der Verhältnisse einer Arztpraxis, die sich in der Erbringung und Abrechnung der maßgeblichen Leistungen ausdrückt, ihre Entscheidung neu treffen und ggf das Zusatzbudget erstmals oder in anderem Umfang gewähren.
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Beklagte bei der Honorarabrechnung für die Quartale I und II/1998 ein bedarfsabhängiges Zusatzbudget "Betreuung in beschützenden Einrichtungen" zu berücksichtigen hatte.
Der Kläger nimmt als Arzt für Allgemeinmedizin an der vertragsärztlichen Versorgung im Bereich der Beklagten teil. Im Rahmen seiner Tätigkeit betreut er u.a. eine Reihe von Heimpatienten. Nachdem er sich schon wegen der Abrechnungen für die Quartale III und IV/1997 deswegen vergeblich an die Beklagte gewandt hatte (Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 1998), legte er auch gegen den Abrechnungsbescheid für das Quartal I/1998 mit Schreiben vom 29. Juli 1998 und gegen den Abrechnungsbescheid für das Quartal II/1998 mit Schreiben vom 26. Oktober 1998 Widerspruch ein und begehrte, die von ihm abgerechnete Nummer 15 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) nicht im Rahmen des Praxisbudgets, sondern im Rahmen eines Zusatzbudgets zu vergüten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 1999 wies die Beklagte durch ihren Vorstand die Widersprüche zurück. Sie verwies auf ihre Regelungssachverhalte zur Umsetzung der Anträge im Zusammenhang mit der Einführung der Praxisbudgets auf Grundlage des EBM und des Honorarverteilungsmaßstabs (HVM) der KV HB ab 1. Juli 1997 (RSU). Im Rahmen der Bedarfsplanung liege für die Fachgruppe des Klägers eine Überversorgung vor. Eine Änderung sei insofern nicht eingetreten.
Am 9. Februar 1999 hat der Kläger beim Sozialgericht (SG) Bremen Klage erhoben. Nach der Systematik des HVM der Beklagten solle das Zusatzbudget zunächst dann gewährt werden, wenn die entsprechenden Leistungen im ersten Halbjahr des Jahres 1996 abgerechnet worden seien. Er habe jedoch erst ab dem Quartal III/1996 Patienten in beschützenden Einrichtungen betreut, die vormals Patienten seiner Praxis gewesen seien. Im Quartal I/1998 habe er die Nummer 15 EBM bereits 15mal abgerechnet. Er habe insoweit keinen künstlichen Bedarf geschaffen, dieser habe sich vielmehr aus seiner Praxistätigkeit ergeben. Es könne nicht darauf ankommen, ob eine Überversorgung innerhalb der Fachgruppe bestehe, sondern nur darauf, ob die Versorgung mit der entsprechenden Leistung sichergestellt sei. Unabhängig davon biete die Nr. 2 RSU, wonach Voraussetzung für die Zuteilung des Zusatzbudgets sei, dass nicht bereits 20 % der Praxen innerhalb der Fachgruppe darüber verfügten, keinen adäquaten Anknüpfungspunkt dafür, ob ein besonderer Versorgungsbedarf vorliege oder nicht. Der Bedarf ergebe sich hier daraus, dass die Patienten in beschützenden Einrichtungen untergebracht seien und versorgt werden müssten. Einzig vernünftig sei, dass der Patient von dem Arzt weiter betreut werde, der ihn zuvor auch in der Praxis behandelt habe. Nach den RSU habe eine Praxis, die eine Leistung neu aufnehme, kaum eine Chance, diese außerhalb ihres Praxisbudgets abzurechnen. Dadurch würden Anfängerpraxen willkürlich gegenüber etablierten Praxen benachteiligt.
Die Beklagte hat geltend gemacht, es sei nicht ermessensfehlerhaft, aus dem Umstand der Überversorgung die Konsequenz zu ziehen, dass kein Versorgungsbedarf für eine typische Leistung der Fachgruppe bestehe. Insgesamt 556 Ärzte, davon ca. die Hälfte Allgemeinmediziner, erhielten das begehrte Zusatzbudget. Die individuelle Praxissituation bzw. der zu versorgende Patientenstamm eines Arztes könnten nicht entscheidend sein. Sonst müsste jedem Arzt das von ihm begehrte Zusatzbudget zuerkannt werden, weil die Leistung in der Praxis der Indikation folge und damit der auf diese Art definierte Bedarf in der individuellen Patientenzusammensetzung grundsätzlich begründet sei.
Mit Urteil vom 14. Juli 1999 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe ermessensfehlerfrei einen zusätzlichen Bedarf verneint. Für die Patienten, die dann ggf. nach Einweisung in eine beschützende Einrichtung ihren Arzt wechseln müssten, sei das zwar eine unerwünschte Konsequenz. Patientenbelange würden jedoch in dem allein auf die Regelung der H...