Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Durchführung der mündlichen Verhandlung und Entscheidung trotz Krankheit des Klägers. Rücknahme der Arbeitslosenhilfebewilligung. Falschangaben. fehlende Erreichbarkeit
Orientierungssatz
1. Eine mitgeteilte Krankheit des Klägers ist allein kein Grund, die mündliche Verhandlung nicht durchzuführen (vgl BSG vom 7.2.2001 - B 9 VM 1/00 B).
2. Auch allein der Umstand, dass zur mündlichen Verhandlung das persönliche Erscheinen angeordnet gewesen ist, welches noch vor dem Termin aber wieder aufgehoben wurde, steht der Durchführung der mündlichen Verhandlung in Abwesenheit und der Entscheidung nicht entgegen (vgl BSG vom 16.12.1993 - 13 RJ 37/93).
3. Erklärt der Kläger per Telefax, dass er von der Nichtdurchführung des Termins ausgehe, weil er unter Vorlage neuer Beweisunterlagen zur Bedürftigkeit etwas vortragen wolle, so führt auch dies nicht zur Vertagung der mündlichen Verhandlung, wenn die Entscheidung nicht auf fehlende Bedürftigkeit, sondern fehlende Erreichbarkeit des Arbeitslosen gestützt wird.
4. Zur Rechtmäßigkeit der Rücknahme der Arbeitslosenhilfebewilligung wegen fehlender Erreichbarkeit, wenn der Arbeitslose falsche Angaben zu seiner Wohnanschrift gemacht hat.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 19. Oktober 2000 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeiten 06. August 1992 bis 30. September 1993, 01. Oktober 1993 bis 25. Juli 1994 und 05. September 1994 bis 19. September 1994 und damit einhergehend um die Erstattung von insgesamt 46.680,10 DM (= 23.867,16 €). Der Kläger begehrt ferner Alhi für die Zeit vom 26. Juli 1994 bis 04. September 1994 und vom 20. September 1994 bis 09. Oktober 1994. Darüber hinaus hat er Alhi ab 10. Oktober 1994 von der Beklagten bzw. - hilfsweise - die Aufrechnung seiner Ansprüche gegen die Erstattungsforderung geltend gemacht.
Der 1945 geborene, seit 1989 geschiedene Kläger ist Wirtschaftswissenschaftler, bezog vom Arbeitsamt D vom 09. Dezember 1987 bis 30. Juni 1988 Arbeitslosengeld (Alg) und arbeitete seit dem 01. Juli 1988 als kaufmännischer Leiter der Kurverwaltung B GmbH. Das Arbeitsverhältnis endete durch gerichtlichen Vergleich vor dem Landesarbeitsgericht F (Az.: 8 Sa 1472/89) mit Ablauf des 30. September 1990. Der Kläger bezog ab 03. Oktober 1990 für 572 Tage Alg; Anspruch erschöpft: 05. August 1992 (vgl. Zahlungsnachweis Nr. 1 vom 11. August 1992). Der wöchentliche Alg-Leistungssatz betrug zuletzt 548,40 DM nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 1.510 DM (Leistungsgruppe A/0; 63 v. H./AFG-LeistungsVO 1992; Alg-Bewilligung-Verfügung vom 29. Mai 1991 i. V. m. Bewilligungsbescheid vom 26. September 1991).
Der Kläger gab während des Alg-Bezuges ab Dezember 1987 in seinem Antrag vom 09. Dezember 1987 und in weiteren Schreiben an das Arbeitsamt D die Wohnanschrift "I, ... M" an. In einem von dem Kläger am 02. Februar 1990 gestellten Alg-Antrag beim Arbeitsamt D gab er ebenfalls die zuvor genannte Wohnanschrift an. Mit Schreiben vom 04. Februar 1990 an das Arbeitsamt H führte er als Wohnanschrift: "B, ... B" auf. In diesem maschinenschriftlich verfassten Schreiben nahm er u. a. Bezug auf seinen Antrag vom 02. Februar 1990 und erklärte, seinen ersten Wohnsitz im Zuständigkeitsbereich des Arbeitsamtes D zu haben. Handschriftlich in grüner Schrift ist auf diesem Schreiben vermerkt, dass ein Antrag beim Arbeitsamt H nicht gestellt worden sei. Auf zwei persönliche Meldungen beim Arbeitsamt D am 20. und 28. März 1990 meldete sich der Kläger nicht. Am 28. März 1990 vermerkte das Arbeitsamt D u. a.: "2. Die Anschrift B hat nur prozessuale Bedeutung für den lfd. Rechtsstreit aus dem letzten Arbeitsverhältnis"; "3. Richtig ist: I, ... M". In einem Alg-Antrag des Klägers vom 04. Oktober 1990 beim Arbeitsamt H gab er als Wohnanschrift: "B, ... B" an.
Der Kläger beantragte Alhi am 04. September 1992 (Eingang beim Arbeitsamt H) unter Bezugnahme seiner Arbeitslosmeldung am "02." (richtig: 04.) Oktober 1990. Er gab in dem Antrag u. a. an, dass in seiner Lohnsteuerkarte weiter die I eingetragen sei und er keine Kinder habe. Die in dem Antragsformular vorgesehenen Fragen nach laufenden oder gelegentlich wiederkehrenden Einnahmen bzw. nach seinem Vermögen beantwortete der Kläger jeweils mit "nein". In diesem Antragsformular gab er als Wohnort: "... B", "V." an. In dem Antragsformular bestätigte der Kläger durch eigenhändige Unterschrift vom 29. August 1992, dass die von ihm gemachten Angaben zutreffend seien. Ihm sei bekannt, dass er dem Arbeitsamt sofort alle Veränderungen anzuzeigen habe, die gegenüber den in diesem Antrag angegebenen Verhältnissen eingetr...