nicht rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Cottbus (Entscheidung vom 20.12.2000; Aktenzeichen S 10 KR 33/00)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die der Klägerin entstandenen außergerichtlichen Kosten für das Berufungsverfahren zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte die Versorgung ihrer Versicherten mit Heilmitteln vor Leistungserbringung und nach erfolgter ärztlicher Verordnung von einer vorherigen Genehmigung abhängig machen darf.

Die Klägerin ist Physiotherapeutin und für die Erbringung von Leistungen der Physikalischen Therapie gemäß § 124 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V - zugelassen. Die Klägerin ist auch dem Vertrag nach § 125 Abs. 2 SGB V über physiotherapeutische Leistungen zwischen dem VDB-Physiotherapeutenverband e. V. und anderen und dem AOK-Bundesverband/Bonn und anderen vom 04. Januar 1993 beigetreten.

Im März 2000 wandte sich die Beklagte mit einem Faltblatt"Massagen und Krankengymnastik Neuregelung ab 01. April 2000" an ihre Mitglieder und führte u. a. aus, dass ab 01. April 2000 Verordnungen von Krankengymnastik und Massagen vor der Leistungserbringung von ihr zu genehmigen seien. Im Faltblatt fand sich u.a. folgender Wortlaut:

"Ab 01. April 2000 sind Verordnungen von Krankengymnastik und Massagen vor Beginn der Behandlung von Ihrer AOK zu genehmigen. Diese Zustimmung dient Ihrer Sicherheit: So können Sie sich darauf verlassen, dass die AOK als gesetzliche Krankenkasse die Kosten übernehmen darf und der Physiotherapeut seine Leistungen mit uns abrechnen kann.".

Die Beklagte teilte auch der Klägerin mit Schreiben von März 2000 mit, dass sie an der Umsetzung der Genehmigungspflicht für Krankengymnastik und Massagen zum 01. April 2000 festhalte. Mit einem weiteren Schreiben an die Klägerin aus März 2000 informierte die Beklagte die Klägerin über die Neuregelung ab 01. April 2000 und führte u. a. aus:

"Damit Sie sichergehen, dass wir verordnete Leistungen übernehmen, werden Sie bitte bei Verordnungen ab Ausstellungsdatum 01. April 2000 nicht ohne Genehmigung tätig."

Der Bundesverband, dem die Klägerin angehört, VDB-Physiotherapieverband e. V., wurde mit Schreiben vom März 2000 über die ab 01. April 2000 von der Beklagten beabsichtigte Einführung einer Genehmigungspflicht für Massagen und Krankengymnastik informiert.

Mit der am 07. April 2000 vor dem Sozialgericht Potsdam erhobenen Klage, die mit Beschluss vom 27. April 2000 an das Sozialgericht Cottbus verwiesen worden ist, hat sich die Klägerin gegen die Einführung einer Genehmigungspflicht von ärztlich verordneten Leistungen gewandt.

Zur Begründung hat die Klägerin geltend gemacht, dass aufgrund der allgemeinen Mitteilungen der Beklagten davon auszugehen sei, dass die Beklagte nicht genehmigte Leistungen nach dem 01. April 2000, die durch zugelassene Physiotherapeuten erbracht würden, nicht bezahlen werde.

Nach geltendem Gesetz, dem zwischen ihr und der Beklagten bestehenden Versorgungsvertrag und den Heil- und Hilfsmittel-Richtlinien könne die ärztliche Verordnung zur Voraussetzung für eine Behandlung durch die Klägerin nicht von einer Genehmigung der Beklagten abhängig gemacht werden. Dies gelte solange, wie die Klägerin Vertragspartnerin der Beklagten sei und über eine Zulassung gemäß § 124 Abs. 2 SGB V verfüge. Die Beklagte sei nicht in der Lage, die Frage der medizinischen Notwendigkeit einer physiotherapeutischen Behandlung zu beurteilen.

Eine ärztliche Verordnung benenne die Diagnosen nur ungenau, ein Physiotherapeut könne selbst einen Befund erheben.

Eine das Genehmigungsverfahren legitimierende Norm finde sich nicht im Gesamtgefüge des SGB V. Es handele sich damit um einen Verstoßgegen den Vorbehalt des Gesetzes bei belastenden Verwaltungsakten.

Auch § 30 Abs. 8 Bundesmantelvertrag Ärzte - BMV-Ä - scheide als Rechtsgrundlage für die Einführung eines Genehmigungsverfahrens aus, da es sich nicht um eine Gesetzesvorschrift handele. Die Frage der medizinischen Notwendigkeit einer physiotherapeutischen Behandlung könne nicht in die Hände von Personen gelegt werden, die keine medizinische Ausbildung absolviert hätten. Hierfür sei allein der Arzt zuständig. In einigen Fällenhabe die Beklagte die verordnete Anwendungshäufigkeit gekürzt. Es komme auch vor, dass eine ärztliche Verordnung inhaltlich geändert werde, sosei zum Beispielbei ärztlich verordnetemHausbesuchbestimmt worden, dass die Leistung ohne Hausbesuch zu erbringen sei. Durch die Einführung des Genehmigungsverfahrens sei nachweisbar bei 100 Patienten die Behandlung unmöglichgemachtworden, da die Rahmenvertragsfristen nichteingehalten worden seien. Der Kasse verbleibe in diesem Bereich eine Eingriffsmöglichkeit nur, wenn ein Kassenarzt in unzulässiger Art und Weise durch Verordnungen von Mitteln, die nicht Gegenstand der Heilmittel-Richtlinien seien, tätig werde.

Auch der zwischen den Beteiligten geltende Vertrag gemäß § 125 SGB V sage nichts darüber aus, dass die ärztlich verordnete ...

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