nicht rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Potsdam (Entscheidung vom 08.05.2001; Aktenzeichen S 7 KR 48/00)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die der Klägerin entstandenen außergerichtlichen Kosten für das Berufungsverfahren zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte die Versorgung ihrer Versicherten mit Heilmitteln vor Leistungserbringung und nach erfolgter ärztlicher Verordnung von einer vorherigen Genehmigung abhängig machen darf.

Der Kläger ist Mitglied der Beklagten. Ihm wurden mit ärztlicher Verordnung vom 02. März 2000 zehn krankengymnastische Behandlungen verordnet, die im März 2000 durch eine Physiotherapeutin erbracht wurden.

Im März 2000 wandte die Beklagte sich mit einem Faltblatt "Massagen und Krankengymnastik Neuregelung ab 01. April 2000" an ihre Mitglieder und führte u. a. aus, dass ab 01. April 2000 Verordnungen von Krankengymnastik und Massagen vor der Leistungserbringung von ihr zu genehmigen seien. Das Faltblatt hatte u.a. folgenden Wortlaut:

"Ab 01. April 2000 sind Verordnungen von Krankengymnastik und Massagen vor Beginn der Behandlung von Ihrer AOK zu genehmigen. Diese Zustimmung dient Ihrer Sicherheit: So können Sie sich darauf verlassen, dass die AOK als gesetzliche Krankenkasse die Kosten übernehmen darf und der Physiotherapeut seine Leistungen mit uns abrechnen kann.".

Die Beklagte informierte im März 2002 auch die Physiotherapeutin über die beabsichtigte Neuregelung.

Mit der am 07. April 2000 vor dem Sozialgericht Potsdam erhobenen Klage hat der Kläger zunächst beantragt, die Beklagte zu verpflichten, die ärztlich verordneten krankengymnastischen Leistungen dadurch zu erbringen,

dass eine von dem Kläger aufgesuchte, für die Abgabe von Krankengymnastik zugelassene Physiotherapeutin ohne vorherige Genehmigung durch die Beklagte die verordnete Therapieform ausführt, hilfweise festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, die Ausführung der ärztlich verordneten Krankengymnastik des Arztes Dr. med. B. Z. vom 2000-03-02 von einer vorherigen Genehmigung durch die Beklagte abhängig zu machen.

Ein Recht auf Genehmigung verordneter krankengymnastischer Leistungen vor Leistungserbringung stehe der Beklagten nicht zu. Der behandelnde Arzt habe bestätigt, dass die Behandlung für den Kläger weiterhin notwendig sei und das von der Beklagten eingeführte Genehmigungsverfahren einen bei dem Kläger ärztlich diagnostizierten Schaden verursacht habe. Die behandelnde Therapeutin bestreite die Notwendigkeit eines Genehmigungsverfahrens. Durch die geforderte Genehmigung werde der Kläger finanziell und zeitlich in Anspruch genommen, ohne dass diese Inanspruchnahme einer gesetzlichen Pflicht entspreche oder durch eine Gestaltungsregelung der Beklagten vorbehalten sei. Der dem Kläger abverlangte Aufwand sei vom Gesetzgeber nicht vorgesehen. Eine das Genehmigungsverfahren legitimierende Norm finde sich nicht im Gesamtgefüge des SGB V. Es handele sich damit um einen Verstoß gegen den Vorbehalt des Gesetzes bei belastenden Verwaltungsakten.

Auch§ 30 Abs. 8 Bundesmantelvertrag Ärzte - BMV-Ä - scheide als Rechtsgrundlage für die Einführung eines Genehmigungsverfahrens aus, da es sich nicht um eine Gesetzesvorschrift handele. Die Frage der medizinischen Notwendigkeit einer physiotherapeutischen Behandlung könne nicht in die Hände von Personen gelegt werden, die keine medizinische Ausbildung absolviert hätten. Hierfür sei allein der Arzt zuständig. In einigen Fällenhabe die Beklagte die verordnete Anwendungshäufigkeit gekürzt. Es komme auch vor, dass eine ärztliche Verordnung inhaltlich geändert werde, sosei zum Beispielbei ärztlich verordnetemHausbesuchbestimmt worden, dass die Leistung ohne Hausbesuch zu erbringen sei. Durch die Einführung des Genehmigungsverfahrens sei nachweisbar bei 100 Patienten die Behandlung unmöglichgemachtworden, da die Rahmenvertragsfristen nichteingehalten worden seien. Der Kasse verbleibe in diesem Bereich eine Eingriffsmöglichkeit nur, wenn ein Kassenarzt in unzulässiger Art und Weise durch Verordnungen von Mitteln, die nicht Gegenstand der Heilmittel-Richtlinien seien, tätig werde. Es komme darauf an, dass jede ärztliche Verordnung, die der Kläger erhalten hat oder noch erhalten wird, nicht von einer vorherigen selektiven Genehmigung der Beklagten abhängig gemacht werden könne. Nur so könne der Kläger therapiert werden. Der Arzt habe nicht nur ein bestimmtes Heilmittel zum therapeutischen Nutzen ausgesucht, sondern auch die Häufigkeit der Anwendung dieses Heilmittels. Daher stelle der Eingriff in die Häufigkeit auch ein Eingriff in die Verordnung selbst dar

Der Kläger hat ärztliche Verordnungen und Schreiben des behandelnden Arztes Dr. Z, ein Faltblatt und eine Information der Beklagten sowie ein Schreiben des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen des Landes Brandenburg vom 15. Mai 2000 zur Gerichtsakte gereicht.

Der Kläger hat im erstinstanzlichen Termin zur mündlich...

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