nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Injektion. Insulin. Behandlungspflege. Kostenerstattung. Freistellung. Zahlungsverpflichtung. Laufende Geldleistung. Kausalität. Erforderlichkeit. Haushalt. Nachvollziehbarer Grund. Einwilligung. Vorsorgevollmacht

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei einem Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 S. 1 SGB V handelt es sich um eine laufende Geldleistung im Sinne des § 56 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB I, wenn die dem Erstattungsanspruch zugrunde liegende Sachleistung eine wiederkehrende Leistung war.

2. Ist ein Versicherter der Überzeugung, eine in seinem Haushalt lebende Person sei nicht in der Lage, ihm Insulin zu injizieren, steht seinem Anspruch auf häusliche Krankenpflege nicht der Ausschlussgrund des § 37 Abs. 3 SGB V entgegen. Es kommt insoweit nicht darauf an, ob die Überzeugung des Versicherten objektiv gerechtfertigt ist.

 

Normenkette

SGB V § 1 S. 2, § 12 Abs. 1, § 13 Abs. 3 S. 1, § 15 Abs. 1 S. 2, § 37 Abs. 2 Sätze 1, 3; SGB I § 56 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 58 Abs. 1, § 59; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1; StGB § 223 Abs. 1; SGG § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

SG Cottbus (Entscheidung vom 28.05.2003; Aktenzeichen S 10 KR 99/02)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 28. Mai 2003 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Freistellung von Kosten für die Verabreichung von Insulin in Höhe von 893,88 EUR in der Zeit vom 13. Januar bis 31. März 2002 im Rahmen der häuslichen Krankenpflege als Behandlungspflege.

Die Klägerin ist die Tochter der im Januar 1913 geborenen und am 30. Oktober 2003 verstorbenen I. W., die bei der Beklagten versichert war (Versicherte). Die Klägerin und die Versicherte lebten während des streitigen Zeitraumes und auch zum Zeitpunkt des Todes der Versicherten in einem gemeinsamen Haushalt.

Am 28. Dezember 2001 beantragte die Versicherte häusliche Krankenpflege für die Zeit vom 01. Januar bis 31. März 2002. Sie legte dazu die Verordnung (Folgeverordnung) häusliche Krankenpflege der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. S. vom 27. Dezember 2001 über Injektionen subkutan zweimal täglich über den genannten Zeitraum vor. Wegen eines Dauerkatheters bei Zustand nach Oberschenkelfraktur, Poliomyelitis, Gehbehinderung, Bettlägerigkeit und insulinpflichtigem Diabetes seien die Maßnahmen zur Sicherung der ambulanten ärztlichen Behandlung erforderlich. Da nach Angaben der Versicherten die verordneten Maßnahmen nicht durch eine im Haushalt lebende Person erbracht werden könnten, sollten sie durch den Häuslichen Pflegedienst Schwester W. K. geleistet werden.

Die von der Beklagten veranlassten Ermittlungen ergaben, dass die Versicherte völlig immobil war. Die seit 27. November 2001 erfolgten Insulininjektionen sollten zunächst wegen sehr schwankender Blutzuckerwerte durch den Pflegedienst abgesichert werden. Danach sollte die Klägerin zur Insulingabe angelernt werden. Unter dem 07. Januar 2002 wurde der Pflegedienst von der Beklagten darüber informiert, dass häusliche Krankenpflege bis zum 07. Januar 2002 genehmigt werden wird, ab 08. Januar 2002 die Anlernung erfolgen solle und danach häusliche Krankenpflege abgelehnt werden wird.

Mit Bescheid vom 09. Januar 2002 bewilligte die Beklagte häusliche Krankenpflege für die Zeit vom 01. bis 07. Januar 2002 in Form von zweimal täglichen Insulininjektionen und für die Zeit vom 08. bis 12. Januar 2002 in Form von zehn Anleitungen zur Behandlungspflege. Im Übrigen lehnte sie den Antrag ab, da die Klägerin im gemeinsamen Haushalt lebe und somit die verordneten Maßnahmen übernehmen könne.

Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch wurde geltend gemacht, dass die Klägerin die Injektionengabe ablehne, da sie dazu psychisch nicht in der Lage sei. Die Zuckerwerte seien derart schwankend, dass sie ohne ärztliche Hilfe nicht einschätzen könne, wie viel Einheiten sie verabreichen müsse. Auch sei ihr die Verantwortung zu hoch. Bereits durch die Pflege der Versicherten werde sie enorm belastet. Durch die ärztliche Verordnung sei der Anspruch ohnehin entstanden.

Mit Rechnungen jeweils vom 12. April 2002 forderte der Häusliche Pflegedienst Schwester W. K. bei einem Einzelpreis von 5,73 EUR für 38 Einsätze im Zeitraum vom 13. bis 31. Januar 2002 217,74 EUR, für 56 Einsätze im Zeitraum vom 01. bis 28. Februar 2002 320,88 EUR und für 62 Einsätze im Zeitraum vom 01. bis 31. März 2002 355,26 EUR.

Mit Widerspruchsbescheid vom 05. August 2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Es werde nicht angezweifelt, dass die Versicherte einer ärztlichen und pflegerischen Betreuung bedurft habe. Dies habe hinreichend Würdigung durch die Gewährung von Leistungen bei Schwerpflegebedürftigkeit (Pflegestufe II) ab 01. April 2002 gefunden. Es sei jedoch festzustellen, das die Klägerin nach entsprechender Anlernphase durchaus in der Lage sei, die Insulininjekti...

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