Verfahrensgang

SG Potsdam (Urteil vom 16.03.1993; Aktenzeichen S 2b (32SG) An 24/92)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 16. März 1993 und der Bescheid der Beklagten vom 31. Juli 1991 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 18. Dezember 1991 aufgehoben.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten auch im Berufungsverfahren darum, ob dem Kläger über den 31.07.1991 hinaus die bis dahin gewährte Dienstbeschädigungs-Teilrente weiterhin zu zahlen ist.

Der am … 1930 geborene Kläger war zuletzt im Range eines Oberstleutnants Angehöriger der Nationalen Volksarmee der DDR (NVA) und wurde mit Ablauf des 31.08.1990 entlassen. Wegen einer dienstbedingten Schwerhörigkeit – er sei als Artillerieoffizier starkem Lärm ausgesetzt gewesen – bewilligte das Wehrbezirkskommando Potsdam ab 01. September 1990 eine Dienstbeschädigungs-Teilrente, bemessen nach einem dienstbedingten Körperschaden von 25 v. H. Der Rentenbescheid vom 31. August 1990 wies nach der Ordnung Nr. 005/9/003 des Ministers für Nationale Verteidigung über die soziale Versorgung der Angehörigen der Nationalen Volksarmee (Versorgungsordnung) vom 01. September 1982 (abgedruckt bei Aichberger II, Ergänzungsband für die neuen Bundesländer, Nr. 230), ausgehend von einer monatlichen Bruttodurchschnittsbesoldung von 2.260,00 DM und einer Höhe der Teilrente von 423,75 DM eine monatlich zu zahlende Leistung in Höhe von 212,00 DM aus, weil neben einer Invalidenrente die niedrigere Rente nur zur Hälfte zu zahlen sei. Invalidenrente (nach der Versorgungsordnung) erhielt der Kläger in Höhe von 1.695,00 DM aufgrund eines weiteren Bescheides vom 31. August 1990 ebenfalls ab 01. September 1990.

Mit Bescheid vom 31.07.1991 wurde die Zahlung der Dienstbeschädigungs-Teilrente durch das Wehrbereichsgebührnisamt VII Außenstelle Potsdam – nach Maßgabe des Gesetzes zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebietes (Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz – AAÜG) zum 01. August 1991 eingestellt. Der dagegen gerichtete Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 18.12.1991 zurückgewiesen, weil Teilrenten neben Invalidenrenten seit dem Inkrafttreten des AAÜG nicht mehr gewährt würden.

Hiergegen hat der Kläger am 17. Januar 1992 beim Kreisgericht Potsdam-Stadt – Kammer für Sozialrecht – Klage erhoben und dazu unter anderem geltend gemacht, daß seine anerkannte Dienstbeschädigung weiterhin bestehe. In jedem anderen Berufszweig würden die entsprechenden Leistungen weiter gezahlt, nur nicht bei den bewaffneten Organen. Seine Rente habe dem Ausgleich eines Arbeitsunfalles gedient, darauf bestehe auch nach jetzt geltendem Recht Anspruch. Zudem müsse die Rente auf der Grundlage eines Körperschadens von 30 v.H. berechnet werden.

Das – inzwischen zuständig gewordene – Sozialgericht Potsdam hat die Klage mit Urteil vom 16. März 1993 abgewiesen: § 11 Abs. 5 Satz 2 AAÜG bestimme, daß neben Renten im Sinne des § 4 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 sowie Abs. 3 Nrn. 1 und 2 AAÜG Dienstbeschädigungs-Teilrenten und Invaliden-Teilrenten aus Sonderversorgungssystemen nicht gewährt würden. Die Teilrente des Klägers sei aus einem Sonderversorgungssystem und neben einer Rente im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 1 AAÜG gezahlt worden. § 11 Abs. 5 Satz 2 AAÜG sei nicht so zu verstehen, daß lediglich die Neubewilligung von Dienstbeschädigungs-Teilrenten ausgeschlossen sei. Dies folge aus § 11 Abs. 5 Satz 5 AAÜG, wonach § 10 Abs. 5 AAÜG entsprechend gelte. Die Anwendung von § 10 Abs. 5 AAÜG gebe nur Sinn, wenn es sich um eine Leistung handele, die in der Vergangenheit bereits gezahlt worden sei. In der Einstellung der Leistung liege kein Verstoß gegen höherrangiges Recht, denn der Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag – EV) enthalte keine Bestandsgarantie für Dienstbeschädigungs-Teilrenten. Der Gesetzgeber sei vielmehr ausdrücklich ermächtigt worden, unter bestimmten Voraussetzungen Leistungen abzuschaffen bzw. abzubauen. Zwar könne eine Ungleichbehandlung entstehen, wenn dem Kläger für die Dienstbeschädigung keinerlei finanzieller Ausgleich gewährt würde. Insoweit könnte es naheliegend sein, die Leistung in die gesetzliche Unfallversicherung zu überführen.

Ob ein Anspruch aus der Unfallversicherung bestehe, sei jedoch nicht Gegenstand des Rechtsstreits. Die Beklagte sei im übrigen auch zur Einstellung der Leistung bereits am 01.08.1991 berechtigt gewesen, obwohl der Kläger den Bescheid vom 31.07.1991 erst am 06.08.1991 erhalten haben. Zwar ordne § 11 Abs. 5 Satz 5 zweiter Halbsatz AAÜG über § 10 Abs. 5 und § 8 Abs. 3 AAÜG die Anwendung der Vorschriften des Dritten Abschnitts des Ersten Kapitels des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) an. Die Anwendung des SGB X sei hier jedoch ausgeschlossen, weil § 11 Abs....

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