Verfahrensgang
SG Potsdam (Urteil vom 28.02.1994; Aktenzeichen S 3 (1) An 331/92) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 28. Februar 1994 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist im Berufungsverfahren streitig geblieben, ob die Beklagte mit Bescheid vom 29. Januar 1992, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 05. Mai 1992, die über den 01. Dezember 1991 hinaus an den Kläger gezahlte befristete erweiterte Versorgung rechtmäßig zurückgefordert hat.
Der am … 1940 geborene Kläger war von 1962 bis 30. September 1990 bei der Zollverwaltung der ehemaligen DDR – zuletzt im Range eines Zollrats – tätig. Nach seinem Ausscheiden erhielt er ab 01. Oktober 1990 eine „befristete erweiterte Versorgung” in Höhe von 1234,00 DM monatlich (Rentenbescheid ohne Datum Nr. 133/90).
In einem am 02. Januar 1992 bei der Beklagten eingegangenen Fragebogen gab der Kläger auf die Frage, ob er in der Vergangenheit zeitweise als Offizier im besonderen Einsatz des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR tätig gewesen sei oder ob er in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis zu diesem Ministerium gestanden habe, an: „Ja, und zwar von 1977 bis 1990”. Nach Anhörung des Klägers (Schreiben vom 29. Januar 1992) stellte die Beklagte daraufhin mit Bescheid vom 27. Februar 1992, wie es darin heißt, die befristete erweiterte Versorgung mit Wirkung ab 01. Dezember 1991 ein, hob den Rentenbescheid Nr. … ab 01. Dezember 1991 ausdrücklich auf und forderte die für die Monate Dezember 1991 bis März 1992 gezahlten Beträge in Höhe von insgesamt 4936,00 DM zurück. Dabei wurde zur Begründung auf § 13 Abs. 1 Nr. 4 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) in der Fassung des Gesetzes vom 18. Dezember 1991 (BGBl I S. 2207) sowie – hinsichtlich der Rückforderung – auf §§ 48, 50 Sozialgesetzbuch, 10. Buch (SGB X) verwiesen. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. Mai 1992, zugestellt 19. Mai 1992, zurück: Die Voraussetzungen für eine Einstellung der Versorgungsleistung seien wegen der hauptberuflichen Tätigkeit für das MfS wahrend des Dienstverhältnisses zur Zollverwaltung gegeben. Auch die Rückforderung des überzahlten Betrages sei rechtmäßig, weil der Kläger vom Zeitpunkt des Gesetzesbeschlusses des Deutschen Bundestages zum Gesetz vom 18. Dezember 1991 (07.11.1991) an Kenntnis im Sinne des § 48 Abs. 1 Nr. 4 davon gehabt habe, daß ihm die Versorgungsleistungen ab 01. Dezember 1991 nicht mehr zustanden. In der Rechtsbehelfsbelehrung hieß es, daß hiergegen Klage beim Kreisgericht Potsdam/Stadt erhoben werden könne.
In seiner Klage vom 12. Juni 1992 hat der Kläger sich zunächst sowohl gegen die Einstellung seiner Versorgungsleistungen, als auch gegen die Rückforderung gewandt. Er hat dazu geltend gemacht, daß er bis zur Gewahrung der befristeten erweiterten Versorgung Angehöriger der Zollverwaltung gewesen und demzufolge auch in die entsprechende Versorgungsordnung einbezogen worden sei. Ein Rechtsverhältnis zum Versorgungssystem des MfS habe allenfalls subsidiär bestanden, ein sich daraus ergebender Anspruch sei ihm nie zuteil geworden, er strebe dies auch nicht an.
Nachdem der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung die Klage hinsichtlich der Einstellung der laufenden Zahlung zurückgenommen hatte, hat das Sozialgericht durch Urteil vom 28. Februar 1994 den Bescheid vom 27. Februar 1992 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. Mai 1992 aufgehoben, soweit eine Erstattung (Rückforderung) geltend gemacht worden ist: Die Klage sei jedenfalls im Hinblick auf die fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung im Widerspruchsbescheid – seit März 1992 seien die Sozialgerichte errichtet und damit zuständig – rechtzeitig erhoben und damit zulässig. Die Rückforderung sei nicht rechtmäßig. Der ursprüngliche Bewilligungsbescheid vom 01. Oktober 1990 sei bis zur Aufhebung durch den Bescheid vom 27. Februar 1992 Grundlage der Zahlung gewesen. Eine Beseitigung dieser Grundlage sei nicht bereits durch § 13 Abs. 1 Nr. 4 AAÜG als sogenannter „Selbstvollzug des Gesetzes” erfolgt. Diese Vorschrift habe lediglich die Rechtsgrundlage für das Tätigwerden der Beklagten gegeben. Der Bescheid vom 27.02.1992 sei dem Kläger erst am 2. März 1992 zugegangen, habe also erst von diesem Zeitpunkt an wirksam werden können. Die Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung der Bewilligung seien nicht gegeben, denn der Kläger habe durch den Beschluß des Deutschen Bundestages vom 07. November 1991 nicht wissen müssen, daß die ihm gewahrte Leistung künftig tatsächlich wegfallen werde. Selbst im Falle einer analogen Anwendung von § 48 SGB X sei die Rückforderung nicht rechtmäßig, weil die Beklagte bei dem hier vorliegenden „atypischen Fall” das dann erforderliche Ermessen hinsich...