Entscheidungsstichwort (Thema)
Insolvenzgeldanspruch. Antragstellung. Versäumung der Ausschlussfrist. Nachfrist. Unkenntnis vom Insolvenzereignis. grobe Fahrlässigkeit. erforderliche Sorgfalt
Orientierungssatz
Ein Arbeitnehmer hat die Versäumung der Ausschlussfrist des § 324 Abs 3 S 1 SGB 3 zu vertreten, wenn ihm Pfändungen in nicht unerheblicher Höhe gegen seinen Arbeitgeber und dessen eidesstattliche Versicherung (mit Angaben zum negativen Kontostand und Außenständen) bekannt waren und er sich nicht beim Amtsgericht oder Arbeitsamt hinsichtlich eines anhängigen Insolvenzverfahrens erkundigt hat.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten Insolvenzgeld (Insg) vom 01. Juni bis 15. August 1999.
Der 1957 geborene Kläger war als Bereichsleiter mit der zusätzlichen Funktion eines Bauleiters ab dem 01. April 1999 bei der Firma G Gerüstbau (fortan: Gerüstbau) tätig. Inhaber der Firma Gerüstbau war M R (im Folgenden: R), der darüber hinaus seit dem 06. Januar 1997 den Betrieb G sowie seit dem 01. April 1996 das Gewerbe D angemeldet hat. Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde zum 15. August 1999 durch den Arbeitgeber gekündigt. Der Kläger erhielt für die Monate Juni bis August 1999 keinen Lohn. Am 21. September 1999 erhob der Kläger diesbezüglich Lohnzahlungsklage bei dem Arbeitsgericht Neuruppin, welches R., Inhaber der Firma Gerüstbau, mit Versäumnisurteil vom 11. Oktober 1999 verurteilte, 15.751,41 DM brutto nebst 4 Prozent Zinsen an den Kläger zu zahlen (Az. 3 Ca 2383/99). Der hiergegen am 15.Oktober 1999 erhobene Einspruch wurde mit zweitem Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Neuruppin vom 08. Dezember 1999 unter Aufrechterhaltung des Versäumnisurteils vom 11. Oktober 1999 verworfen.
Am 25. Januar 2000 beantragte die Innungskrankenkasse B und B bei dem Amtsgericht Cottbus - Insolvenzgericht - die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen R. als Inhaber der G (...). Der in dem Insolvenzverfahren bestellte Sachverständige, Rechtsanwalt ... W, schrieb u. a. in seinem Gutachten vom 20. März 2000, dass der R. zunächst bis 1995 als Gesellschafter der R Gerüstbau GbR unternehmerisch tätig war und anschließend zunächst unter der Bezeichnung G Gerüstbau, ab 1997 daneben auch unter der Firma G Montage und Service geschäftlich aktiv geworden ist. Aus dieser einzelunternehmerischen Tätigkeit resultieren Verbindlichkeiten in Höhe von 4.154.167,53 DM. Der Schuldner sei zahlungsunfähig, eine zur Verfahrenseröffnung hinreichende Masse sei nicht vorhanden.
Daraufhin hat das Amtsgericht Cottbus mit Beschluss vom 24. März 2000 die Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des R. mangels Masse abgewiesen.
Der Kläger beantragte bei dem Arbeitsamt N am 19. Dezember 2000 Insolvenzgeld. Das Arbeitsamt gab das Verfahren zuständigkeitshalber an das Arbeitsamt C ab. Mit seinem Antrag machte er vom 01. Juni 1999 bis 31. Oktober 1999 ausstehende Nettoarbeitsentgelte von monatlich 3.700,65 DM geltend und nahm Bezug auf eine Lohn- und Gehaltsabrechnung für den Monat April 1999 in entsprechender Höhe. Er habe am 15. Dezember 2000 durch ein Schreiben der Techniker Krankenkasse C vom 14. Dezember 2000 Kenntnis von dem Beschluss des Amtsgerichts Cottbus im Insolvenzverfahren erhalten. Erstmalig vermutet habe er, dass sein Arbeitgeber ausstehende Gehaltszahlungen nicht mehr einlösen werde, nachdem er neunmal mit ihm telefoniert habe. Dies sei Anfang September 1999 geschehen. Danach habe er einen Anwalt eingeschaltet, der die Klage beim Amtsgericht eingereicht habe.
Der Kläger reichte u. a. ein Schreiben der V an seine Prozessbevollmächtigten gerichtet vom 10. November 1999 zu den Akten, in welchem mitgeteilt wird, dass dieser neun weitere Pfändungen in Höhe von DM 71.807,84 zuzüglich Zinsen und Kosten gegen R. vorlägen. Weiterhin ein Vermögensverzeichnis hinsichtlich des R., dem Außenstände in Höhe von über 92.000 DM sowie ein Kontostand von minus 20.000 DM zu entnehmen sind. Die in dem Formular zum Vermögensverzeichnis geforderten Beweismittel hinsichtlich der Außenstände waren nicht beigefügt.
Nach Anhörung hinsichtlich der Fristversäumnis lehnt die Beklagte den Antrag auf Gewährung von Insolvenzgeld mit Bescheid vom 13. Februar 2001 ab, weil der Kläger den entsprechenden Antrag nicht innerhalb der Frist von zwei Monaten nach dem Insolvenztag gestellt habe. Das maßgebliche Insolvenzereignis sei durch die Ablehnung des Insolvenzverfahrens wegen geringen Vermögens am 24. März 2000 eingetreten. Der Kläger habe hinreichende Anhaltspunkte für den Eintritt eines Insolvenzereignisses gehabt (z. B. lange zustehende Lohnzahlungen seien nicht beglichen, Arbeitgeber erscheine nicht beim Arbeitsgericht, Zwangsvollstreckungen blieben erfolglos, unter der Firmenanschrift habe die Ehefrau des R. eine neue Firma). Diese Anhaltspunkte seien nicht zum Anlass genommen worden, beim Insolvenzgericht bzw. beim Arbeitsamt nachzufragen, ob ein Insolvenzereignis vorgelegen habe. Der Kläger legte hiergegen am 21. Februar 2001 Widerspruch mit der...