Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz
Orientierungssatz
1. Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem der ehemaligen DDR, in denen eine Beschäftigung ausgeübt worden ist, gelten als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung. Ist die ausgeübte Beschäftigung weder in einer Versorgungsordnung genannt, noch eine Versorgungszusage erteilt worden, so ist zu prüfen, ob eine Anerkennung als Pflichtbeitragszeit nach den rentenversicherungsrechtlichen Gleichstellungsregeln der §§ 5 bis 8 AAÜG in Betracht kommt.
2. Eine Anwartschaft, die eine Zugehörigkeit zum Versorgungssystem begründet, beurteilt sich allein danach, ob zum Zeitpunkt des 30. 6. 1990 die Voraussetzungen für eine Einbeziehung vorgelegen haben. Maßgeblich ist insoweit das Recht der ehemaligen DDR.
3. Eine Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz setzt eine Tätigkeit als Ingenieur, Konstrukteur, Architekt und Techniker aller Fachgebiete, Werkdirektor oder Lehrer technischer Fächer an den Fach- und Hochschulen voraus.
4. Ist durch besonderen Staatsakt lediglich der Titel eines Diplom-Landwirts, nicht aber derjenige eines Diplom-Agraringenieurs verliehen worden, so ist der Betreffende nicht als Berechtigter für die Berufsbezeichnung "Ingenieur" anzusehen.
5. Eine Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der DDR setzt u. a. eine Tätigkeit als Wissenschaftler voraus. Das Wissenschaftlich-technische Zentrum (WTZ) Rinderzüchtung und -produktion war keine wissenschaftliche Einrichtung i. S. des § AVI-VO. Als volkseigener Betrieb war es keine staatliche Einrichtung. Es war auch nicht frei bei der Auswahl seiner Forschungsziele.
6. Im Recht der ehemaligen DDR war der Bereich der Zusatz- und Versorgungssysteme abschließend geregelt. Eine nachträgliche Korrektur der am 30. 6. 1990 gegebenen abstrakt-generellen Regelungen ist deshalb unzulässig.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 30. Juni 2004 wird zurückgewiesen .
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Feststellung der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem für die Zeit vom 01. September 1978 bis 30. Juni 1990 und die Berücksichtigung der während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte.
Der im ... 1940 geborene Kläger ist Diplomlandwirt (Urkunde der H.-Universität zu B. vom 10. Juni 1967).
Der Kläger war vom 01. September 1978 zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter, ab 01. Februar 1985 als Abteilungsleiter im Wissenschaftlich-technischen Zentrum (WTZ) Rind der Vereinigung volkseigener Betriebe (VVB) Tierzucht P.z bis 31. Dezember 1987, danach weiterhin als Abteilungsleiter im WTZ Rind beim Volkseigenen (VE) Kombinat Tierzucht bis 31. Dezember 1988 und vom 01. Januar 1989 bis 30. Juni 1990 beim WTZ Rinderzucht und -produktion, Betrieb des VE Kombinates Tierzucht tätig.
Zum 01. Oktober 1971 trat der Kläger der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) bei und entrichtete Beiträge nur für das Einkommen bis 1.200 Mark monatlich bzw. 14.400 Mark jährlich.
Im März 2000 beantragte der Kläger unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), die Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVtI) bzw. zur Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen (AVI) festzustellen. Im WTZ der VVB Tierzucht P. habe er Fragen der angewandten Forschung und der Überleitung in die Praxis im Wesentlichen mit den Themen zur Gestaltung technologischer Prozesse in der Landwirtschaft und zu Fachstandards zur Durchführung der Leistungsprüfung und Zuchtwertschätzung in der Tierhaltung bearbeitet.
Mit Bescheid vom 19. September 2001 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Weder habe eine Versorgungszusage zu Zeiten der DDR vorgelegen, noch sei eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt worden, die ihrer Art nach von einem Versorgungssystem erfasst gewesen sei. Eine Zugehörigkeit zur AVtI scheide aus, da der Titel eines Diplomlandwirtes nicht unter den Anwendungsbereich dieser Versorgungsordnung falle. Das WTZ zähle auch nicht zu den Einrichtungen, die von der AVI erfasst würden.
Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger unter Vorlage eines Auszuges eines Berichtes zur Forschungsanstalt für Rinderzucht und -produktion P. geltend, als Diplomlandwirt habe er die gleichen Aufgaben zu verrichten gehabt wie die späteren Diplomagraringenieure. Seine Tätigkeit habe der der technischen Intelligenz in den Fabriken entsprochen. Er sei für die sehr anspruchsvollen Aufgaben der Organisation und Produktion, nämlich für die Prüfung und die Aufzucht der Vatertiere für das Rinderzuchtprogramm bei Milch- ...