Leitsatz (amtlich)

1. Die quartalsweise Ausstellung von Berechtigungsscheinen, um Versicherten, deren Ansprüche ruhen, zur Realisierung ihrer eingeschränkten Ansprüche zu verhelfen, ist unter § 19 Abs. 3 des Bundesmantelvertrags-Ärzte (BMV-Ä) normativ verankert.

2. Solange die technischen Voraussetzungen fehlen, mit der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) einen ruhenden Anspruch technisch auszuweisen, ist jedenfalls im einstweiligen Rechtsschutz ein Anordnungsgrund auf Ausstellung einer eGK zu verneinen.

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts für das Saarland vom 23.5.2023 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes von der Antragsgegnerin die Ausstellung einer elektronischen Gesundheitskarte (eGK).

Die am 1961 geborene Antragstellerin war bis zum Ende ihres Beschäftigungsverhältnisses in Deutschland zum Ablauf Februar 2008 bei der Antragsgegnerin als abhängig Beschäftigte pflichtversichert in der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung. Im November 2007 wechselte sie ihren Wohnsitz und zog von Völklingen nach Frankreich an ihre derzeitige Adresse.

Mit Bescheid vom 10.7.2018 stellte die Antragsgegnern das Ruhen des Leistungsanspruchs fest. Am 1.6.2021 beantragte die Antragstellerin beim Sozialgericht für das Saarland (SG) im Rahmen einstweiligen Rechtsschutzes die Ausstellung einer eGK mit uneingeschränkter Legitimationsfunktion, nachdem die bis dahin genutzte eGK nicht mehr einsetzbar war (Az.: S 15 KR 26/21 ER ).

Der Antrag wurde von dem Sozialgericht für das Saarland (SG) mit Beschluss vom 1.7.2021 abgelehnt. Der gegen den ablehnenden Beschluss eingereichten Beschwerde vor dem Landessozialgericht für das Saarland wurde abgeholfen; mit Beschluss vom 14.10.2021 (Az: L 2 KR 15/21 B ER) wurde der Beschluss des SG abgeändert und die Antragsgegnerin verpflichtet, die eGK der Antragstellerin uneingeschränkt zu entsperren. Soweit die Antragstellerin zudem beantragte, eine Nutzungsmöglichkeit der Versichertenkarte bis zu deren Gültigkeitsablauf am 31.3.2023 zu garantieren, wurde die Beschwerde zurückgewiesen. Der Beschluss wurde der Antragstellerin am 25.10.2021, der Antragsgegnerin am 21.10.2021 zugestellt.

Mit Schreiben vom 25.10.2021 informierte die Antragsgegnerin die Antragstellerin darüber, dass es aus technischen Gründen nicht möglich sei, die eGK zu entsperren. Aus diesem Grund sei eine Neuausstellung der eGK beauftragt worden. Um der Antragstellerin bis zum Eintreffen der eGK zu ermöglichen, Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch zu nehmen, wurde am gleichen Tag eine Versicherungsbescheinigung als Ersatz übersandt.

Mit Bescheid vom 26.10.2021 beendete die Antragsgegnerin das Ruhen der Leistungsansprüche ab dem 15.10.2021.

Mit Anträgen vom 28.10.2021 (Az.: S 15 KR 41/21 ER , Beschluss des SG vom 26.11.2021), vom 7.12.2021 (Az.: S 15 KR 44/21 ER , Beschluss des SG vom 14.12.2021), vom 12.1.2022 (Az.: 15 KR 2/22 ER , Beschluss des SG vom 27.1.2022), vom 13.6.2022 (Az.: 15 KR 17/22 ER , Beschluss des SG vom 12.7.2022) und vom 25.7.2022 (Az: 15 KR 34/22 ER , Beschluss des SG vom 25.11.2022) beantragte die Antragstellerin im Wege des Eilrechtsschutzes, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Versichertenkarte sofort und uneingeschränkt zu entsperren.

Das Ruhen der Leistungen aufgrund bestehender Beitragsrückstände wurde von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 2.12.2021 erneut festgestellt. In der Folge wurden der Antragstellerin Bescheinigungen als Ersatz für die gesperrte elektronische Gesundheitskarte (eGK) ausgestellt; diese sollen es ermöglichen, ärztliche Leistungen auch trotz der erneuten Feststellung des Ruhens der Leistungsansprüche gem.§ 16 Abs. 3a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in Anspruch zu nehmen.

Gegen den Ruhensbescheid vom 2.12.2021 führte die Antragstellerin ein Klageverfahren vor dem SG für das Saarland ( S 15 KR 183/22 , Urteil des SG vom 6.12.2022). Die Klage hatte keinen Erfolg.

Mit Antrag vom 23.3.2023 hat die Antragstellerin im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes beim SG beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr eine eGK auszustellen.

Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen, die Quartals-Berechtigungsscheine seien erst Wochen später zugestellt worden, sodass sie ohne Leistungsnachweis und ohne Zugang zur Behandlung akuter Erkrankungen gewesen sei. Auch seien Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten und der Zugang zu dringend erforderlichen Medikamenten nicht möglich gewesen. Eine neurologische Akutbehandlung sei in KW 10 seitens des Arztes abgebrochen worden. Nach der Rechtsprechung des LSG Berlin-Brandenburg bestehe ein Anspruch auf Ausstellung einer eGK unabhängig davon, ob der Leistungsanspruch ruhe (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18.7.2017, Az.: L 9 KR 274/17 B ER ,LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22.5.2014, Az.: L 9 KR ...

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