Leitsatz (amtlich)

1. Zu den Voraussetzungen für die Anerkennung und Entschädigung einer Berufskrankheit gemäß BKV Anlage Nr. 2108.

2. Zu dem Vorliegen eines belastungskonformen Schadensbildes sowie zu der Beurteilung der Kausaslität zwischen wirbelsäulenbelastender Erwerbstätigkeit und der Erkrankung.

 

Verfahrensgang

SG für das Saarland (Urteil vom 23.03.2003)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 23.03.2001 und der Bescheid der Beklagten vom 28.12.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.05.1999 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger aufgrund eines Versicherungsfalles im Februar 1998 Verletztenrente wegen einer Berufskrankheit gemäß Nr. 2108 der Anlage zur BKV nach einer MdE von 20 v.H. nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger ein Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente wegen Vorliegens einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 (bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule) der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) zusteht.

Der am 1962 geborene Kläger absolvierte von 1977 bis 1980 eine Lehre als Maler und Lackierer. Am 15.09.1980 fuhr er in der Grube R. als Neubergmann an. Seit September 1983 war er dort und ab März 1992 auf der Grube G. – unterbrochen durch die Wehrdienstzeit von Juli 1988 bis September 1989 – unter Tage überwiegend als Hauer in der Aus- und Vorrichtung beschäftigt. Der Kläger arbeitete von Januar 1996 bis 12.02.1998 – unterbrochen durch Zeiten der Arbeitsunfähigkeit (zuletzt vom 25.08.1997 bis 11.01.1998) – als mitarbeitender Drittelführer in der Aus- und Vorrichtung und ist nach einer am 12.02.1998 angetretenen Kur und anschließender Arbeitsunfähigkeit seit September 1999 als Kulifahrer – Fahrer einer Transportbahn unter Tage – tätig.

Am 06.10.1997 ging bei der Beklagten eine Anzeige des Klägers ein, worin dieser eine erhebliche Minderung der Erwerbsfähigkeit durch eine berufsbedingte Lendenwirbelsäulenerkrankung geltend machte, die nach Angabe seines Hausarztes (Dr. C.) dem Krankheitsbild der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV entspreche. In einem Fragebogen der Beklagten gab der Kläger unter dem 03.11.1997 an, 1984 beim Absetzen eines Bohrhammers erstmals Wirbelsäulenbeschwerden gehabt zu haben. Die Beschwerden hätten sich als regelmäßig auftretende Schmerzen im linken Bein und Taubheit im rechten Bein geäußert.

In einem eingeholten Befundbericht von Dr. C. vom 16.11.1997, dem Befunde über eine Röntgenuntersuchung der LWS vom 01.09.1997 (erstattet von Dr. H. am 03.09.1997) und eine CT-Untersuchung der LWS vom 11.09.1997 (erstattet von Dr. Geib am 11.09.1997) beigefügt waren, ist ausgeführt, dass seit 1990 mehrfach belastungsabhängige LWS-Beschwerden und seit August 1997 Schmerzen bestanden hätten. Unter den Diagnosen ist u.a. ein chronisch degeneratives LWS-Syndrom bei Bandscheibenprolaps L3/L4/L5 und Bandscheibenprotrusion L5/S1 angegeben.

Aus einer Auskunft der Bundesknappschaft – Krankenversicherung – vom 20.11.1997 geht hervor, dass der Kläger vom 29.05. bis 23.06.1985 wegen eines Schulter-Arm-Syndroms, vom 09.02. bis 07.03.1987 wegen eines akuten Lumbalsyndroms, vom 12.03. bis 24.03.1990 wegen Lumbalgie, vom 22.06. bis 09.07.1994 wegen Lumboischialgie, vom 13.02. bis 23.02.1995 wegen Thoraxschmerz und BWS-Syndrom sowie vom 26.08.1997 bis auf weiteres wegen eines LWS-Syndroms bei Bandscheibenprolaps L3-L5 arbeitsunfähig krankgeschrieben war.

Die Beklagte ließ beim Kläger eine Röntgenuntersuchung der HWS und BWS von Dr. H. durchführen, der in seinem hierüber erstellten Bericht vom 15.12.1997 angab, dass keine Hinweise für frische oder ältere knöcherne Verletzungen in den untersuchten Bereichen gefunden worden seien.

Nach Beiziehung der Schichtenbuchauszüge über die Tätigkeiten und Einsatzorte des Klägers unter Tage stellte der Technische Aufsichtsdienst der Beklagten (TAD) in einem Aktenvermerk vom 16.06.1998 fest, dass der Kläger in der Zeit vom 15.09.1980 bis 09.03.1998 in 165 Monaten Tätigkeiten ausgeübt habe, bei denen Heben und Tragen schwerer Lasten von mehr als 25 bzw. 20 kg (wirbelsäulenbelastende Tätigkeit) angefallen seien.

Die Beklagte holte sodann von Dr. Ca. ein fachchirurgisches Gutachten (erstattet am 17.09.1998) ein. Darin führte der Sachverständige aufgrund ambulanter klinischer und röntgenologischer Untersuchung am 17.09.1998 aus, die diagnostizierten Erkrankungen (chronisches Wirbelsäulensyndrom bei degenerativen Veränderungen der Brust- und Lendenwirbelsäule, Bandscheibendegeneration L4/L5 und L5/S1 sowie röntgenologisch erkennbare Veränderungen nach abgelaufenem M. Sch.) seien in überwiegendem Maße auf anlagebedingte Faktoren zurückzuführen. Die beruflichen Einwirkungen seien nicht als wesentlich ursächlich anzusehen, weshalb die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 21...

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