Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung französischer Beitragszeiten auf die Wartezeit von 35 Jahren bei einer Altersrente für langjährig Versicherte

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Feststellung, inwieweit Ausbildungszeiten als Beitragszeiten gem §§ 51 Abs 3, 54 Abs 1 Nr 1 Buchst b SGB 6 der Erfüllung der Wartezeit nach §§ 36 Nr 2, 236 Abs 1 Nr 2 SGB 6 dienen können, ist nicht auf die vom französischen Versicherungsträger bescheinigten Trimester, sondern auf die tatsächlich zurückgelegten Zeiten einer versicherungspflichtigen Beschäftigung abzustellen.

 

Orientierungssatz

Das Beitragstrimester ist keine Feststellung über Zeiträume (Zeiten), in denen nach französischem Recht versicherungsrechtlich erhebliche Tatbestände erfüllt worden sind (vgl BSG vom 23.4.1990 - 5 RJ 58/89 = SozR 3-2200 § 1246 Nr 4).

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für das Saarland vom 10.07.2002 sowie der Bescheid der Beklagten vom 07.06.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.12.1999 aufgehoben und der Bescheid der Beklagten vom 04.01.2002 abgeändert.

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 23.07.1997verurteilt, dem Kläger eine Altersrente für langjährig Versicherte gem. § 236 SGB VI ab dem 01.01.2000 zu gewähren.

Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte seiner außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren noch über die Gewährung einer Altersrente für langjährig Versicherte.

1936 geborene Kläger absolvierte in den Jahren 1951 bis 1954 in Frankreich eine Lehre als Maurer. Nachdem er am 27.10.1954 die Prüfung mit Erfolg abgelegt hatte, war er in den Folgejahren in Deutschland, Frankreich und Luxemburg versicherungspflichtig beschäftigt. Vom französischen Rentenversicherungsträger, der

Caisse regionale d‚assurance vieillesse d‚Alsace-Moselle

, sind für die Jahre von 1954 bis 1996 insgesamt 92 Beitragstrimester in der allgemeinen Rentenversicherung (regime general) und 20 Beitragstrimester in der Rentenversicherung der Handwerker (regime artisanal ) bescheinigt worden. In Deutschland war der Kläger in den Jahren 1961 bis 1965, 1991/92 in insgesamt 48 Kalendermonaten beitragspflichtig beschäftigt. Weiterhin hat der Kläger im Jahr 1991 insgesamt 4 Monate in Luxemburg gearbeitet.

Mit Bescheid vom 23.07.1997 lehnte die Beklagte einen Rentenantrag des Klägers vom 01.01.1997 auf Gewährung von Altersrente mit der Begründung ab, gem. Art. 48 Abs. 1 der Verordnung (EWG) 1408/71 vom 14.06.1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer, Selbständige und deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (EG-VO 1408/71) sei aus der deutschen Rentenversicherung kein Anspruch auf Rente gegeben, wenn die Gesamtdauer der nach deutschen Rechtsvorschriften zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten weniger als ein Jahr betrage. Der Kläger habe in Deutschland vom 01.12.1991 bis 03.09.1992 lediglich eine rentenrechtliche Zeit von 10 Monaten zurückgelegt.

Am 25.03.1999 beantragte der Kläger die Überprüfung dieses Bescheides mit der Begründung, er sei tatsächlich in Deutschland vom 17.07.1961 bis 01.01.1965 und erneut vom 01.12.1991 bis 03.08.1992 beschäftigt gewesen.

Mit Bescheid vom 07.06.1999 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass seinem Antrag vom 25.08.1997 - wobei ein derartiger Antrag in den Verwaltungsakten nicht enthalten ist - nicht entsprochen werden könne. Da der Kläger erst am 04.12.2001 das 65. Lebensjahr vollende, könne eine Altersrente gem. § 35 des 6. Buches des Sozialgesetzbuchs, Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) nicht gewährt werden. Da der Kläger lediglich 391 Kalendermonate zurückgelegt habe, die auf die Wartezeit von 35 Jahren anrechenbar seien, bestehe auch kein Anspruch auf Altersrente für langjährig Versicherte nach § 36 SGB VI oder auf Altersrente für Schwerbehinderte, Berufs- oder Erwerbsunfähige nach § 37 SGB VI. Da der Kläger nicht bei einem deutschen Arbeitsamt arbeitslos gemeldet sei und auch keine Altersteilzeit ausübe, bestehe auch kein Anspruch auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder Altersteilzeit gem. § 38 SGB VI.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch mit der Begründung ein, die Wartezeit von 35 Jahren für eine Altersrente für Erwerbsunfähige sei erfüllt. Bei den angegebenen 391 Kalendermonaten sei die Lehrzeit vom 01.10.1951 bis 30.06.1954 nicht berücksichtigt. In dieser Zeit sei er in Frankreich rentenversichert gewesen; wegen des niedrigen Einkommens hätten keine Versicherungstrimester für die Rentenberechnung herangezogen werden können, obwohl in der gesamten Zeit Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung bestanden habe. Nach Art. 45 EG-VO 1408/71 sei für die Berücksichtigung von Versicherungszeiten der Zeitraum, in dem tatsächlich eine versicherte Beschäftigung ausgeübt worden sei, unabhängig von den bestätigten Trimestern für Pflichtbeitragszeiten heranzuziehen. Mithin seien auf die War...

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