Verfahrensgang
SG für das Saarland (Urteil vom 21.09.1973; Aktenzeichen S 4 U 217/70) |
Tenor
Unter Abänderung des Bescheides der Beklagten vom 18. Juni 1970 und des Urteils des Sozialgerichts für das Saarland vom 21. September 1973 wird die Beklagte verurteilt, den Klägerinnen zu 1 und 3 Hinterbliebenenrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die außergerichtlichen Kosten – auch des Revisionsverfahrens – hinsichtlich der Klägerinnen zu 1 und 3 trägt die Beklagte; hinsichtlich der Klägerin zu 2 sind keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin zu 1 ist die Witwe, die Klägerinnen zu 2 und 3 sind die Waisen (geboren am … 1951 und am … 1964) des als Flugzeugführer bei der S. in S. tätig gewesenen H. J. (J). Er flog das Geschäftsreiseflugzeug dieser Gesellschaft, eine zweimotorige Beechcraft „Queen Air–. Am 02. Oktober 1969 überführte J das Flugzeug mit dem ebenfalls bei der Gesellschaft angestellten Flugzeugführer Wasescha vom Flugplatz S. nach N. in der Schweiz, um das Flugzeug einer 100-Stunden-Kontrolle unterziehen zu lassen. Es traf um 11.36 Uhr in N. ein. Um 16.38 Uhr landete dort – ebenfalls aus S. kommend – der Kaufmann L. P. (P) mit seiner zweimotorigen Beechcraft „Baron–. J und P kannten sieh. J. hatte den P des öfteren geschult. Um 17.40 Uhr starteten beide mit dem Flugzeug des P. Dieser hatte dabei auf dem linken Sitz und J auf dem rechten Platz genommen. Nach einem langen Start und flachen Steigflug stieg die Maschine steil hoch und führte einen Turn (Renversement) nach links aus. Hiernach stach sie aus der Gegenrichtung die Pistenmitte an, stieg wiederum hoch, geriet bei einer einem Renversement ähnlichen Figur in einer Höhe von 150 m über Grund in eine Vrille, schlug um 17.42 Uhr auf dem Platz auf und brannte aus. Beide Insassen wurden getötet.
Die Beklagte stellte Ermittlungen darüber an, welchem Zweck der Flug gedient hat. Sie hörte den Flugeinsatzleiter der S. W. R. Außerdem ließ sie die Witwe des P sowie den leitenden Angestellten der Firma P. in S., J. B. durch das Sozialgericht (SG) für das Saarland eidlich vernehmen. Der Beklagten standen ferner zwei Erklärungen des leitenden Angestellten H. von der Firma T. Schweiz, die auf dem Flugplatz N. einen luftfahrttechnischen Betrieb unterhält, und die 100-Stunden-Kontrolle durchführen sollte, zur Verfügung.
Durch Beseheid vom 18. Juni 1970 teilte die Beklagte der Klägerin zu 1 mit, daß J keinem Arbeitsunfall zum Opfer gefallen sei. Nach der Aussage der Witwe des P habe sich J für den 02. und 03. Oktober 1969 mit P verabredet, um diesem auf dessen neu erworbener Maschine zu schulen. J sei im seiner Eigenschaft als Fluglehrer verunglückt und nicht in Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Pilot seiner Arbeitgeberin.
Die beigeladene Berufsgenossenschaft für dem Einzelhandel hat durch Bescheid vom 09. Juli 1970 Entschädigungsansprüche der Hinterbliebenen des P ebenfalls abgelehnt. Nach Angaben des A. H. habe in dessen Büro unmittelbar vor dem Start der „Baron– zwischen P und J ein Gespräch stattgefunden, bei dem J gefragt habe, ob es möglich sei, mit dem Flugzeug des P einen Fluggast für die R. und S. am 04. Oktober 1969 nach Saarbrücken zu fliegen. P habe darin eingewilligt. Da J sich von dem einwandfreien Zustand der Maschine habe überzeugen wollen, sei beschlossen worden, zusammen einen Probeflug von einer halben Stunde zu unternehmen. Der zum Unfall führende Flug sei daher ausschließlich im Interesse der R. W. bzw. der S. erfolgt.
Im Klageverfahren, in dem das SG das Verfahren J mit dem Verfahren P zunächst verbunden, in der mündlichen Verhandlung vom 21. September 1973 „zwecks Entscheidung– wieder getrennt und die Berufsgenossenschaft für den Einzelhandel beigeladen hatte, wurden der Bericht des Untersuchungsleiters K. L. vom Büro für Flugunfalluntersuchung des Eidgenössischen Luftamtes vom 29. April 1971 und der Schlußbericht der Eidgenössichen Flugunfall-Untersuchungskommission vom 24. Juni 1971 beigezogen sowie der kaufmännische Angestellte R. und der Flugzeugführer W. als Zeugen vernommen. Durch Urteil vom 21. September 1973 hat das SG die Klagen der Klägerinnen auf Hinterbliebenenentschädigung abgewiesen und dabei die Auffassung vertreten, es sei nicht hinreichend wahrscheinlich, daß der Unfallflug ein Kontrollflug im Interesse der S. gewesen sei.
Auf die Berufung der Klägerinnen hat der erkennende Senat durch Urteil vom 01. März 1977 die Beklagte verurteilt, den Klägerinnen als Hinterbliebenen die gesetzlichen Leistungen aus der Unfallversicherung zu gewähren.
Zur Begründung hat er ausgeführt: Bei dem zum Unfall führenden Flug habe es sich um einen von J in seiner Eigenschaft als Pilot der S. unternommenen Probeflug gehandelt, der dem Zweck gedient habe, daß Flugzeug des P auf seine Einsatzbereitschaft zu prüfen, um mit dieser Maschine an Stelle des nicht rechtzeitig zur Verfügung stehendem 04. Oktober 1969, einen Gast der R. und S. von Z. nach S. zu befördern. Wegen de...