Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosenhilfe. Ruhen des Anspruchs wegen Sperrzeit. wichtiger Grund. gesundheitliche Einschränkungen. Beweislast. Einbeziehung der Aufrechnungsentscheidung in den Streit um die Rückforderung. Bindungswirkung des Anerkenntnisses

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wird nach der Aufhebung der Bewilligung verbunden mit der Rückforderung der Leistungen in einem gesonderten Bescheid die Aufrechnung der Erstattungsforderung mit laufenden Leistungen erklärt, ist der zweite Bescheid weder nach § 86 SGG noch nach § 96 SGG in den Streit um den ersten Bescheid einbezogen.

2. Im Unterschied zum Vergleichsvorschlag bleibt der Beklagte auch dann an sein Anerkenntnis gebunden, wenn der Kläger es nicht annimmt.

3. Der Beklagte ist grundsätzlich dafür beweispflichtig, dass kein die Sperrzeit ausschließender wichtiger Grund vorliegt, es sei denn, der Arbeitslose hat sich nachträglich auf gesundheitliche Einschränkungen berufen, die nicht weiter aufklärbar sind, weil die Agentur für Arbeit mangels entsprechender zeitnaher Angaben keinen Anlass hatte, diese rechtzeitig aufzuklären.

 

Normenkette

SGG §§ 86, 96, 101 Abs. 2; SGB III § 144 Abs. 1 Nr. 2

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts vom 17. Juni 2003 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

2. Die Beteiligten haben einander für beide Rechtszüge keine Kosten zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) in der Zeit vom 11. November 2000 bis 02. Februar 2001 wegen Feststellung einer Sperrzeit zu Recht geruht hat und ob die Klägerin verpflichtet ist, die von der Beklagten erbrachten Leistungen in Höhe von 3.532,80 DM zu erstatten.

Die 1953 geborene Klägerin erlernte keinen Beruf und war in der Zeit vom 09. März 1994 bis 22. Mai 1998 in der J.V.A. inhaftiert. Ab 25. Mai 1998 bezog sie Arbeitslosengeld (Alg). Der Anspruch war am 04. April 2000 erschöpft.

Am 07. Februar 2000 beantragte die Klägerin die Bewilligung von Alhi. Sie gab unter anderem in ihrem Antrag an, einen Nebenverdienst von monatlich 300,– DM zu erzielen. Tatsächlich verdiente die Klägerin in der Zeit von 01. Februar bis 31. Oktober 2000 in der P.H.” in O. im Monat 630,– DM. Von 1. bis 15. November 2000 betrug ihr Verdienst 280,– DM.

Ab 04. April 2000 bezog die Klägerin Alhi in Höhe eines wöchentlichen Leistungssatzes vom 295,26 DM auf Grund eines Bemessungsentgelts von 910,– DM nach der Leistungsgruppe A, Kindermerkmal 0.

Nachdem mit den nicht im Streit stehenden Bescheiden vom 07. Juni, 01. September und 10. November 2000 die Entscheidung über die Bewilligung von Alhi wegen der Berücksichtigung eines Nebenverdienstes gemäß § 141 des Dritten Buchs des Sozialgesetzbuchs – Arbeitsförderung – (SGB III) in der Fassung des 1. SGB III-Änderungsgesetz(-ÄndG) vom 16. Dezember 1997 (BGBl I, 2970) zum Teil gemäß § 48 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs – jetzt: Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) i. V. m. § 330 SGB III aufgehoben wurde, erhielt die Klägerin ab 01. August 2000 Alhi in Höhe eines wöchentlichen Leistungssatzes von 222,60 DM.

Nach einem Beratungsvermerk vom 23. November 2000 teilte die Klägerin der Beklagten mit, seit 10. November 2000 arbeitsunfähig zu sein. Sie habe angegeben, dass sie die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sowie die ärztliche Bescheinigung vor einer Woche an das Arbeitsamt (ArbA) gesandt habe. Weiterhin ist vermerkt, Unterlagen lägen dem ArbA bislang nicht vor; die Klägerin werde bis spätestens 29. November 2000 eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und eine ärztliche Bescheinigung abgeben; sie habe überdies mitgeteilt, seit 15. November 2000 kein Nebeneinkommen mehr zu erzielen.

Ab 16. November 2000 wurden an die Klägerin wöchentlich wiederum 295,26 DM ohne Anrechnungsbetrag ausgezahlt; ab 01. Januar 2001 betrug der wöchentliche Leistungssatz 304,08 DM.

Am 31. Oktober 2000 unterbreitete die Beklagte der Klägerin ein Stellenangebot als Ausgrabungsarbeiterin im Rahmen einer von der Kulturstiftung des Landkreises M.W. geleiteten Freilegung einer römischen Großvillenanlage in P.B.. In dem Antwortschreiben des Landkreises M.W. an die Beklagte in Bezug auf die angebotene Stelle teilte die Kulturstiftung für den Landkreis M.W. mit, die Klägerin habe sich am 06. November 2000 telefonisch beworben. Sie sei nicht eingestellt worden, weil sie mit der Begründung, zurzeit krank geschrieben zu sein, abgesagt habe.

Näher zu der Art der Tätigkeit befragt, führte die Kulturstiftung für den Landkreis M.W. mit Schreiben vom 03. April 2002 aus, dass seit 01. April 1987 eine römische Großvillenanlage aus dem 1. bis 4. Jahrhundert nach Christus ausgegraben und wissenschaftlich ausgewertet werde. Das Arbeitsamt S. vermittele jeweils für ein Jahr Arbeitslose in diese Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM), unter anderem als Ausgrabungsarbeiter. Die Grabungsarbeiten gestalteten sich dabei wie folgt:

Zunächst würden die jeweils auszugrabenden Fläch...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge