Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Aufhebung. Genehmigung zur Übernahme eines Versorgungsauftrages zur Behandlung chronisch-niereninsuffizienter Patienten. Arzt-Patienten-Schlüssel. Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsaktes. Vertrauensschutz. Ermessen

 

Orientierungssatz

Zur Rechtmäßigkeit der Aufhebung eines Bescheides über die Erteilung einer Genehmigung zur Übernahme eines Versorgungsauftrages nach Anlage 9.1 des Bundesmantelvertrags für Ärzte (BMV-Ä).

 

Normenkette

BMV-Ä/EKV Anl. 9.1 §§ 4, 7; SGB X § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2, § 49; SGG § 96 Abs. 1

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 30.11.2016; Aktenzeichen B 6 KA 35/16 B)

 

Tenor

Die Klage der Kläger gegen den Bescheid der Beklagten vom 26.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.07.2014 wird abgewiesen.

Es wird festgestellt, dass das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 18.07.2012 sowie die dagegen eingelegte Berufung der Beklagten gegenstandslos sind.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreites bis zur Erledigung des Berufungsverfahrens. Die Kosten des sich anschließenden Klageverfahrens tragen die Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Bescheides, mit dem der Klägerin zu 5) die Genehmigung zur Übernahme eines Versorgungsauftrages nach Anlage 9.1 des Bundesmantelvertrages für Ärzte (BMV-Ä) erteilt worden war.

Die Kläger zu 1) bis 4) sind als Fachärzte für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Nephrologie zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen; die Kläger zu 1) bis 3) haben sich zu einer Berufsausübungsgemeinschaft in der Rechtsform eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes (Klägerin zu 5)) zusammen geschlossen; der Kläger zu 4) ist im Anstellungsverhältnis bei der Klägerin zu 5) beschäftigt.

Mit Schreiben vom 01.03.2011 beantragte die Klägerin zu 5) die Zusicherung eines 4. Versorgungsauftrages nach Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV und führte hierbei aus, dass die Praxis zur Zeit 148 Patienten betreue, die einer dauerhaften Nierenersatztherapie bedürften; darüber hinaus zwei weitere Patienten, die eine chronische Lipidapherese-Therapie benötigten. Ferner befänden sich weitere drei Patienten stationär, bei denen die Dialysebehandlung bereits begonnen worden sei. Zwar erfolge die Abrechnung dieser Behandlung zur Zeit mit dem Krankenhausträger; nach der Entlassung würden die Patienten in ein chronisches Dialyseprogramm übernommen werden. Weiter würden in der Praxis der Klägerin zu 5) mehrere Dutzend Patienten mit weit fortgeschrittener Nierenfunktionseinschränkung betreut werden. Einige davon würden in den kommenden acht bis zwölf Wochen des Anschlusses an die chronische Nierenersatztherapie bedürfen. Mit ergänzendem Schreiben vom 04.04.2011 teilte die Klägerin zu 5) mit, dass der weitere Versorgungsauftrag dem Kläger zu 4) erteilt werden solle. Darüber hinaus habe sich die im Schreiben vom 01.03.2011 angedeutete Entwicklung der Patientenzahl bestätigt.

Nach Herstellung des Einvernehmens mit den Beigeladenen erteilte die Beklagte mit Bescheid vom 27.06.2011, adressiert an den Kläger zu 4) wie auch die Klägerin zu 5), die Genehmigung zur Übernahme eines weiteren Versorgungsauftrages nach Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV für die Betriebsstätte B.-weg, N.

Mit Schreiben vom 23.09.2011 teilte die Beklagte der Klägerin zu 5) mit, dass das Medizinische Versorgungszentrum Sa. GmbH, Herr Dr. St., Herr Dr. Bo. und die Gemeinschaftspraxis Dres. Bo. und St. Widerspruch gegen den vorgenannten Bescheid vom 27.06.2011 erhoben hätten.

Mit dem Bescheid vom 30.01.2012 hob die Beklagte ihren Bescheid vom 27.06.2011 auf. Gemäß § 7 Abs. 2 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV i.V.m. § 5 Abs. 7c der Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren müsse der Arzt oder die Einrichtung die Tätigkeit eines weiteren Arztes nachweisen, wenn pro Jahr kontinuierlich eine bestimmte Anzahl von Patienten behandelt würden. Im klägerischen Falle wäre in der Einheit ein weiterer Arzt dann erforderlich gewesen, wenn die drei bereits mit Versorgungsauftrag tätigen Ärzte kontinuierlich mehr als 150 Patienten behandelt hätten. Dies hingegen sei nicht der Fall gewesen. Die Anzahl der behandelten Patienten habe vielmehr um 135 geschwankt, ohne jedoch eine Anzahl von 140 jemals zu überschreiten. Bei dieser Sachlage hätte die streitgegenständliche Genehmigung nicht erteilt werden dürfen. Da Drittbetroffene Rechtsmittel gegen den rechtswidrigen Bescheid eingelegt hätten, habe dieser aufgehoben werden müssen. Darüber hinaus sei die Beklagte auch berechtigt gewesen, den streitgegenständlichen Bescheid nach § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB X zurückzunehmen, wonach ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden sei, unter den Einschränkungen der weiteren Absätze 2 bis 4 des § 45 SGB X ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden könne. Vorliegend seien die Voraussetzungen nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 SGB X erfüllt. So habe im Rahm...

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