Entscheidungsstichwort (Thema)
Unfallfolge. hirnorganisches Psychosyndrom. wesentliche Änderung
Leitsatz (redaktionell)
Ob eine wesentliche Änderung in den Unfallfolgen eingetreten ist, ist einzelfallabhängig unter Vergleich aller wesentlichen Vorbefunde mit den aktuell erhobenen Befunden zu klären.
Kommt ein hirnorganisches Psychosyndrom als Unfallfolge in Betracht, so ist eine differenzierte ätiologische Zuordnung erforderlich.
Normenkette
SGB X § 48 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
SG für das Saarland (Urteil vom 04.02.2002) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 04.02.2002 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Folgen des Arbeitsunfalles, den der Kläger am 23.10.1969 erlitten hat, eine Erhöhung der MdE von 80 v.H. auf 100 v.H. bedingen.
1941 geborene Kläger war bei der V.… Hütte beschäftigt und erlitt dort am 23.10.1969 einen Arbeitsunfall, der zu einer Amputation des rechten Armes im unteren Drittel des Oberarmes führte. Nach dem Unfall arbeitete er bis 1990 in der Poststelle der V.H. und anschließend in der Behindertenwerkstatt (Buchbinderei und Druckerei). Seit 1991 ist der Kläger erwerbsunfähig berentet.
Nach Einholung nervenfachärztlicher Befundberichte von Dr. Sch.… vom 30.01.1970 und 09.06.1970 sowie eines Ersten Rentengutachtens vom 07.09.1970 bei Dr. H.… und eines Zweiten Rentengutachtens vom 05.08.1971 bei Dr. Ho.… bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 16.09.1971 eine Verletztenrente unter Zugrundelegung einer MdE von 70 v.H..
Einen Verschlimmerungsantrag des Klägers vom 11.12.1983 lehnte die Beklagte nach Einholung eines Zweiten Rentengutachtens vom 03.02.1984 bei Dr. Th.… mit Bescheid vom 27.02.1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.08.1984 ab. Die dagegen erhobene Klage wies das Sozialgericht für das Saarland (SG) nach Einholung eines orthopädischen Gutachtens vom 01.04.1985 bei Prof. Dr. F.… und eines psychiatrischen Gutachtens vom 24.06.1985 bei Dr. B.… mit Urteil vom 30.09.1985 ab (S 4 U 134/84).
Im Berufungsverfahren (L 2 U 70/85) wurden weitere medizinische Unterlagen sowie ein nervenfachärztliches Gutachten vom 09.12.1987 nebst einer ergänzenden Stellungnahme vom 06.05.1988 bei Prof. Dr. W.… und ein psychologisches Zusatzgutachten vom 13.08.1987 bei Dipl.-Psych. U.… eingeholt.
Das Berufungsverfahren endete durch ein Anerkenntnis der Beklagten, in dem sich diese bereit erklärte, Rente nach einer MdE von 80 v.H. ab dem 23.10.1979 zu zahlen. Das Anerkenntnis wurde durch Bescheid vom 16.09.1988 ausgeführt.
In der Folgezeit zog die Beklagte ärztliche Berichte von Dr. K.… vom 02.05.1988, 20.09.1988, 20.10.1988 und 13.01.1989 sowie ein nervenärztliches Gutachten vom 13.03.1991 von Prof. Dr. W.…, das im Rahmen eines sozialgerichtlichen Rentenverfahrens erstattet worden ist, bei.
Am 23.10.1997 beantragte der Kläger eine Erhöhung der Unfallrente, da eine Verschlimmerung der Unfallfolgen eingetreten sei. Die Phantomschmerzen und sein Kreuzleiden hätten sich verschlimmert. Auch die Beweglichkeit des linken Armes sei stark eingeschränkt. Linker Arm, Hüftgelenke und Kniegelenke seien durch die Belastung infolge des Verlustes des rechten Armes abgenutzt und verbraucht. Sie ließen sich nur noch unter starken Schmerzen bewegen.
Nach Einholung medizinischer Unterlagen sowie eines röntgenologischen Zusatzgutachtens vom 03.12.1998 bei Prof. Dr. Hu.…, eines psychologischen Gutachtens vom 04.12.1998 bei Dipl.-Psych. U.…, eines psychiatrischen Gutachtens vom 09.03.1999 sowie einer ergänzenden Stellungnahme vom 07.01.2000 bei PD Dr. He.… und eines orthopädischen Gutachtens vom 02.02.2001 bei Prof. Dr. Schm.… lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 03.05.2001 den Antrag ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, nach den eingeholten Gutachten liege eine wesentliche Verschlimmerung der Unfallfolgen nicht vor.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch und legte ein ärztliches Attest vom 02.05.2001 von R.… Ku.… vor. In dem Attest heißt es, die Phantomschmerzen des Klägers hätten sich in den letzten Jahren stark verschlimmert. Infolge des Verlustes des rechten Armes hätten sich zunehmende Wirbelsäulenbeschwerden entwickelt. Durch die Überbelastung des linken Armes hätten sich inzwischen starke Schmerzen im linken Ellenbogen und in der linken Schulter entwickelt. Die Schmerzen in der linken Schulter strahlten in die Halswirbelsäule aus und verursachten ständig Kopfschmerzen und Schwindel. Es beständen weiterhin zunehmende Schmerzen in der Lendenwirbelsäule und in den Hüftgelenken mit Ausstrahlen in beide Leisten. Wegen der starken Kniebeschwerden bekomme der Kläger regelmäßig Injektionsbehandlungen und starke Schmerztropfen. Infolge der multiplen unfallbedingten Beschwerden und der daraus resultierenden fehlenden Belastbarkeit leide der Kläger unter starker Nervosität, Schlafstörungen, schwerem Schwitzen und dadurch bedingten Ekze...