Verfahrensgang

SG für das Saarland (Urteil vom 21.12.1988; Aktenzeichen S 1 K 47/88)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 21.12.1988 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1).

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Genehmigung zur Errichtung einer Betriebskrankenkasse (BKK) der Beigeladenen zu 1).

Die beigeladene … mit Sitz in Saarbrücken stellte am 27.03.1987 Antrag auf Errichtung einer BKK für ihr im Saarland tätiges Unternehmen mit ca. 3500 Arbeitnehmern. Der Beklagte genehmigte die Errichtung der BKK nach Zustimmung von 57,8 v.H. der beteiligten volljährigen Arbeitnehmer des Unternehmens und Anhörung der Klägerin mit Bescheid vom 18.10.1988 zum 01.01.1989. Der Bescheid wurde nicht begründet.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 21.12.1988 die Klage abgewiesen und im wesentlichen ausgeführt, der Genehmigungsbescheid sei nicht schon mangels Begründung rechtswidrig, weil eine andere Entscheidung in der Sache nicht hätte getroffen werden können (§ 42 SGB 10). Unter Beachtung der Grundsätze des BSG im Urteil vom 17.07.1985 (1 RR 8/84) gefährde die Errichtung der BKK auch nicht die Leistungsfähigkeit der Klägerin, zumal nach ihren eigenen Berechnungen der Verlust von 2146 Mitgliedern lediglich eine Beitragserhöhung von 0,1 bis 0,2 % Punkten bedinge. Zwar könnten die Grundsätze des BSG, wonach die Leistungsgefährdung einer AOK infolge Errichtung einer BKK nur im Vergleich mit anderen AOKn in der gleichen Region bzw. demselben Land zu ermitteln sei, im Saarland nicht unmittelbar angewendet werden, weil die Klägerin die einzige AOK des Saarlandes sei. Ein Vergleich mit dem durchschnittlichen Beitragssatz der AOKn von Rheinland-Pfalz zeige jedoch, daß der Beitrag der Klägerin auch nach Errichtung der BKK nur unwesentlich über diesen Vergleichskassen liege. Die Ansicht der Klägerin, daß zur Feststellung einer Leistungsgefährdung der Vergleich mit anderen Kassenarten, mit denen sie in unmittelbarem Wettbewerb stehe, heranzuziehen sei, könne nicht gefolgt werden.

Die Klägerin hat gegen dieses Urteil mit einem am 23.12.1988 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt.

Der Beklagte hat mit Bescheid vom 23.12.1988 die Begründung zum Bescheid vom 18.10.1988 nachgeholt und hierbei im wesentlichen ausgeführt, auf der Grundlage des Urteils des BSG vom 17.07.1985 liege eine Leistungsgefährdung der AOK auch bei einer unterstellten Beitragserhöhung um 0,5 % Punkten unter Einschluß weiterer Mitgliederverluste nicht vor, wobei zum Vergleich der Durchschnittsbeitragssatz der AOKn in Rheinland-Pfalz heranzuziehen sei.

Der Senat hat mit Beschluß vom 28.12.1988 die einstweilige Aussetzung der Vollziehung des Bescheides vom 23.12.1988 angeordnet.

Die Klägerin ist unter Hinweis auf Knispel (DOK 1988 S. 80) der Ansicht, daß die Kriterien für eine Leistungsgefährdung nach § 248 Nr. 1 RVO anders als im Urteil des BSG vom 17.07.1985 zu bestimmen seien. Die Leistungsfähigkeit der AOKn bestimme sich ausschließlich nach ihrer Wettbewerbsfähigkeit im Kampf um sogenannte gute Risiken mit konkurrierenden Kassenarten, wie den Ersatz-, Innungs- und Betriebskrankenkassen, nicht dagegen mit anderen AOKn, unter denen kein Wettbewerb um Mitglieder möglich sei. Bei grundsätzlich gleichem Leistungsangebot aller gesetzlichen Krankenkassen sei Maßstab der Wettbewerbsfähigkeit die Höhe der Beitragssätze. Wenn die konkurrierenden Kassenarten wesentlich günstigere Beitragssätze hätten, seien erhebliche Mitgliederverluste an diese unvermeidbar. Hierbei handele es sich in aller Regel um Angestellte oder Facharbeiter mit überdurchschnittlichem Verdienst und somit um überdurchschnittlich gute Risiken, wodurch weitere Beitragserhöhungen der AOKn ausgelöst würden. Diese Entwicklung setze eine existenzgefährdende Auszehrungsspirale in Gang. Dem Anliegen des Gesetzgebers, die AOKn als Basiskassen des gesetzlichen Krankenkassensystems leistungs- und wettbewerbsfähig zu erhalten, entspräche es daher nicht, die Leistungsfähigkeit der AOKn ausschließlich an der Höhe der Beitragssätze vergleichbarer AOKn zu messen. Dieser Vergleichsmaßstab führe im Ergebnis dazu, daß selbst bei weit überdurchschnittlicher Beitragshöhe aller AOKn die beitragserhöhende Errichtung weiterer Innungs- oder Betriebskrankenkassen zulässig sei. Im übrigen ließen sich die Kriterien des BSG im Urteil vom 17.07.1985 vorliegend schon deshalb nicht anwenden, weil es im Saarland nur eine AOK und daher auch keinen Finanzausgleich auf Landesebene nach § 414 b Abs. 2 a RVO bzw. ab 01.01.1989 nach § 266 SGB 5 gäbe. Der Vergleich mit den AOKn von Rheinland-Pfalz sei im übrigen willkürlich.

Die Annahme einer konkreten Leistungsgefährdung durch Errichtung der BKK der Beigeladenen begründet die Klägerin im einzelnen wie folgt: Der Verlust von … Mitglieder an die Beigeladene zu 2) bedinge aufgrund der überdurchschnittlichen Grundlohnsumme von … DM gegenüber der ...

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