Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufskrankheit. arbeitstechnische Voraussetzung. Mainz-Dortmunder-Dosismodell. bandscheibenbedingte Erkrankung der Wirbelsäule
Orientierungssatz
Zur Nichtanerkennung einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule eines Mechanikers, der bis zu 20 mal täglich bis zu 25 kg schwere Lasten vom Boden aufnehmen und auf einer Abstellfläche eines 85 cm hohen Arbeitstisches abstellen muss, als Berufskrankheit gem. BKV Anl Nr 2108 mangels Vorliegens der arbeitstechnischen Voraussetzung auf Grund der Berechnung nach dem Mainz-Dortmunder-Dosismodell.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die bei dem Kläger vorliegenden Wirbelsäulenbeschwerden als Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) anzuerkennen und zu entschädigen sind.
Der im Jahre 1949 geb. Kläger erlernte in der Zeit von 1964 bis 1967 den Beruf des Mechanikers bei der Firma B in H und ist seit dieser Zeit in dem Unternehmen als Mechaniker beschäftigt. Seit dem Jahre 1974 ist er an einer Universal-Tisch-Bohrmaschine eingesetzt, wobei er in nach vorn gebeugter Körperhaltung im Stehen arbeitet. Im Rahmen seiner Tätigkeit hat er bis zu 20 mal täglich bis zu 25 kg schwere Materialkisten vom Boden aufzunehmen und auf der Abstellfläche des 85 cm hohen Arbeitstisches abzustellen. Im Rahmen der Tätigkeit des Klägers sind ständige Werkzeugwechsel an der Bohrmaschine erforderlich. Dabei müssen die bereit gestellten Werkzeuge in ca. 80 cm Entfernung seitlich neben dem Körper gegriffen und in die Aufnahme der Maschine eingeführt werden, wobei der Körper in verdrehter Stellung nach vorne gebeugt ist und eine Abstützung mit der anderen Hand nicht möglich ist, da diese den Entriegelungshebel der Bohrfutteraufnahme bedient.
Im Dezember 1999 zeigte die Ärztin für Allgemeinmedizin M aufgrund von Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers das Vorliegen einer Berufskrankheit an.
Die Beklagte zog in der Folgezeit ärztliche Befundberichte bei und holte eine Arbeitgeberauskunft der Firma B, einen am 06.04.2000 abgegebenen Bericht ihres Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) und eine am 20.06.2000 abgegebene Stellungnahme des Staatlichen Gewerbearztes ein und lehnte durch Bescheid vom 03.07.2000 die Anerkennung der Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers als Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV ab, wobei sie im Wesentlichen ausführte, die Gesamtbelastung des Klägers am Arbeitsplatz sei von ihrer Präventionsabteilung als Richtdosiswert berechnet worden. Die von dem Kläger als belastend empfundene Körperhaltung beim Bedienen der Tisch-Bohrmaschine stelle keine extreme Rumpfbeugehaltung im Sinne des ärztliches Merkblatts zur BK-Nr. 2108 dar. Dies sei nur dann gegeben, wenn der Oberkörper um mehr als 90° aus einer aufrechten Haltung heraus gebeugt werde. Die Körperhaltung könne daher bei der Berechnung nicht berücksichtigt werden. Die übrigen Belastungen hätten einen Wert ergeben, der weit unterhalb des Wertes liege, bei dem grundsätzlich mit dem Risiko einer bandscheibenbedingten Erkrankung gerechnet werden müsse. Die Tätigkeiten des Klägers am Arbeitsplatz hätten somit keine ausreichende Gefährdung durch das Heben von Lasten für die Anerkennung als Berufskrankheit ergeben.
Nach Einholung einer weiteren Stellungnahme ihres TAD wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers durch Widerspruchsbescheid vom 04.12.2000 zurück, wobei sie im Wesentlichen die Begründung ihres Ausgangsbescheids wiederholte.
Im anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht für das Saarland (SG) die Klage durch Gerichtsbescheid vom 09.02.2001 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, bei dem Kläger komme einzig die Nr. 2108 der Anlage zur BKV als Berufskrankheit in Betracht. Voraussetzung sei jedoch, daß es sich um eine beruflich bedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule (LWS) handele. Dabei müßten sowohl die arbeitstechnischen Voraussetzungen vorliegen als auch die medizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit erfüllt sein. Vorliegend lägen bereits die arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht vor. Der Kläger sei während seiner beruflichen Tätigkeit keinen Gesamtbelastungen am Arbeitsplatz ausgesetzt gewesen, die geeignet gewesen seien, eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV zu verursachen. Das Arbeiten in verdrehter Körperhaltung reiche nicht aus, um eine Berufskrankheit anzuerkennen bzw. einen Schaden im Sinne der BK-Nr. 2108 der Anlage zur BKV zu verursachen. Die von dem Kläger als belastend empfundene Körperhaltung beim Bedienen der Tischbohrmaschine stelle keine extreme Rumpfbeugehaltung im Sinne des ärztlichen Merkblatts zur BK-Nr. 2108 der Anlage zur BKV dar. Die Beklagte führe zu Recht aus, dies sei nur dann gegeben, wenn der Oberkörper um mehr als 90° aus einer aufrechten Haltung heraus gebeugt werde. Dieses sei eindeutig nicht der Fall. ...