Leitsatz (amtlich)
Die Kostenübernahme für eine Auslandsbehandlung kommt nur dann in Betracht, wenn eine dem allgemeinen anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung im Inland überhaupt nicht oder nicht rechtzeitig, d.h. nicht innerhalb einer nach den Umständen des Einzelfalles zumutbaren Wartezeit, zur Verfügung gestellt werden kann.
Verfahrensgang
SG für das Saarland (Gerichtsbescheid vom 31.05.1996; Aktenzeichen S 1 K 16/95) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen denGerichtsbescheid desSozialgerichts für das Saarland vom31. Mai 1996 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Übernahme der Kosten einer von Dr. K. in der Ukraine durchgeführten manualtherapeutischen Behandlung.
Die am xx geborene Klägerin ist über ihre Mutter bei der Beklagten familienversichert. Sie leidet infolge eines frühkindlichen Hirnschadens an einer Tetraspastik und Oligoepilepsie.
Mit Schreiben vom 11.08.1994 teilte die Mutter der Klägerin der Beklagten mit, sie habe die Klägerin zu einer manualtherapeutischen Therapie bei Dr. K. in der Ukraine angemeldet. Da in Deutschland alle Therapieformen ausgeschöpft und keine weiteren Erfolge zu erwarten seien, bitte sie um Übernahme der Kosten für die Behandlung bei Dr. K.. Die Behandlungsdauer betrage 14 Tage im Abstand von jeweils einem halben Jahr. Die Kosten für eine Behandlung beliefen sich auf etwa 8.000,– DM. Sie hoffe, bei der Klägerin mit drei Behandlungszyklen auszukommen.
Die Beklagte holte ein sozialmedizinisches Gutachten (vom 23.09.1994) beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung im Saarland (MDK) ein, der feststellte, daß eine manualtherapeutische Behandlung unter ambulanten und stationären Bedingungen auch in Deutschland, in der Theresienklinik Bad Krozingen, möglich sei. Diese Therapie sei der vorgeschlagenen Therapie in der Ukraine aus medizinischer Sicht eindeutig vorzuziehen und sei von den Medizinischen Diensten in ähnlich gelagerten Fällen bereits mehrfach befürwortet worden.
Mit Bescheid vom 04.11.1994, der an die Mutter der Klägerin gerichtet war, lehnte die Beklagte eine Kostenbeteiligung an der geplanten Behandlung bei Dr. K. ab. Da mit der Ukraine kein Abkommen bestehe, werde für Behandlungen in diesem Land die Ruhensbestimmung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) wirksam. Der MDK befürworte eine Behandlung in der Theresienklinik Bad Krozingen, die aus medizinischer Sicht der Behandlung in der Ukraine eindeutig vorzuziehen sei. Sie – die Beklagte – sei deshalb bereit, die Kosten der ambulanten Behandlung in der Theresienklinik Bad Krozingen zu übernehmen. Weiterhin erkläre sie sich bereit, die Kosten einer Unterbringung mit einem Betrag von bis zu 53,– DM pro Tag für längstens 4 Wochen sowie die entstehenden Verpflegungskosten pro Person mit einem Betrag von 33,– DM zu übernehmen. Auch die Fahrtkosten nach Bad Krozingen könnten erstattet werden. Da die Mutter für die geplante Maßnahme unbezahlten Urlaub nehmen wolle, werde der entstehende Verdienstausfall von der Beklagten als ergänzende Leistung zur Behandlung übernommen, allerdings nur bei der Inanspruchnahme der Leistungen in Bad Krozingen. Sofern die Klägerin den Termin in der Ukraine wahrnehme, scheide auch eine Kostenübernahme des Verdienstausfalles aus.
Der gegen diesen Bescheid erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 06.01.1995 zurückgewiesen. Zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Ukraine bestehe kein Sozialversicherungsabkommen, so daß für Behandlungen in der Ukraine die Ruhensbestimmung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V für den Leistungsanspruch wirksam werde. Auch aus § 18 Abs. 1 SGB V lasse sich ein Leistungsanspruch nicht herleiten, da der MDK in seinem Gutachten zu dem Ergebnis gelangt sei, daß eine manualtherapeutische Behandlung unter ambulanten und stationären Bedingungen auch in Deutschland in der Theresienklinik Bad Krozingen möglich und der in der Ukraine durchgeführten Behandlung aus medizinischer Sicht eindeutig vorzuziehen sei.
Gegen diesen Bescheid hat die Mutter der Klägerin Klage erhoben. Im Laufe des Klageverfahrens ist die Klage dahingehend geändert worden, daß die Tochter als Klägerin an die Stelle ihrer Mutter getreten ist.
Das Sozialgericht für das Saarland (SG) hat die auf Übernahme der Kosten für die Behandlungen bei Dr. K. in den Zeiten vom 04. bis 18.12.1994 und 30.07. bis 06.08.1995 gerichtete Klage mit Gerichtsbescheid vom 31.05.1996 abgewiesen. In den Gründen hat es ausgeführt, die vorgenommene Klageänderung in Form des Klägerwechsels sei gem. § 99 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sachdienlich gewesen und damit zulässig. Die Einbeziehung der Behandlung vom 30.07. bis 06.08.1995, die erst nach Klageerhebung durchgeführt worden sei, sei als Klageänderung im Sinne einer Klageerweiterung gem. § 99 SGG anzusehen, die zulässig sei, da das Gericht sie für sachdienlich halte. Einschläg...