Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Klage gegen eine Entscheidung der Schiedsstelle nach § 80 SGB 12. eingeschränkte gerichtliche Kontrolle. Übertragbarkeit der Rechtsprechung des BSG zur Überprüfung von Entscheidungen der Schiedsstelle nach § 76 SGB 11. Vereinbarung einer leistungsgerechten Vergütung. Plausibilität der voraussichtlichen Gestehungskosten. externer Vergleich. vollständige Sachverhaltsaufklärung. Fehlen einer Vergleichsliste zu den Personalkosten. Überschreitung des unteren Drittels. keine ausreichende Begründung der Angemessenheit
Orientierungssatz
1. Entscheidungen der Schiedsstellen nach § 80 SGB 12 sind nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar. Die Gerichte können lediglich überprüfen, ob die Ermittlung des Sachverhalts in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs erfolgt ist, ob zwingendes Gesetzesrecht beachtet und ob der bestehende Beurteilungsspielraum eingehalten worden ist, wobei die gefundene Abwägung durch die Schiedsstelle Eingang in die Begründung des Schiedsspruchs gefunden haben muss (vgl BVerwG vom 28.2.2002 - 5 C 25/01 = BVerwGE 116, 78 und BSG vom 17.12.2009 - B 3 P 3/08 R = BSGE 105, 126 = SozR 4-3300 § 89 Nr 2).
2. Die Rechtsprechung des BSG zur Überprüfung von Entscheidungen der Schiedsstelle nach § 76 SGB 11 ist bei der gerichtlichen Kontrolle von Schiedssprüchen der Schiedsstelle nach § 80 SGB 12 mit Einschränkungen entsprechend heranzuziehen. Allerdings ist die Überprüfung der Entscheidung der Schiedsstelle nach § 80 SGB 12 hinsichtlich des Grundsatzes der Sparsamkeit zu erweitern.
3. Der Schiedsstelle obliegt es, sich vor ihrer Entscheidung die dafür notwendigen Unterlagen zu beschaffen, zu denen zwecks Durchführung des gebotenen Vergleichs auch eine Vergleichsliste zu den Personalkosten gehört. Diese Aufklärungsverpflichtung folgt aus dem in § 20 SGB 10 niedergelegten Untersuchungsgrundsatz, der auch im Schiedsverfahren gilt.
4. Liegen die geltend gemachten Aufwendungen und somit die darauf basierende Vergütung oberhalb des unteren Drittels der Vergütungen vergleichbarer Einrichtungen, kann sich die Vergütungsforderung nur dann als leistungsgerecht und angemessen erweisen, wenn sich Gründe für einen höheren Aufwand insbesondere aus Besonderheiten im Versorgungsvertrag der Einrichtung ergeben, etwa aus besonders personalintensiven Betreuungserfordernissen, aus besonderen Leistungsangeboten zugunsten der Heimbewohner oder einem in der Pflegequalität zum Ausdruck kommenden höheren Personalschlüssel, aus Lage und Größe der Einrichtung oder aus der Einhaltung einer Tarifbindung, die zu höheren Personalkosten führt.
Nachgehend
Tenor
Der Schiedsspruch der Schiedsstelle nach § 80 SGB XII im Saarland vom 30.07.2012 wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 79.630,08 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Schiedsspruchs der Schiedsstelle nach § 80 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII), mit dem die Höhe der Vergütung für die von der Beklagten betriebene Wohn- und Fördereinrichtung für Behinderte in K...-R... für die Zeit vom 22.09.2011 bis 31.12.2012 festgesetzt wurde.
Die Beklagte betreibt die Wohn- und Fördereinrichtung für Menschen mit Behinderung St. K... in K...-R..., in der die Leistungstypen E8 (Wohnangebot für behinderte erwachsene Menschen mit externer Tagesstruktur mit 32 Plätzen) und E9 (Wohnangebot für behinderte erwachsene Menschen mit Tagesstrukturierung mit 33 Plätzen) angeboten werden. Als Mitglied des Caritas-Verbandes für die Diözese T... e.V. ist sie tariflich an die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des deutschen Caritas-Verbandes (RK NRW/Mitte/BW/Bayern) Anlage 33: Besondere Regelungen für Mitarbeiter im Sozial- und Erziehungsdienst (AVR-Caritas) gebunden.
Für die Einrichtung der Beklagten wurden zuletzt auf der Grundlage der Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarungen vom 09.09.2010 für die Zeit ab dem 01.01.2010 gemäß § 75 SGB XII folgende Vergütungen pro Kalendertag und Platz festgesetzt:
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Leistungstyp E8 |
Leistungstyp E9 |
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Gesamtvergütung: |
77,88 € |
96,46 € |
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davon als |
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Grundpauschale: |
42,27 € |
43,06 € |
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Maßnahmepauschale: |
28,63 € |
46,42 € |
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Investitionsbeitrag: |
6,98 € |
6,98 € |
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Die Festsetzung dieser Vergütung erfolgte wegen der erstmals vorgenommenen Untergliederung nach den vorgenannten Leistungstypen vereinbarungsgemäß insbesondere ohne detailliierte Nachprüfung bei den Sachkosten, um gegenüber den früher vereinbarten Vergütungssätzen keine Nachteile eintreten zu lassen (so genannte Budgetneutralität).
Unter dem 07.06.2011 forderte die Beklagte die gemäß dem Saarländischen Rahmenvertrag nach § 79 Abs. 1 SGB XII für stationäre und teilstationäre Leistungen vom 01.12.2010 zuständige Vergütungskommission beim Kläger, die mit Vertretern der Sozialhilfeträger und der Leistungserbringer paritätisch beset...