Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an den Begriff des versicherten Arbeitsunfalls. Wegeunfall
Orientierungssatz
1. Die Entschädigung eines Unfallereignisses als Arbeitsunfall setzt voraus, dass sich dieses innerhalb einer Beschäftigung in nichtselbständiger Arbeit ereignet hat. Hierzu zählt ein Wegeunfall.
2. Der Begriff des Beschäftigungsverhältnisses ist nicht identisch mit dem engeren Begriff des Arbeitsverhältnisses.
3. Erfüllt der Geschädigte bereits vor Abschluss eines schriftlichen Arbeitsvertrags eine ihm von seinem Auftraggeber übertragene fremdnützige, dem Unternehmen unmittelbar zum Vorteil gereichende Pflicht, bei der er den Weisungen des Auftraggebers unterworfen und in dessen Betrieb eingegliedert ist, so steht das Unfallereignis unter Unfallversicherungsschutz.
Tenor
1. Die Berufung wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im Berufungsverfahren.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Im Streit ist, ob der Kläger einen in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Wegeunfall erlitten hat.
Am 11. August 2015 nahm der am xxxxx 1955 geborene Kläger telefonisch Kontakt zum Unternehmen K. GmbH (im Folgenden: Firma K.) auf, nachdem er in einem Supermarkt einen Aushang gesehen hatte, wonach diese ab sofort einen Lkw-Fahrer suche. Der langjährig als Kraftfahrer tätig gewesene Kläger stand zwar noch in einem bis 31. August 2015 andauerndem Beschäftigungsverhältnis als Hausmeister und Wachmann, war jedoch bereits von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt und arbeitsuchend. Der telefonischen Vereinbarung mit dem Vorarbeiter der Firma K., dem Zeugen H., entsprechend erschien der Kläger noch am selben Tag auf dem Betriebsgelände der Firma und stellte sich persönlich vor. Der Zeuge H. erläuterte ihm gewisse Arbeitsabläufe und das 2-Schichten-System, in dem gearbeitet wurde. Der Kläger berichtete über seine beruflichen Kenntnisse und Vorerfahrungen.
Im Anschluss an das Gespräch fanden am 13. und 17. August 2015 so genannte "Probearbeitstage" statt, in welchen der Kläger jeweils eine komplette Schicht bei einem Angestellten der Firma mitfuhr, um Routen und Arbeitsweisen des Unternehmens kennen zu lernen. Während des ersten Probearbeitstages kam es zu einem kurzen zufälligen Gespräch mit dem Inhaber der Firma, dem Zeugen K1, in dessen Zuge man sich über berufliche Vorerfahrungen, Qualifikation und Gehaltsvorstellungen austauschte. Am 14. August 2015 hatte der Kläger einen Termin beim Betriebsarzt zur Durchführung einer Tauglichkeitsuntersuchung. Für den 1. September 2015 wurde beim Landesbetrieb Verkehr ein Termin zur Eintragung einer Berufsweiterbildung und Führerscheinverlängerung vereinbart.
Am Abend des 17. August 2015 wurde dem Kläger vom Zeugen H. ein Ersatzschlüssel für einen Lkw der Firma K. ausgehändigt, auf dem der Kläger am Folgetag zumindest mitfahren sollte (nach seiner eigenen, von den Zeugen H. und K1 bestrittenen Darstellung sollte er die Tour nach vorherigem Abschluss eines mündlichen Arbeitsvertrages allein machen). Der Kläger sollte jedenfalls unbestritten am Morgen des 18. August 2015 selbstständig und allein die Fahrzeugkontrolle vornehmen, die routinemäßig jeden Tag vor Fahrtbeginn bei jedem LKW durchgeführt wird und unter anderem auch eine Reifenkontrolle beinhaltet. Nach der Darstellung des Zeugen H. war weiter geplant, dass der Kläger an diesem Tag mittags oder nachmittags seine erste Tour selbst mit einem Lkw der Firma fahren sollte, wenn auch zunächst noch in Begleitung; Fahrer dürften erst nach einer umfangreichen Einweisung, die eine, aber auch vier Wochen dauern könne, allein fahren.
Vor dem geplanten Tätigkeitsbeginn am Morgen des 18. August 2015 erlitt der Kläger auf dem Weg von seiner Wohnung zum Betriebsgelände der Firma K. gegen 5.30 Uhr einen schweren Verkehrsunfall, als er auf seinem Motorroller frontal mit einem Kleinlaster zusammenstieß und sich multiple Verletzungen, u.a. eine Schädelbasisfraktur sowie eine Rippenserienfraktur, zuzog.
Die Beklagte lehnte es mit Bescheid vom 23. September 2015 ab, Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren, weil kein Arbeitsunfall vorgelegen habe. Die Firma K. habe den Beginn eines Beschäftigungsverhältnisses für den 18. August 2015 nicht bestätigt, sondern angegeben, dass der Kläger lediglich einen Probearbeitstag habe absolvieren sollen. Eine Einstellung sei zu diesem Zeitpunkt nicht vorgesehen gewesen. Bei einem Probearbeitstag im Rahmen eines laufenden Bewerbungsverfahrens fehle es grundsätzlich an der Eingliederung in das Unternehmen, sodass er zum Unfallzeitpunkt nicht zum Kreis der versicherten Personen gehört habe.
Den dagegen am 9. Oktober 2015 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit am Folgetag abgesandtem Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 2015 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 14. Januar 2016 Klage beim Sozialgericht (SG) Hamburg erhoben. Er habe am 18. August 2015 einen Arbeitsunfall erlitten. Zu diesem Zeitpunkt se...