Orientierungssatz
1. Im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende können die Kosten einer Haushaltshilfe für einen erwerbsfähigen behinderten Hilfebedürftigen nicht im Wege der analogen Anwendung des § 27 Abs 3 S 1 SGB 12 übernommen werden.
2. Dies besagt allerdings nicht, dass nicht ein Anspruch auf Übernahme der Kosten der benötigten Haushaltshilfe in Anwendung des § 70 SGB 12, der weder durch § 21 S 1 SGB 12 noch § 5 Abs 2 SGB 2 ausgeschlossen ist, möglich wäre.
Gründe
Die statthafte und zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172 und 173 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist nicht begründet.
Das Sozialgericht hat es zu Recht abgelehnt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Kosten für eine Haushaltshilfe vorläufig zu übernehmen.
Der Antragsteller hat nicht, was Voraussetzung wäre, glaubhaft machen können, einen Anspruch auf die begehrte Leistung zu besitzen (§ 86 b Abs. 2 S. 2 und 4 SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung - ZPO -). Die hier gebotene summarische Überprüfung ergibt, dass kein Leistungsanspruch nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs, Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) gegeben ist.
Wie das Sozialgericht im angefochtenen Beschluss, auf den verwiesen werden kann (§ 153 Abs. 2 SGG analog) zutreffend ausgeführt hat, scheidet § 27 Abs. 3 S. 1 Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch – Sozialhilfe – (SGB XII) als Anspruchsgrundlage für die begehrte Leistung aus, weil der Antragsteller von Leistungen nach § 27 SGB XII gemäß § 21 S. 1 SGB XII und § 5 Abs. 2 (SGB II) ausgeschlossen ist. Nach diesen Vorschriften erhalten u.a. Personen, die nach dem SGB II als Erwerbsfähige dem Grunde nach leistungsberechtigt sind, grundsätzlich keine Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem SGB XII und schließt ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in der Regel Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII, in dem auch § 27 SGB XII enthalten ist, aus. Der Antragsteller ist nach dem Kenntnisstand im vorliegenden Eilverfahren auch nicht offenbar erwerbsunfähig, d.h. wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 8 Abs. 1 SGB II). Er leidet zwar ausweislich der vorgelegten gutachterlichen Stellungnahme des Amtes für Gesundheit vom 19. April 2004 als Folge einer strahlenbedingten Schädigung des Rückenmarks an einem so genannten teilweisen Querschnittssyndrom und ist nach dem vorgelegten Feststellungsbescheides gemäß § 69 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – vom 14. November 2003 nicht nur zu 100 % schwerbehindert, sondern erfüllt auch die gesundheitlichen Merkmale G (erhebliche Gehbehinderung), aG (außergewöhnliche Gehbehinderung) und B (Notwendigkeit ständiger Begleitung). Der Antragsteller ist jedoch trotz dieser erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen Student der Universität H. mit der Fächerkombination Politik, Informatik und Journalistik und in der Lage, den Anforderungen des Studiums zu genügen. Damit ist gleichzeitig die Annahme berechtigt, dass er einer Erwerbstätigkeit in dem erforderlichen Ausmaß nachgehen könnte.
Entgegen der von ihm vertretenen Auffassung kann die im SGB II fehlende Regelung des § 27 Abs. 3 S. 1 SGB XII nicht im Wege einer Analogie angewandt werden. Denn es ist keine Gesetzeslücke vorhanden, die durch eine entsprechende Anwendung auszufüllen wäre. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist der Richter zur Ausfüllung einer Gesetzeslücke dort berufen, wo das Gesetz mit Absicht schweigt, weil es der Rechtsprechung überlassen wollte, das Recht zu finden, oder das Schweigen des Gesetzes auf einem Versehen oder darauf beruht, dass sich der nicht geregelte Tatbestand erst nach Erlass des Gesetzes durch eine Veränderung der Lebensverhältnisse ergeben hat. Die analoge Anwendung des Gesetzes auf gesetzlich nicht umfasste Sachverhalte ist dann geboten, wenn auch der nicht geregelte Fall nach der Regelungsabsicht des Gesetzgebers wegen der Gleichheit der zugrunde liegenden Interessenlage hätte einbezogen werden müssen (BSG, Urt. v. 28. April 2004 - B 2 U 20/03 R -, NZS 2005, S. 216 ff., 218 m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Insbesondere ist nicht zu erkennen, dass das Schweigen des Gesetzes zur Übernahme der Kosten einer von einem erwerbsfähigen behinderten Hilfebedürftigen benötigten Haushaltshilfe auf einem gesetzgeberischen Versehen beruht. Hiergegen spricht schon, dass der Gesetzgeber den Fall des erwerbsfähigen behinderten Hilfebedürftigen gesehen hat, wie § 21 Abs. 4 und 5 SGB II belegen. Dass im SGB II keine dem § 27 Abs. 3 SGB XII bzw. bei Anspruch auf laufende Hilfe dem § 28 Abs. 1 S. 2 SGB XII entsprechenden Regelungen geschaffen wurden, dürfte daher auf einer bewussten Entscheidung...