Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragszahnärztliche Versorgung. Teilzulassung in unterschiedlichen Bezirken einer Kassenzahnärztlichen Vereinigung. einstweilige Anordnung
Orientierungssatz
1. Es ergibt sich weder aus dem SGB 5 noch aus der (Zahn-)Ärzte-ZV klar und unmissverständlich, dass ein Vertragszahnarzt zwei Teilzulassungen in den Bezirken zweier Kassenzahnärztlicher Vereinigungen
mit je einem halben Versorgungsauftrag erhalten kann.
2. Die Regelung des § 1a Nr 15 BMV-Ä, nach der zu einer "KV-bereichsübergreifenden Berufsausübung" das Tätigsein eines Vertragsarztes mit zwei Teilzulassungen gehört, erscheint im Hinblick auf die Regelungskompetenz der Vertragspartner in § 24 Abs 4 S 2 Ärzte-ZV rechtlich fragwürdig. Des Weiteren betrifft diese Regelung nicht die Vertragszahnärzte.
3. Die Begründung des Ausschusses für Gesundheit in seiner Beschlussempfehlung bzgl des Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes eignet sich nicht als normative Grundlage für eine zweite "Teilzulassung".
4. Im Vertragszahnarztrecht reichen das finanzielle Interesse und das wirtschaftliche Risiko bei voreiliger Gründung einer Praxis grundsätzlich nicht aus, um eine Zulassung zur Vertragszahnarztpraxis im Wege einstweiliger Anordnung zu erlangen.
Tatbestand
Der 1959 geborene Antragsteller war ab 1. April 1987 im Bezirk der Kassenzahnärztlichen Vereinigung S.-H. - in K. - als Vertragszahnarzt zugelassen. Seine Praxis betrieb er in Gemeinschaft mit der Vertragszahnärztin T. Mit Schreiben vom 9. März 2007 beantragte er für sich und seine Ehefrau, die bis 31. August 2007 Stabszahnärztin bei der Bundeswehr war, beim Zulassungsausschuss für den Bezirk der Kassenzahnärztlichen Vereinigung H. zum 1. September 2007 die Zulassung für den Vertragszahnarztsitz R. in H. Er wolle die in H. entstehende Praxis als Filiale seiner Praxis in K. führen. Die Sicherstellung der Praxis in K. solle in seiner Abwesenheit durch die Vertragszahnärztin T. erfolgen. Er habe vor, seine Ehefrau in H. anzustellen, die dort in der Woche die Sicherstellung der Patientenbehandlung gewährleisten werde. Seinen eigenen Behandlungseinsatz werde er aufteilen. In seine K. Praxis kämen zurzeit aus dem H. Raum 9 % seiner Patienten. Seine Patienten erhielten nun die Möglichkeit, ihn sonnabends in der Praxis R. zu konsultieren.
Nachdem der Antragsteller und seine Ehefrau am 4. April 2007 beim Zulassungsausschuss erschienen und darauf hingewiesen worden waren, dass eine Doppelzulassung in S.-H. und H., eine gleichzeitige Zulassung und Anstellung der Ehefrau und auch die Gründung einer Zweitpraxis in H. nicht zulässig seien, erklärten sie diese Anträge für erledigt.
Mit Vertrag vom 4. April 2007 mietete der Antragsteller in der R. Räumlichkeiten zum Betriebe einer Zahnarztpraxis mit Wirkung ab 1. Juli 2007 und bis 30. Juni 2017 zu monatlichen Gesamtkosten von 3.111,85 € an. Er schloss u. a. mit der N. GmbH am 4. Mai/15. August 2007 einen Leasing-Vertrag über die Lieferung einer Behandlungseinheit E. und Zubehör in Höhe von 66.242,20 € (brutto 78.828,22 €) mit einer monatlichen Anfangsrate von 1. 040,39 € und über ein Z. Mikroskop und Zubehör über 46.624,20 € (Leistungszeitpunkt 22. August 2007). Die Bank B. AG räumte ihm zur “Finanzierung der Kosten für die Neugründung einer Zahnarztpraxis in H. gem. KfW-Antrag vom 1. Juli 2007 am Investitionsort R. „ ein zweckgebundenes Darlehen in Höhe von 424.000 € bzw. ein Darlehen in Höhe von 80.000 € (Verwendungszweck: Bereitstellung von Betriebsmitteln gem. KfW-Antrag vom 1. Juli 2007) mit einem Zinssatz von 6,55 %, effektiv 8,25 %, ein.
Am 9. Mai 2007 beantragte der Antragsteller, ihn unter Beschränkung seines Versorgungsauftrages auf die Hälfte zur vertragszahnärztlichen Versorgung in H., R., unter der Bedingung zuzulassen, dass er die Beschränkung seines Versorgungsauftrages im Bezirk der Kassenzahnärztlichen Vereinigung S.-H. auf die Hälfte nachweise.
Der Zulassungsausschuss lehnte den Antrag am 20. Juni 2007 ab. Für die gleichzeitige (hälftige) vertragszahnärztliche Zulassung in H. und S.-H. gebe es keine Rechtsgrundlage. § 19a Abs. 2 Satz 1 Zulassungsverordnung für Zahnärzte (Zahnärzte-ZV) lasse sich nicht entnehmen, dass ein Vertragszahnarzt eine bestehende Vollzulassung in zwei Teilzulassungen aufteilen könne. Der Gesetzgeber habe die Singularzulassung nicht aufheben wollen. Der Vertragszahnarzt bleibe nach wie vor an seinen Vertragszahnarztsitz gebunden. Eine Tätigkeit außerhalb desselben komme lediglich unter den in der Zahnärzte - ZV genannten Ausnahmen in Betracht (Bescheid vom 28. Juni 2007). Den Widerspruch des Antragstellers wies der Antragsgegner durch Beschluss am 5. September 2007 zurück (Widerspruchsbescheid vom 20. September 2007). Dem Antrag stehe bereits die Residenzpflicht (§ 24 Abs. 2 Satz 2 Zahnärzte-ZV) entgegen. Die nunmehrige Möglichkeit der Eintragung eines Zahnarztes in mehrere Zahnarztregister stütze den geltend gemachten Anspruch nicht. Mit der entsprechenden Gesetzesänderung seien andere Ziele verfolgt worden. Au...