Entscheidungsstichwort (Thema)
Ordnungsgeld bei Ausbleiben des persönlich Geladenen im Erörterungstermin
Leitsatz (amtlich)
Bleibt ein mit der Anordnung des persönlichen Erscheinens zu einem Erörterungstermin geladener Beteiligter unentschuldigt aus, so steht der Festsetzung eines Ordnungsgeldes nicht entgegen, dass der Termin anberaumt wurde, um eine gütliche Erledigung des Rechtsstreits zu versuchen.
Orientierungssatz
Die Anordnung des persönlichen Erscheinens im Erörterungstermin dient der Beschleunigung des gerichtlichen Verfahrens. Deshalb ist die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen einen nicht erschienenen Beteiligten auch dann zulässig, wenn dessen Anwesenheit zur Aufklärung des Sachverhaltes nicht erforderlich war.
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Hamburg vom 28. Juni 2004 wird zurückgewiesen.
Gründe
Die gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 28. Juni 2004 - der Klägerin am 16. Juli 2004 zugestellt - eingelegte Beschwerde der Klägerin vom 29. Juli 2004, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (§ 174 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt (§§ 172, 173 SGG). Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Die Festsetzung eines Ordnungsgeldes in Höhe von € 150,-- gegen die Klägerin ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Die Klägerin ist in einem nach § 106 Abs. 3 Nr. 7 SGG anberaumten Termin zur Erörterung des Sachverhalts, obwohl ihr persönliches Erscheinen hierzu nach der Ladungsverfügung angeordnet worden war, nicht erschienen. Zwar war ihre Anwesenheit nicht erforderlich, um den Sachverhalt aufzuklären. Der von ihr geltend gemachte Anspruch war schon deswegen unbegründet, weil es an der Zulassung für die Förderung sowohl der Maßnahme als auch des Trägers der Maßnahme nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch - Drittes Buch - Arbeitsförderung - in der im Jahr 1993 geltenden Fassung fehlte. Einer weiteren Sachverhaltsaufklärung bedurfte es deshalb nicht. Gleichwohl war die Festsetzung des Ordnungsgeldes durch § 202 SGG i.V.m. § 141 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) gedeckt. Zum Teil wird in der Rechtsprechung und Literatur die Auffassung vertreten, dass die Verhängung von Ordnungsgeld nur dann in Betracht kommt, wenn das persönliche Erscheinen zur Aufklärung des Sachverhalts angeordnet wurde (so z.B. LSG Berlin, Beschl. vom 10.6.2004, - L 3 B 14/04 U -, Juris; LSG Rheinland-Pfalz, Beschl. vom 31.3.1983, - L 3 Sb 18/83 -, Breith. 1983, S. 937 ff., 937f.; Knittel, in Hennig, Stand: Oktober 2005, § 111 Rn. 9; Rohwer-Kahlmann, Aufbau und Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit, Stand: Juni 2005, § 106 Rn. 31). Begründet wird dies vor allem mit dem Zweck des § 141 ZPO, der dem Gericht die Anordnung des persönlichen Erscheinens nur dann erlaubt, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint (Abs. 1 Satz 1). Damit wird aber nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Zweck des § 106 Abs. 3 Nr. 7 SGG weiter geht. Die hierin geregelte Befugnis ist Teil der Instrumente, die der Beschleunigung des Verfahrens dienen sollen. Nach der Amtlichen Begründung (BT-Drucks. 3/36, S. 5 zu § 1 Nr. 1) erhält der Vorsitzende, um die mündliche Verhandlung abzukürzen, damit die Möglichkeit, nicht nur einen unklar dargestellten, sondern auch einen rechtlich fehlerhaft gewürdigten Sachverhalt schon vorher in einem Termin mit den Beteiligten zu erörtern. Wenn es durch die Aufklärung des Gerichts über die Sach- und Rechtslage zu prozessbeendenden Erklärungen eines oder beider Beteiligten kommt, ist dies im Interesse einer zügigen Erledigung des Verfahrens ein vom Gesetzgeber gefördertes und begrüßtes Ergebnis. Wenn somit das Erscheinen eines Beteiligten angeordnet wird, um eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits zu versuchen, steht dies der Festsetzung eines Ordnungsgeldes beim unentschuldigten Ausbleiben des Beteiligten nicht entgegen (vgl. Kummer, in Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, Stand: 80. Lfg., § 106 SGG Rn. 47; Kolmetz, in Jansen, SGG, 2. Aufl. 2005, § 111 Rn. 10; Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 8. Aufl. 2005, § 111 Rn. 6a). Seit 2002 findet sich eine vergleichbare Regelung in der ZPO in § 278.
Die Klägerin kann nicht mit ihrem Einwand durchdringen, sie habe die Ladung nicht erhalten. Vielmehr ist durch Postzustellungsurkunde dokumentiert, dass die Ladung am 22. April 2004 zugestellt wurde. Die Postzustellungsurkunde erbringt nach §§ 182 Abs. 1 Satz 2, 418 Abs. 1 ZPO vollen Beweis der in ihr bezeugten Tatsachen. Ein Gegenbeweis kann nur durch den Beweis der Unrichtigkeit der in der Postzustellungsurkunde bezeugten Tatsachen geführt werden. Ein bloßes Bestreiten des Erhalts des Schriftstücks - darüber geht die Beschwerdebegründung indes nicht hinaus - reicht dafür nicht aus. Vielmehr hätte es des Beweises eines Geschehensablaufs bedurft, der ein Fehlverhalten des Zustellers und eine Falschbeurkundung in der Zustellungsurkunde belegt (vgl. BSG, Beschl. vom 27.1.2005, - B 7a/7 AL 194/0...