Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Ausbildung. Hochschulstudium. Immatrikulation. Urlaubssemester. Darlehen. Besonderer Härtefall. Regelstudienzeit. Einstweilige Anordnung
Leitsatz (redaktionell)
Wer an einer Hochschule immatrikuliert ist, sein Studium aber nicht betreibt, sondern sich in einem Urlaubssemester befindet, unterfällt dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 S. 1 SGB II, denn seine Ausbildung bleibt dem Grunde nach förderungsfähig.
Normenkette
SGG § 7 Abs. 5; BAföG § 2 Abs. 1 Nr. 6; SGG § 86b Abs. 2 S. 2
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Leipzig vom 14. Dezember 2009 geändert. Der Antrag vom 26. November 2009 wird insgesamt abgelehnt.
II. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes um Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 26.11.2009 bis 31.03.2010.
Die 1979 geborene Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (im Folgenden: Antragstellerin) studiert seit dem Wintersemester 1999/2000, damals an der Universität R. Seit dem 13.10.2003 ist sie an der Hochschule für Grafik und Buchkunst L (HGB) im Studiengang Medienkunst eingeschrieben und war laut Immatrikulationsbescheinigung der HGB im Sommersemester 2009 beurlaubt (15 Hochschulsemester, davon 11 Fachsemester; 1 Urlaubssemester). Seit 01.04.2009 bewohnt sie ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft, für das sie nach ihren Angaben monatlich 247,38 EUR in bar entrichte.
Am 11.08.2009 beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Antragsgegnerin) Leistungen nach dem SGB II. Zur Begründung gab sie an, sie habe in Vorbereitung auf ihren Diplomabschluss in Absprache mit ihrem Professor das Sommersemester 2009 und das Wintersemester 2009/2010 als Urlaubssemester genehmigt bekommen, um in Form eines Praktikums ihren Abschluss vorzubereiten und zu sichern. Sie werde das Studium im Sommersemester 2010 weiterführen und voraussichtlich im Wintersemester 2011 beenden. Bis 31.07.2009 habe sie einen Tutorenvertrag an ihrer Hochschule gehabt, da ihr Praktikum bis dahin nur drei Tage die Woche betragen habe. Danach sei sie auf politischer Bildungsreise in Russland gewesen und absolviere nun seit 13.08.2009 bis 30.10.2009 ihr Praktikum fünf Tage die Woche. Außerdem habe sie 500,00 EUR Übungsleiterpauschale erhalten, Geld bei Freunden geliehen, das sie zurückzahlen müsse, und den Dispokredit von 1.000,00 EUR ausgereizt. Sie übergab Bestätigungen der Neuen Gesellschaft für Bildende Kunst e.V. (NGBK) über eine ehrenamtliche Tätigkeit von 01.06.2009 bis 30.08.2009, für die sie 500,00 EUR erhalten habe, sowie für ein Praktikum von 01.04.2009 bis 30.10.2009 und für die Weiterführung des Praktikums vom 15.11.2009 bis 15.02.2010. Am 15.10.2009 legte die Antragstellerin eine Immatrikulationsbescheinigung der HGB vom 13.10.2009 vor, wonach sie seit dem 13.10.2003 eingeschrieben und im Wintersemester 2009/2010 beurlaubt war. Die Regelstudienzeit für den Diplomstudiengang Medienkunst betrage zehn Semester.
Mit Bescheid vom 16.10.2009 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag der Antragstellerin unter Bezugnahme auf § 7 Abs. 5 und Abs. 6 SGB II ab. Den dagegen eingelegten Widerspruch vom 23.10.2009 wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 04.11.2009 als unbegründet zurück.
Am 26.11.2009 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Leipzig dagegen Klage erhoben (S 18 AS 4100/09) und gleichzeitig die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt.
Im gerichtlichen Verfahren hat die Antragstellerin den Bescheid der HGB vom 05.08.2009 vorgelegt, mit dem sie für das Wintersemester 2009/2010 vom Studium beurlaubt wurde. Die Entscheidung ergehe unter der Auflage, einen Nachweis über die studienbegleitende praktische Tätigkeit bis spätestens 15.09.2009 nachzureichen. Nach § 19 Abs. 1 Nr. 3 Immatrikulationsordnung der HGB könne ein Student auf Antrag insbesondere für eine dem Studienziel dienende praktische Tätigkeit beurlaubt werden. Eine Bestätigung, wonach sie das Pflichtpraktikum gemäß Studienordnung bereits absolviert habe, liege vor. Die Antragstellerin hat ferner eidesstattlich versichert, dass sie bisher ihr Studium durch Unterhaltsleistungen und Erwerbstätigkeit finanziert habe. Das Praktikum habe sie bereits am 01.04.2009 begonnen. Während des Sommersemesters habe sie noch eine Tutorentätigkeit an der Uni ausgeübt. Das Praktikum sei so ausgestaltet gewesen, dass sie flexible Arbeitszeiten ohne feste Anwesenheitszeiten gehabt habe. Da sie momentan weder Anspruch auf Unterhaltsleistungen habe noch Sozialleistungen beziehe, sei sie zur Sicherung des Lebensunterhalts dringend auf die beantragte Leistung nach dem SGB II angewiesen. Ihre Eltern unterstützten sie lediglich mit 150,00 EUR monatlich. Darüber hinaus seien Darlehen oder finanzielle Unterstützung durch Dritte nicht möglich.