Entscheidungsstichwort (Thema)
Versicherungspflichtige Beschäftigung. Anfrageverfahren. BfA. Widerspruch. aufschiebende Wirkung. Bescheid vor dem 1.1.1999
Leitsatz (amtlich)
1. Die Regelung des § 7a Abs 7 S 1 SGB 4 findet auch auf Entscheidungen der Rentenversicherungsträger im Rahmen von Betriebsprüfungen nach § 28p Abs 1 S 5 SGB 4 Anwendung.
2. Der Widerspruch gegen einen Bescheid des Rentenversicherungsträgers, wonach eine versicherungspflichtige Beschäftigung vorliegt und Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten sind, hat auch dann aufschiebende Wirkung, wenn der Bescheid vor dem 1.1.1999, dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Förderung der Selbständigkeit, erlassen, jedoch noch nicht bindend geworden ist.
Tatbestand
Die Antragsgegnerin forderte von der Antragstellerin nach Durchführung einer Betriebsprüfung gemäß § 28 p Abs. 1 des 4. Sozialgesetzbuches -- Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung -- SGB IV -- mit Bescheid vom 30. Dezember 1998 Beiträge für den Prüfungszeitraum vom 01. Dezember 1993 bis 31. Dezember 1994 in Höhe von insgesamt DM 3.461.186,36 (Geschäftszeichen: ... 73.2). Bestimmte von der Antragstellerin bisher als so genannte freie Mitarbeiter geführte Personen stünden zu ihr in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis. Mit weiterem Bescheid (Geschäftszeichen: ... 73.1), ebenfalls vom 30. Dezember 1998, machte sie Beiträge in Höhe von DM 30.174,14 geltend wegen angenommener Beitragspflicht des geldwerten Vorteils (als Arbeitsentgelt) auf Grund verbilligter Überlassung von Zeitschriften an einen Teil der Arbeitnehmer.
Gegen diese Bescheide hat die Antragstellerin am 26. Januar 1999 -- vorrangig -- beim Sozialgericht Hamburg Nichtigkeitsklage erhoben sowie mit am 28. Januar 1999 bei der Antragsgegnerin eingegangenem Schreiben Widerspruch eingelegt. Den im Laufe des Klagverfahrens am 23. März 2000 zur Niederschrift des Sozialgerichts gestellten Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen diese Bescheide anzuordnen, hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 05. April 2000 mit der Begründung abgelehnt, dass zum einen kein in § 86 Sozialgerichtsgesetz -- SGG -- aufgeführter Fall vorliege, in dem der Widerspruch von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung habe. Zum anderen seien die Voraussetzungen für die Herstellung der aufschiebenden Wirkung im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung nicht erfüllt, da es hierfür an dem notwendigen Anordnungsgrund fehle. Schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage sei, lägen nicht vor.
Gegen den ihr am 03. Mai 2000 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 18. Mai 2000 Beschwerde eingelegt. Sie macht geltend, dass der Widerspruch gegen die Bescheide gemäß § 7 a Abs. 7 Satz 1 SGB IV (in der Fassung des Gesetzes zur Förderung der Selbstständigkeit vom 20. Dezember 1999, BGBl. 2000 I, Seite 2 ff.) aufschiebende Wirkung habe. Diese Regelung gelte nicht nur für Statusentscheidungen der Rentenversicherungsträger im Rahmen eines Antragsverfahrens nach § 7 a Abs. 1 SGB IV, sondern ebenfalls für Entscheidungen im Rahmen von Betriebsprüfungen nach § 28 p Abs. 1 Satz 5 SGB IV, was sich auch aus dem Rundschreiben der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger vom 20. Dezember 1999 ergebe (abgedruckt in Kunz/Kunz "Freie Mitarbeiter, Scheinselbstständige, arbeitnehmerähnliche Selbstständige" in "Arbeitsrecht in der Praxis" 2000, Seite 194 ff. zu Nr. 4). Im Übrigen seien die Bescheide der Antragstellerin nicht vor Ablauf des 31. Dezember 1998 bekannt gegeben worden, so dass die Beitragsforderungen verjährt und deshalb die Bescheide offensichtlich rechtswidrig seien. Aus diesem Grunde sei jedenfalls dem Hilfsantrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs im Wege der einstweiligen Anordnung stattzugeben.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 23. Mai 2000 der Beschwerde nicht abgeholfen und die Auffassung vertreten, dass § 7 a Abs. 7 SGB IV auf Grund seiner Stellung und Entstehungsgeschichte nicht auf Betriebsprüfungszeiträume vom 01. Dezember 1993 bis 31. Dezember 1994 anwendbar sei.
Die Antragstellerin hält ihre Argumentation aufrecht und beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Hamburg vom 05. April 2000 aufzuheben und
1. festzustellen, dass der hilfsweise erhobene Widerspruch der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 30. Dezember 1998 (Geschäftszeichen: ... 73.2) aufschiebende Wirkung hat,
2. hilfsweise die aufschiebende Wirkung des hilfsweise erhobenen Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 30. Dezember 1998 (Geschäftszeichen: ... 73.2) anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Hamburg vom 05. April 2000 zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die statthafte und zulässige Beschwerde (§§ 172, 173, 174 SGG) i...