Entscheidungsstichwort (Thema)

Ablehnung eines Anordnungsanspruchs und Versagung von Prozesskostenhilfe. Abfechtungsklage. Bedarfsgemeinschaft. Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Einkommen. Einstweilige Anordnung. Gesetzliche Vermutung. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde. Ausreichende Anhaltspunkte für eine Einstehensgemeinschaft

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Ablehnung eines Anordnungsanspruchs und zur Versagung von Prozesskostenhilfe für ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auf der Grundlage von Hinweistatsachen und eigenen Angaben der Antrag stellenden Partei, welche die hinreichende Überzeugung des Gerichts vom Vorliegen einer Einstandsgemeinschaft iS von § 7 Abs 3 Nr 1 und Nr 3 Buchst c SGB 2 begründen.

2. Eine solche Einstandsgemeinschaft kann auch dann angenommen werden, wenn kein Vermutungstatbestand iS von § 7 Abs 3a SGB 2 erfüllt ist.

3. Die Verfassungsbeschwerde gegen diese Entscheidung wurde nicht zur Entscheidung angenommen (vgl BVerfG vom 5.5.2009 - 1 BvR 255/09).

 

Normenkette

SGB I § 66 Abs. 1; SGB II § 26 Abs. 3, § 7 Abs. 3 Nrn. 1, 3c, Abs. 3a; SGG § 86b Abs. 1, 2 S. 2

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Hamburg vom 8. Dezember 2008 wird zurückgewiesen.

2. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

3. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die am 10. Dezember 2008 eingelegte Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Hamburg vom 8. Dezember 2008, durch den der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt worden ist, ist statthaft und zulässig (§ 172 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 in Verbindung mit § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 173 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG). Sie ist jedoch unbegründet.

Gegenstand dieses Eilverfahrens ist trotz des Versagungsbescheides vom 29. Oktober 2008 ein Leistungsbegehren und damit einstweiliger Rechtsschutz im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG. Zwar ist in der Hauptsache gegen einen Versagungsbescheid nach § 66 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch die isolierte Anfechtungsklage gegeben und in deren Rahmen allein die Rechtmäßigkeit der Versagung zu prüfen. Gleichwohl richtet sich der einstweilige Rechtsschutz vorliegend nicht nach § 86b Abs. 1 SGG, denn es geht um ein einstweiliges Rechtsschutzbegehren, mit dem vorläufig Leistungen erstritten werden sollen. Für dieses Rechtsschutzbegehren kommt es nicht darauf an, ob Leistungen wegen fehlender Mitwirkung versagt oder aber wegen Fehlens der Anspruchsvoraussetzungen abgelehnt worden sind. Unerheblich und nicht zu prüfen ist daher in diesem Beschwerdeverfahren, ob der Versagungsbescheid rechtmäßig ist. Entscheidend ist allein, ob die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung vorliegen.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt in diesem Zusammenhang einen Anordnungsanspruch, also einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu der die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, sowie einen Anordnungsgrund, nämlich einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2, § 294 der Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft zu machen.

Die Antragstellerin hat im Beschwerdeverfahren jedoch nicht in dem hohen Maße, das für den Erlass einer die Hauptsache faktisch vorwegnehmenden einstweiligen Anordnung erforderlich ist, dargelegt und glaubhaft gemacht, die beantragten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zur Zeit beanspruchen zu können und hierauf zur Vermeidung wesentlicher Nachteile angewiesen zu sein.

Das Sozialgericht hat es zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die der Senat entsprechend § 153 Abs. 2 SGG ergänzend Bezug nimmt, abgelehnt, dem Begehren der Antragstellerin zu entsprechen, die Antragsgegnerin vorläufig im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr als alleinstehende Hilfebedürftige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ohne Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen des Herrn A. M. zu gewähren. Die Beschwerdebegründung gibt keine Veranlassung zu einer abweichenden Betrachtung.

Denn in der Tat liegen hinreichende Indizien dafür vor, dass die Antragstellerin und Herr M. eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II bilden. Zur Bedarfsgemeinschaft gehören nach § 7 Abs. 3 Nr. 1 und 3 lit. c SGB II die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen - hier die am ... 1978 geborene Antragstellerin - und als Partner der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen eine Person - hier der am ... 1...

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