Entscheidungsstichwort (Thema)
Klagerücknahme. Teilanerkenntnis. Vergleich. Verzicht. Neufeststellung. Überprüfung. Ausschluss rechtskräftiges Urteil
Leitsatz (amtlich)
Die Erledigung eines Rechtsstreits durch angenommenes Teilanerkenntnis und Klagerücknahme im Übrigen schließt einen Anspruch auf Neufeststellung nach § 44 SGB X grundsätzlich aus.
Normenkette
SGG § 101 Abs. 1-2; SGB I § 46 Abs. 1 Hs. 1; SGB X § 44 Abs. 1 S. 1
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 23. Februar 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtlichte Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Streit steht - im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens - ein früherer Beginn einer Erwerbsunfähigkeitsrente.
Die am ... 1930 in Berlin geborene Klägerin war nach dem 2. Weltkrieg als Arbeiterin in Deutschland tätig, bis sie 1955 nach Kanada auswanderte, wo sie seither lebt.
Im Dezember 1978 beantragte sie bei der Beklagten die Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente. Diese lehnte den Antrag mit Bescheid vom 22. Februar 1979 ab und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 8. Mai 1980 zurück. Nachdem im nachfolgenden Klageverfahren (4 RJ 329/93) - nach Wiederaufnahme des nach Aktenordnung weggelegten Verfahrens - der kanadische Arzt S. M. E. nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 21. August 1995 ein orthopädisch/chirurgisches Gutachten vom selben Tag erstellt hatte, in dem er die Ansicht vertrat, dass die Klägerin seit 1975 nicht mehr ‚arbeitsfähig’ sei und insbesondere Schwierigkeiten hätte, den Arbeitsweg zurückzulegen, erkannte die Beklagte mit Schriftsatz vom 6. Dezember 1995 an, dass bei der Klägerin seit dem 21. August 1995 Erwerbsunfähigkeit vorliege.
Auf Anfrage des Sozialgerichts teilte die Klägerin mit Schriftsatz vom 2. Januar 1996, der in der Anrede sowohl Mitarbeiter des Sozialgerichts wie auch der Beklagten nennt (‚Sehr geehrter Herr P. oder Herr S1....’), folgendes mit:
‚Ich freue mich riesig, dass die ganze Sache zum Ende zu geht und ich möchte mich bedanken für die Muße und Hilfe, die Sie mir gegeben haben. Jetzt wurde mir die Frage in dem letzten Brief gestellt, ob ich die Klage, auf Grund der heutigen Anerkenntnisse als erledigt ansehe? Meine Antwort darauf ist „ja”. Nochmal recht vielen Dank.’
Zwischenzeitlich hatte die Klägerin am 17. August 1995 einen Antrag auf Regelaltersrente gestellt, welche die Beklagte ihr durch Bescheid vom 10. Januar 1996 mit Wirkung ab dem 1. Oktober 1995 bewilligte. Hiergegen erhob die Klägerin am 15. Februar 1996 Widerspruch; zur Begründung führte sie lediglich an, sie sei mit dem Bescheid ‚nicht so ganz einverstanden’. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 21. Mai 1996 zurückgewiesen.
Mit Ausführungsbescheid vom 19. Februar 1996 gewährte ihr die Beklagte für die Zeit vom 1. bis 30. September 1995 Erwerbsunfähigkeitsrente; für die Zeit ab dem 1. Oktober 1995 wurde auf den Bescheid vom 10. Januar 1996 verwiesen.
Im sich anschließenden - formal den Widerspruchsbescheid vom 21. Mai 1996 betreffenden, jedoch inhaltlich gegen die Gewährung von Erwerbsunfähigkeitsrente für September 1995 gerichteten - Klageverfahren (20 J 1027/96) erklärte die Klägerin mit Schriftsatz vom 21. Oktober 1996 gegenüber dem Gericht (ebenso in einem direkt an die Beklagte gerichteten Schreiben vom selben Tag), sie habe einen Fehler gemacht, indem sie das Dokument, in dem gestanden habe, ob sie die Klage aufgrund des Anerkenntnisses als erledigt ansehe, unterschrieben zurückgeschickt habe. Sie komme einfach nicht darüber hinweg, dass ihr nur ein Monat Erwerbsunfähigkeitsrente zustehe.
Das Gericht holte zunächst ein - nach Aktenlage erstelltes - Gutachten des Chirurgen Dr. K. vom 21. Mai 1997 ein, in dem dieser die Auffassung vertrat, dass erst aufgrund der Befundmitteilung von Dr. E. mit dem 21. August 1995 aufgrund einer zwischenzeitlich aufgetretenen Verschlechterung davon ausgegangen werden könne, dass ab Begutachtung durch diesen nur noch ein halb- bis untervollschichtiges Leistungsvermögen bestanden habe. Nachfolgend beurteilte das Sozialgericht die Klage als unzulässige Wiederaufnahmeklage und wies sie mit Urteil vom 4. Oktober 1999 ab. Diese Entscheidung bestätigte das Landessozialgericht mit Urteil vom 20. Februar 2003 (L 6 RJ 33/00). Zusätzlich sah es als weiteren Streitgegenstand den Ausführungsbescheid vom 19. Februar 1996 an; auch insoweit blieb die Berufung wegen des korrekt ausgeführten Anerkenntnisses jedoch erfolglos, nachdem in der mündlichen Verhandlung der in der Klage gesehene Widerspruch gegen den Ausführungsbescheid vom 19. Februar 1996 durch die Beklagte zurückgewiesen worden war.
Mit Schreiben vom 17. März 2000 beantragte die Klägerin bei der Beklagten eine Überprüfung, weil ‚irgendwo ein großer Fehler gemacht’ worden sei. Mit Bescheid vom 29. April 2003 lehnte die Beklagte die teilweise Rücknahme ihres Bescheides vom 19. Februar 1996 ab und wies mit Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 2003 den hiergegen er...