Entscheidungsstichwort (Thema)
Vierjährige Ausschlussfrist für die Gewährung von Sozialleistungen bei Stellung eines Überprüfungsantrags
Orientierungssatz
1. Die Vorschrift des § 44 Abs. 4 SGB 10 ist bei Stellung eines Überprüfungsantrags zwingend anzuwenden. Sie soll wegen des Unterhaltscharakters laufender Sozialleistungen verhindern, dass diese für einen längeren Zeitraum als vier Jahre nachgezahlt werden.
2. Die Ausschlussfrist von vier Jahren gilt auch bei zunächst fehlender und erst später vorgenommener Korrektur von Amts wegen.
Tenor
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 12.03.2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind zwischen den Beteiligten auch für den Berufungsrechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger begehrt von der Beklagten die Zusicherung eines Rentenbeginns ab dem 01.01.1992.
Die am 00.00.1920 (nach anderen Unterlagen 1923/1924) in M geborene Klägerin ist jüdischer Religionszugehörigkeit. Sie war nationalsozialistischer Verfolgung ausgesetzt und lebt seit Juli 1946 in Israel, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt. Die Klägerin ist als Verfolgte im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG) mit Bezug von Entschädigungsleistungen anerkannt.
Am 26. Februar 1990 beantragte die Klägerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) die Gewährung von Altersruhegeld unter Anerkennung von Fremdbeitragszeiten nach § 17 Abs. 1 b Fremdrentengesetz (FRG) und die Nachentrichtung von Beiträgen nach den §§ 21, 22 des Gesetzes zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG). Im damaligen Rentenverfahren machte die Klägerin Beitragszeiten von Juni 1935 bis September 1939 als Schneiderin in Lodz und Ersatzzeiten von September 1939 bis Mai 1945 wegen Verfolgung geltend. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 10.04.1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.1993 wegen fehlender Glaubhaftmachung der geltend gemachten Beitragszeiten ab. Die hiergegen vor dem Sozialgericht Düsseldorf (S 12 J 144/93) erhobene Klage sowie das anschließend vor dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen durchgeführte Berufungsverfahren (L 3 J 129/95) blieben erfolglos. Die Berufung der Klägerin wurde mit Urteil vom 12.07.1996 zurückgewiesen. Streitgegenstand war nach dem Klageantrag des Verfahrens die Gewährung einer Rente unter Anerkennung der Zeit von Juni 1935 bis September 1939 als Beitragszeit.
Den ebenfalls am 26.02.1990 gestellten Antrag auf Nachentrichtung von Beiträgen nach den §§ 21, 22 WGSVG lehnte die Beklagte sodann mit Bescheid vom 18.11.1996 ab. Die Bevollmächtigte der Klägerin legte mit Schriftsatz vom 09.12.1996 Widerspruch ein, ohne diesen zu begründen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18.03.1997 zurück.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Düsseldorf (S 3 J 68/97) führte die Bevollmächtigte der Klägerin erstmals mit Schriftsatz vom 01.08.1997 - eingegangen am 05.08.1997- aus, dass die Klägerin vor Verfolgungbeginn und daran anschließend im Ghetto Lodz ebenfalls versicherungspflichtig gegen Entgelt abhängig beschäftigt gewesen sei. Über die Ghettobeitragszeiten sei bisher keine Entscheidung ergangen und nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu den so genannten Ghettozeiten lägen die Voraussetzungen für die Zulassung zur Nachentrichtung vor. Gleichzeitig stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Überprüfungsantrag hinsichtlich des Bescheides vom 10.04.1992 unter Berücksichtigung von Beitragszeiten im Ghetto Lodz. Nach Vorlage einer persönlichen Erklärung der Klägerin erklärte sich die Beklagte unter dem 20. April 1998 bereit, Ghettoarbeitszeiten vom 01.10.1940 bis 15.08.1944 als glaubhaft gemachte Beitragszeiten anzuerkennen, als Ersatzzeit den Zeitraum vom 18.11.1939 bis 23.04.1945 vorzumerken und unter entsprechender Aufhebung des angefochtenen Bescheides vom 18.11.1996 (Widerspruchsbescheid vom 18.03.1997) über den Antrag auf Nachentrichtung von Beiträgen vom 23. 02 1990 erneut sachlich zu entscheiden.
Die Klägerin nahm das Angebot an und stellte Kostenantrag. Gegen den sozialgerichtlichen Beschluss vom 20.10.1998, dass keine Kosten zu erstatten sind, erhob die Klägerin Beschwerde. Mit Beschluss vom 30. April 1999 hob das LSG NRW (L 3 B 17/98 RJ) den Kostenbeschluss auf und legte der Beklagten die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auf. Zur Begründung führte der Senat aus, das Anerkenntnis der Beklagten habe sich nicht aus einer Rechtsänderung oder einer Änderung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes ergeben, sondern daraus, dass bei unverändertem Sachverhalt und gleich gebliebener Gesetzeslage das höchste Fachgericht ihre Anwendbarkeit auf bestimmte Sachverhalte geklärt habe. In diesen Fällen orientiere sich die Billigkeit der Kostenentscheidung an den Erfolgsaussichten der im Nachhinein richtig und für den Rechtsanwender verbindlich interpretierten Rechtslage.
In Ausführung des Ane...