Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechnung der Regelaltersrente für einen Verfolgten i. S. des WGSVG

 

Orientierungssatz

1. Ist ein Versicherter als Entschädigungsberechtigter i. S. des Bundesentschädigungsgesetzes sowohl Verfolgter gemäß § 1 Abs. 1 WGSVG, als auch pflichtversicherter Verfolgter gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 WGSVG, so sind die von ihm glaubhaft gemachten Beitragszeiten und Ersatzzeiten nach §§ 14, 15 WGSVG mit 6/6 zu bewerten. Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Nr. 3 WGSVG liegen u. a. dann vor, wenn eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung im Ghetto aus Verfolgungsgründen beendet worden ist.

2. Bei Bestandsrenten ist das ZRBG nur dann anzuwenden, wenn dieses zu einer höheren Rente führt.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 10.08.2010; Aktenzeichen B 13 R 140/10 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 05.12.2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsrechtszug nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist der Anspruch auf höhere Regelaltersrente für den Zeitraum vom 1.7.1997 bis zum 31.12.1998.

Der am 00.00.1926 in Lodz/Polen geborene Kläger besitzt die israelische Staatsangehörigkeit. Er war wegen seines jüdischen Glaubens der nationalsozialistischen Verfolgung ausgesetzt. Nach zwangsweisen Aufenthalten im Ghetto Lodz und in den Konzentrationslagern Auschwitz und Dachau wurde der Kläger am 28.4.1945 befreit. Er verließ Deutschland 1947, um nach Israel einzuwandern, wo er seit dem 3.2.1949 lebt.

Am 13.1.1993 beantragte der Kläger bei der Beklagen, im Ghetto Lodz zurückgelegte Beitragszeiten sowie Ersatzzeiten anzuerkennen und ihm eine Altersrente zu gewähren. Der Kläger begründete seinen Antrag mit einer von etwa Mitte 1940 bis August 1944 im Ghetto Lodz verrichteten entgeltlichen abhängigen Beschäftigung. Mit Bescheid vom 14.5.1993 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab. Auf den Widerspruch des Klägers bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 17.3.1994 unter Zugrundelegung des 10.7.1928 als Geburtsdatum eine Regelaltersrente ab dem 1.8.1993. Hierbei berücksichtigte die Beklagte glaubhaft gemachte Pflichtbeitragszeiten vom 1.11.1946 bis 31.12.1946 und vom 1.2.1947 bis zum 28.2.1947 sowie Ersatzzeiten vom 10.7.1942 bis zum 31.10.1946. Die Rentengewährung erfolgte unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0.

Der Kläger wies sodann mit Schreiben vom 21.10.1994 darauf hin, dass die Beklagte ein falsches Geburtsdatum zugrunde gelegt habe. Richtig sei der 10.7.1926, so dass die Rente ab August 1991 gewährt werden müsse. Danach berechnete die Beklagte mit Bescheid vom 21.7.1995 die Regelaltersrente des Klägers unter Zugrundelegung seines richtigen Geburtsdatums neu, was zu einem Rentenbeginn ab dem 1.1.1993 und Berücksichtigung weiterer Ersatzzeiten vom 10.7.1940 bis 9.7.1942 führte. Die persönlichen Entgeltpunkte ermittelte die Beklagte unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,085. Das Widerspruchsverfahren hielt der Kläger in Bezug auf die beantragte Anerkennung von im Ghetto Lodz zurückgelegten Beitragszeiten aufrecht. Mit Bescheid vom 24.8.1998 berechnete die Beklagte die Altersrente des Klägers mit Wirkung ab dem 1.1.1993 neu. Dabei berücksichtige sie nunmehr erstmals glaubhaft gemachte Beitragszeiten für die Beschäftigung des Klägers im Ghetto Lodz vom 10.7.1940 bis zum 10.8.1944. Sämtliche Beitragszeiten rechnete die Beklagte mit 5/6 an. Die persönlichen Entgeltpunkte ermittelte die Beklagte unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,085.

Im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) stellte die Beklagte mit Bescheid vom 27.9.2002 die Regelaltersrente des Klägers mit Wirkung ab dem 1.1.1993 neu fest und berücksichtigte dabei zusätzlich vom 2.3.1947 bis zum 31.12.1949 eine verfolgungsbedingte Auslandsersatzzeit, die sie mit 5/6 anrechnete. Die persönlichen Entgeltpunkte ermittelte die Beklagte unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0.

Am 30.6.2003 beantragte der Kläger, die Entgeltpunkte für die Ghetto-Beitragszeiten in vollem Umfang zu berücksichtigen, die Rente nach Maßgabe des Gesetzes über die Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) festzustellen und den Zugangsfaktor zutreffend zu ermitteln. Auf diesen Antrag stellte die Beklagte mit Bescheid vom 24.11.2003 die Regelaltersrente des Klägers mit Wirkung ab dem 1.1.1999 neu fest. Dabei rechnete sie sämtliche Beitragszeiten mit 6/6 an und ermittelte unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,085 9,6019 persönliche Entgeltpunkte. Weitere Zeiten berücksichtigte sie nicht. Gegen diesen am 28.11.2003 zur Post gegebenen Bescheid richtete sich der am 29.12.2003 bei der Beklagten eingegangene Widerspruch des Klägers. Zur Begründung machte er geltend, dass die Neufeststellung nach dem ZRBG, und zwar ab dem 1.7.1997 vorzunehmen sei. Dabei berief er sich auf Art. 4 § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung der Vorschriften über die Wiedergutma...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge