Entscheidungsstichwort (Thema)
Verordnungsfähigkeit eines Dreiwegehahns zur Integration in ein Infusionssystem als Sprechstundenbedarf
Orientierungssatz
Ein Dreiwegehahn besteht aus Kunststoff-Verbindungsstücken, welche in ein Infusionssystem integriert werden können. Er dient insbesondere dazu, die gleichzeitige oder nachgeschaltete Zuführung zweier verschiedener Infusionsflüssigkeiten zu ermöglichen. Er ist nach der Sprechstundenbedarfsvereinbarung (SSB-V) vom 18. 1. 2006 verordnungsfähig.
Tenor
1. Die Berufung wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten jeweils selbst tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Streit ist ein Regress in Höhe von 1.093,45 EUR wegen der Verordnung von Dreiwegehähnen "D." blau als Sprechstundenbedarf im Quartal I/2008.
Die Klägerin ist eine inzwischen in dieser Form nicht mehr bestehende Berufungsausübungsgemeinschaft, die aus zwei Fachärzten für Innere Medizin gebildet wurde und die im streitgegenständlichen Quartal an der vertragsärztlichen Versorgung in H. teilnahm. Im Rahmen von onkologischen Behandlungen wurden in der Praxis regelmäßig Infusionstherapien zur Verabreichung von Zytostatika nebst Begleitmedikationen durchgeführt.
Im Quartal I/2008 bezog die Klägerin unter anderem Dreiwegehähne "D." blau als Sprechstundenbedarf. Die streitbefangenen Verordnungen hatten einen Nettowert von insgesamt 1.093,45 EUR.
Dreiwegehähne sind Verbindungsstücke aus Kunststoff, die unmittelbar oder über eine Verlängerungsleitung in ein Infusionssystem integriert werden können. Sie dienen insbesondere dazu, die gleichzeitige oder nachgeschaltete Zuführung zweier verschiedener Infusionsflüssigkeiten zu ermöglichen.
Die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1, zu deren Lasten der Sprechstundenbedarf in H. verordnet wird, beantragte mit Schreiben vom 3. März 2009 die sachlich-rechnerische Richtigstellung bei der Gemeinsamen Prüfungsstelle der Ärzte und Krankenkassen in H. (im Folgenden: Gemeinsame Prüfungsstelle).
Die Gemeinsame Prüfungsstelle entschied ohne Anhörung der hinter der Klägerin stehenden Ärzte mit Bescheid vom 17. Mai 2009, einen Regress in Höhe des Nettowerts festzusetzen. Dreiwegehähne könnten nicht als Sprechstundenbedarf verordnen werden, weil sie nicht in der Anlage 2 zur Sprechstundenbedarfsvereinbarung (SSB-V) aufgeführt seien.
Zur Begründung ihres dagegen eingelegten Widerspruchs brachte die Klägerin vor, Dreiwegehähne seien als Einmal-Infusionsbesteck zu qualifizieren, das nach der SSB-V als Sprechstundenbedarf verordnungsfähig sei. Der Begriff Einmal-Infusionsbesteck werde nicht definiert und sei daher auszulegen. Da sich dem Wortlaut keine Beschränkung auf bestimmte Bestandteile entnehmen lasse, umfasse der Begriff jedes Teil, das objektiv für die ärztliche Durchführung einer Infusion benötigt werde. Die medikamentöse Versorgung über einen Dreiwegehahn sei schließlich nicht patientenindividuell, sondern Standard in der zystostatischen Therapie. Die Klägerin bezog sich auf die Urteile des Landessozialgerichts (LSG) für das Land Nordrhein-Westfalen (NRW) vom 25. November 1998 (L 11 KA 69/98) und des Sozialgerichts (SG) Düsseldorf vom 23. Juni 2004 (S 14 KA 160/02).
Mit Beschluss vom 19. Oktober 2011 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Dreiwegehähne seien in der Anlage 2 zur SSB-V nicht als zulässige Mittel aufgeführt. Der Beklagte führte weiter aus, Dreiwegehähne seien auch nicht als Einmal-Infusionsbesteck anforderbar. Dazu würden nur die integralen Bestandteile Dorn, Tropfkammer mit oder ohne Belüftung, Infusionsschlauch, Rollklemme und Konnektor (Luer-Lock) zählen. Die für eine Infusion weiter erforderlichen Einmal-Infusionskatheter und Einmal-Infusionsnadeln würden gesondert in der SSB-V aufgeführt. Beim Dreiwegehahn handele es sich hingegen um Sonderzubehör, das nicht als Sprechstundenbedarf verordnet werden könne. Die Beschlussausfertigungen für die beiden hinter der Klägerin stehenden Ärzte wurden jeweils am 7. November 2011 zur Post gegeben.
Am 6. Dezember 2011 hat die Klägerin beim SG Hamburg Klage erhoben und ihr Begehren weiter verfolgt.
Der Beklagte hat an seiner Entscheidung festgehalten und ergänzt, ein Bezug als Sprechstundenbedarf scheide auch deswegen aus, weil es sich, soweit die Dreiwegehähne bei der Infusionstherapie von Zytostatika und Begleitmedikation in der Onkologie verwendet würden, um eine geplante ärztliche Behandlung handele, die ausdrücklich nicht den Regeln der SSB-V unterfalle. Nach Abschnitt III Nr. 1 SSB-V in der jeweils gültigen Fassung gölten als Sprechstundenbedarf nur solche Mittel, die ihrer Art nach bei mehr als einem Berechtigten im Rahmen der vertragsärztlichen Behandlung angewendet würden oder die zur Notfall- bzw. Sofortbehandlung im Rahmen der vertragsärztlichen Behandlung erforderlich seien. Bei anschließender Therapie bzw. geplanten Eingriffen sei nur die Einzelverordnung auf den Namen des Patienten zulässig. In H. wür...