Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilferecht: Übernahme von Mietschulden durch den Sozialhilfeträger. Zulässigkeit einer Anfechtungsklage gegen den Bescheid zur Übernahme von Mietschulden und künftigen Auszahlung der Unterkunftskosten an den Vermieter. Rechtsschutzbedürfnis. Besorgnis der Befangenheit
Orientierungssatz
Einer sozialgerichtlichen Anfechtungsklage eines Empfängers von Sozialhilfeleistungen gegen einen Bescheid des Sozialhilfeträgers zur Übernahme und Zahlung von Mietrückständen an den Vermieter zur Abwendung einer Zwangsräumung und zur künftigen direkten Leistung der Kosten für Unterkunft an den Vermieter fehlt es an einem Rechtschutzbedürfnis, da eine solche Klage die Rechtsposition des Sozialhilfeempfängers nicht verbessern kann.
Normenkette
SGG § 60
Nachgehend
Tenor
Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 7. November 2013 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen eine Zahlung der Beklagten an die Eigentümerin der vom Kläger bewohnten Wohnung.
Der Kläger ist 1936 geboren. Er erhält laufende Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt von der Beklagten. Mit Versäumnisurteil vom 6. Februar 2007 verurteilte ihn das Amtsgericht Hamburg-S. zur Räumung der von ihm bewohnten Wohnung. Der Gerichtsvollzieher kündigte die zwangsweise Räumung für den 19. August 2009 an. Der Kläger beantragte am 12. August 2009 bei der Fachstelle für Wohnungsnotfälle der Beklagten die Übernahme der Mietrückstände. Die Vermieterin des Klägers, die S1 Siedlungs-Aktiengesellschaft (im Folgenden: S1), erklärte sich gegenüber der Fachstelle für Wohnungsnotfälle bereit, auf die Räumung zu verzichten, sofern die Zahlungsrückstände in Höhe von 7.285,13 Euro (ausstehende Mietzahlungen sowie Verfahrenskosten) übernommen würden. Die S1 übersandte eine Forderungsaufstellung für die Zeit ab November 1999. Die Fachstelle für Wohnungsnotfälle teilte dem Kläger daraufhin mit Schreiben vom 15. September 2009 mit, dass sie zu einer Übernahme der Rückstände bereit sei, wenn der Kläger sein Einverständnis damit erteile, dass die Miete bzw. Nutzungsentschädigung in Zukunft von der Beklagten direkt an die S1 gezahlt werde. Der Kläger äußerte Zweifel hinsichtlich der Höhe der Forderung der S1, erklärte sich aber mit Schreiben vom 13. November 2009 mit der Direktzahlung der Miete an die S1 einverstanden.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger daraufhin mit Bescheid vom 18. Dezember 2009 Hilfe zum Lebensunterhalt in Sonderfällen gemäß § 34 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) in Höhe von 7.427,73 Euro (Forderungsbetrag plus Betriebskostennachforderung 2008) und zahlte den genannten Betrag an die S1.
Mit Schreiben vom 2. Januar 2010 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 18. Dezember 2009. Zur Begründung führte er aus, der Widerspruch richte sich gegen die vorbehaltlose Überweisung der ungeprüften Mietrückstandsforderung an die S1. Über die Verfahrenskosten habe das Gericht noch nicht entschieden, er habe beantragt, sie der S1 als Gläubigerin aufzuerlegen. Die Aufstellung durch die S1 lasse seine berechtigten Ansprüche aus dem Mietverhältnis unberücksichtigt. Die vorbehaltlose Zahlung durch die Beklagte erschwere oder verhindere sogar die Durchsetzung seiner Ansprüche gegen die S1.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 10. Mai 2010 zurück. Der Widerspruch sei unzulässig, der Kläger habe keine Widerspruchsbefugnis. Bei dem angefochtenen Bescheid handele es sich um einen begünstigenden Verwaltungsakt. Es sei nicht ersichtlich, wie der Kläger durch ihn in eigenen Rechten oder rechtlich geschützten Interessen betroffen sein könne. Die Übernahme von Schulden gemäß § 34 SGB XII entfalte keinerlei präjudizielle Wirkung in Bezug auf ein zivilrechtliches Verfahren über die Begründetheit der zugrundeliegenden Verbindlichkeiten. Sinn und Zweck des § 34 SGB XII sei es, den Leistungsberechtigten vor einer drohenden Notlage zu bewahren. Ein Abwarten des vollständigen Abschlusses sämtlicher zivilrechtlicher Verfahren würde diesem Zweck zuwiderlaufen.
Am 28. Juni 2010 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Hamburg erhoben. Er habe zu keinem Zeitpunkt sein Einverständnis mit einer vorbehaltlosen Zahlung an die S1 erteilt. Es gebe keinen Titel für die Forderungen der S1. Die Handlungen der Beklagten seien gesetzeswidrig und zielten darauf ab, die S1 auf Kosten und zum Nachteil des Klägers ungerechtfertigt zu bereichern.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 7. November 2013 abgewiesen. Die Klage sei unzulässig, da es am Rechtsschutzbedürfnis fehle. Es sei nicht zu erkennen, dass sich die rechtliche oder wirtschaftliche Situation des Klägers durch das begehrte Urteil verbessern würde.
Der Gerichtsbescheid ist dem Kläger am 15. November 2013 zugestellt worden. Am 16. Dezember 2013, einem Montag, hat der Kläger Berufung einge...