Tenor

1. Die Berufung wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Überfalls als Arbeitsunfall.

Die 1976 geborene Klägerin und Berufungsklägerin war im Bewachungsgewerbe tätig. In der Nacht vom 23. auf den 24. November 2018 bewachte sie in der Zeit von 22.00 Uhr bis 5.00 Uhr eine V. am L. in H.- W.. Im Anschluss hatte sie den Auftrag, gegen 7:00 Uhr eine Filiale der K. in B. aufzuschließen. Ihr Ehemann hatte die Klägerin mit dem Auto von der gemeinsamen Wohnung zu der V. am L. gefahren und - wie bereits einige Male zuvor - angeboten, sie dort um kurz vor 5.00 Uhr auch wieder abzuholen und nach B. zu fahren, damit sie die Strecke nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegen müsse. Beim Warten an der vereinbarten Abholstelle wurde die Klägerin von hinten von einem maskierten Mann mit einem Messer angegriffen und zu Boden gerissen. Hierbei erlitt sie Stichverletzungen an Rücken und Gesäß sowie schwere Verletzungen am Kopf. Noch am selben Tage wurde ihr Ehemann als Täter des Überfalles festgenommen und im Folgenden zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

Mit Bescheid vom 18. Januar 2019 lehnte die Beklagte und Berufungsklägerin die Anerkennung des Ereignisses vom 24. November 2018 als Arbeitsunfall mit der Begründung ab, Versicherungsschutz liege nur vor, wenn Versicherte bei einem Überfall geschädigt werden, der nicht aus persönlichen Motiven erfolgte. Vorliegend sei die betriebsfremde Beziehung zwischen dem Täter und der Klägerin und nicht ein Zusammenhang mit der Zurücklegung des Weges die wesentliche Ursache, sodass Versicherungsschutz nicht vorliege.

Der Widerspruch der Klägerin vom 4. Februar 2019 wurde von der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 26. September 2019 als unbegründet zurückgewiesen. Die Beklagte führte aus, die örtlichen Gegebenheiten des Arbeitsweges zum Zeitpunkt des Überfalls (Straße in einem gewöhnlich belebten Wohngebiet in H.- W.) ließen nicht erkennen, dass diese den Überfall maßgeblich begünstigt hätten. Wesentlich für den Überfall sei allein die persönliche Beziehung zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann gewesen. Diese Einschätzung sei durch die polizeilichen Ermittlungsergebnisse zweifellos gestützt worden. Weiter verwies die Beklagte auf Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG).

Hiergegen hat die Klägerin am 22. Oktober 2019 Klage vor dem Sozialgericht Hamburg erhoben und vorgetragen, die Arbeitstätigkeit und die Arbeitsstätte der Klägerin seien ein wesentlicher Bestandteil der Tat gewesen. Der Täter habe gewusst, dass er die Klägerin auf dem Weg von ihrer Arbeitsstätte in der V. in W. zu ihrer weiteren Arbeitsstätte in der K.-Filiale in B. möglichst unerkannt hinterrücks überfallen könne und dies habe seine Tat wesentlich begünstigt. Die Bevollmächtigte der Klägerin legte zudem das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 19. Juni 2019 (Az. 621 Ks 1/19) vor, mit dem der Täter wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren und 9 Monaten verurteilt wurde.

Die Beklagte hat sich auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid bezogen und geltend gemacht, auch anhand der staatsanwaltlichen Ermittlungsakte sei die besondere Begünstigung des Überfalls durch die Zurücklegung des Arbeitsweges nicht erkennbar. Der Angriff auf die Klägerin sei im öffentlichen Verkehrsraum ohne erkennbare Ausnutzung spezifisch örtlicher Gegebenheiten erfolgt.

Das Sozialgericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten (Band 1-3) beigezogen, die auch eine Kopie der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft beinhaltet.

Nach diesbezüglicher Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 21. September 2020 abgewiesen. Es könne nicht festgestellt werden, dass die Klägerin am 24. November 2018 einen Arbeitsunfall erlitten habe. Zwar stünden Überfälle infolge einer versicherten Tätigkeit grundsätzlich unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Aus den vorliegenden Unterlagen ergebe sich jedoch, dass die Klägerin am 24. November 2018 von ihrem Ehemann aus privaten Motiven heraus überfallen und schwer verletzt worden sei. Werde ein Überfall aus privaten Motiven durchgeführt, sei nicht die versicherte Tätigkeit die wesentliche Ursache des Unfalles, sondern die private Beziehung präge das Geschehen allein wesentlich. Es komme hierbei auch nicht darauf an, ob die Klägerin als Überfallene vor dem Überfallereignis positive Kenntnis über den Schädiger oder dessen Motive hatte. Entscheidend sei allein, dass der Überfall aus privaten Gründen erfolgte. Auch die Tatzeit bzw. die Umstände am Tatort führten nicht zur Zurechnung zur versicherten Tätigkeit, denn es hätten keine besonders begünstigenden Umstände vorgelegen, die die Tat erst möglich gemacht hätten. Insoweit habe die Beklagte zutreffend auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) verwiesen.

Gegen diesen ihrer ...

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