Nachgehend

BSG (Beschluss vom 10.11.2022; Aktenzeichen B 3 KR 21/22 B)

 

Tenor

1. Die Berufung wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten, ob die Klägerin mit Ablauf des 8. November 2015 zu Recht nach § 48 Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) aus dem Krankengeldbezug ausgesteuert wurde.

Die 1972 geborene Klägerin wurde vom 20. März 2013 bis zum 22. April 2013 hausärztlicherseits unter der Diagnose K29.1 (sonstige akute Gastritis) und vorübergehend hinzutretend einer akuten Pharyngitis (Rachenentzündung) arbeitsunfähig geschrieben. Nach Ende der Entgeltfortzahlung nahm die Beklagte ab dem 22. März 2013 die Zahlung von Krankengeld auf und gewährte dieses für den Zeitraum bis zum 22. April 2013. Für den 16. Mai 2014 und 22. Mai 2014 wurde während des Bezugs von Arbeitslosengeld jeweils wegen Beschwerden in Teilen des Unterbauchs bzw. nicht näher bezeichneten Bauchschmerzen Arbeitsunfähigkeit festgestellt. Ab dem 14. Juni 2014 bescheinigten dann laufend Ärzte verschiedener Fachrichtungen Arbeitsunfähigkeit vor allem wegen Gastritis, nicht akuter abdomineller Beschwerden, Schmerzen im Bereich des Oberbauchs, funktioneller Dyspepsie, gastroösophagealer Refluxkrankheit ohne Ösophagitis, Enterokolitis, aber zum Teil auch ohne Angabe einer Diagnose, dies vor allem in Privat-Attesten. Insoweit wird Bezug genommen auf die Aufstellung der Arbeitsunfähigkeitszeiten auf Bl. 198 ff. der Verwaltungsakte der Beklagten nebst darin enthaltener Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Bereits im Juni 2014 beschrieb der Internist Dr. B. wechselhafte Krankheitsbeschwerden und teils aggressives Verhalten und Schwierigkeiten in der Kommunikation mit der Klägerin, die deshalb auch der Praxis verwiesen worden sei; aus seiner Sicht sei eine Vorstellung beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) und beim Psychiater sinnvoll. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin, Homöopathie und Psychotherapie, Dr. P. gab im Juli 2014 als Diagnose den Verdacht auf eine kombinierte Persönlichkeitsstörung/Psychose an.

Die Beklagte gewährte der Klägerin ab 17. Juni 2014 kalendertägliches Krankengeld i.H.v. 38,68 Euro (Bescheid vom 1. Juli 2014).

Nachdem die Beklagte am 11. März 2015 wegen Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin eine Anfrage beim MDK gestellt hatte, hieß es in dessen sozialmedizinischer Stellungnahme vom 30. März 2015 (Dr. K.), die Klägerin sei aus medizinischer Sicht nicht weiter arbeitsunfähig. Nach telefonischer Rücksprache mit der zuletzt Arbeitsunfähigkeit attestierenden Ärztin sei die Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer Gastritis nicht weiter medizinisch begründet. Bei auffälligem Verhalten der Versicherten werde eine fachärztliche psychiatrische Behandlung abgelehnt.

Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 1. April 2015 eine Weitergewährung von Krankengeld über den 2. April 2015 hinaus ab, wogegen die Klägerin Widerspruch einlegte.

Unterdessen bescheinigten weiterhin wechselnde Ärzte laufend eine Arbeitsunfähigkeit der Klägerin, zum Teil ohne, zum Teil mit Angabe einer Diagnose wie insbesondere Gastritis und Dyspepsie.

Im Auftrag der Beklagten erstellte die Fachärztin für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Gastroenterologie Dr. B1 vom MDK nach Untersuchung der Klägerin am 21. Mai 2015 ein Gutachten und kam unter Hinzuziehung der die Klägerin nach deren anfänglicher Weigerung ebenfalls untersuchenden Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H. gemeinsam mit dieser zu der Einschätzung, dass das Leistungsvermögen der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aktuell eingeschränkt, die Arbeitsunfähigkeit in der Zusammenschau aus psychiatrisch-psychotherapeutischer Sicht plausibel sei. Es eine ausgeprägte Psychopathologie deutlich geworden, ohne dass wegen des nur einmaligen Kontaktes und fehlender Vorinformationen eine gesicherte psychiatrische Diagnose gestellt werden könne. Eine psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung werde dringend empfohlen, wobei keinerlei Krankheitseinsicht bestehe. Es sei kaum vorstellbar, dass die Klägerin ihren Alltag angemessen gestalten könne. Aus somatischer Sicht werde eine gastroenterologische Abklärung mit Magen-Darmspiegelung empfohlen.

Daraufhin half die Beklagte dem Widerspruch der Klägerin gegen die Einstellung der Krankengeldzahlungen mit Bescheid vom 10. Juni 2015 voll ab.

Mit Schreiben vom 10. Juni 2015 forderte die Beklagte die Klägerin unter Hinweis auf deren Mitwirkungspflichten und die Möglichkeit einer Leistungsversagung nach §§ 62, 66 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch auf, einen Facharzt für Gastroenterologie aufzusuchen, um die vom MDK-Gutachter empfohlene Abklärung auf diesem Gebiet anzugehen, wozu es trotz weiterer Aufforderungen vom 25. (E-Mail), 26. und 29. Juni 2015 sowie schließlich einer Terminvereinbarung durch die Beklagte vom 14. Juli 2015 zur gastroenterologischen Vorstellung der Klägerin im U. am 3. September 201...

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