Entscheidungsstichwort (Thema)

Zusicherung der Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen anstelle einer bewilligten Gleichstellung

 

Orientierungssatz

Ausgangspunkt für die Frage, ob ein behinderter Mensch der Gleichstellung bedarf, ist seine gesundheitliche Schädigung und nicht eine bestehende Vermittlungserschwerung. Weil die Arbeitsmarktsituation notwendiges Kriterium für die Ausübung des Entscheidungsermessens ist, ist der Bundesagentur die Entscheidung über den Gleichstellungsantrag übertragen. Dabei hat sie zu bewerten, ob die Behinderungen des Antragstellers diesen in seiner Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Nichtbehinderten in besonderer Weise beeinträchtigen und er infolgedessen nur schwer zu vermitteln ist. Ein arbeitsloser Grundsicherungsempfänger kann ohne Gleichstellung leichter eine Reintegration in das Erwerbsleben erreichen als mit einer solchen. Deshalb kann die Arbeitsagentur in einem solchen Fall die beantragte Gleichstellung verweigern. Sie handelt ermessensfehlerfrei, wenn sie die Gleichstellung lediglich für den Fall zusichert, dass ein Arbeitgeber eine Einstellung von der beantragten Gleichstellung abhängig macht, vgl. BSG, Urteil vom 02. März 2000 - B 7 AL 46/99 R.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 16. Februar 2009 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist der Anspruch der Klägerin auf Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Men-schen. Die am XXXXX 1963 geborene Klägerin ist seit August 2003 arbeitslos und bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch -Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Dem Gutachten des Facharztes für Neurochirurgie Dr. W.K. vom ärztlichen Dienst der Agentur für Arbeit in H. vom 15. Februar 2006 zufolge war bzw. ist ihre Erwerbsfähigkeit in qualitativer Hinsicht auf körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne besonderen Zeitdruck und ohne hohe psychische Belastung sowie besondere Verantwortung beschränkt, und ist sie in der Lage, diese noch regelmäßig vollschichtig zu verrichten. Maßgebend für diese Einschätzung waren belastungsabhängige Rückenschmerzen bei mäßigen Ver-schleißerscheinungen der Lendenwirbelsäule und leichten funktionellen Einschränkungen, zeitweilige Knieschmerzen bei Reizung der Kniescheibengleitlager, vielfältige Beschwerden im Bereich des Skelettsystems, Beschwerden im Herz-Kreislaufsystem, Schwindel, Kopf-schmerzen sowie eine Kollapsneigung, am ehesten im Sinne einer psychischen Überlage-rung. Die Freie und Hansestadt Hamburg, Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz, stellte mit Bescheid vom 29. September 2006 fest, dass bei der Klägerin ein Grad der Behinderung (GdB) im Sinne des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) von 40 bestehe und dass sie damit zum Personenkreis der behinderten Menschen gehöre. Als Gesundheitsstörungen wurden dabei berücksichtigt eine psychische Störung, degenerative Veränderungen in allen Segmenten der Wirbelsäule, ein Bandscheibenschaden mit ausstrahlenden Beschwerden sowie ein Kniegelenksverschleiß. Die Klägerin beantragte daraufhin am 30. September 2006 sowie am 2. Oktober 2006 formlos und am 20. November 2006 förmlich ihre Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX. Zur Begründung gab sie an, die Gleichstellung sei erforderlich, um ihr die Teilhabe am Arbeitsleben zu ermöglichen und einen geeigneten Arbeitsplatz zu finden. Im Zeitpunkt dieser Antragstellung war die Klägerin seit dem 20. März 2006 laufend arbeitsunfähig krank. Mit Bescheid vom 5. Januar 2007 sicherte die Beklagte der Klägerin die Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen nach § 2 Abs. 3 SGB IX für den Fall zu, dass im Zuge der Vermittlungsbemühungen bzw. ihrer eigenen Bemühungen um einen Arbeitsplatz der Arbeit-geber ihre Einstellung von einer solchen Gleichstellung abhängig mache. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch. Sie vertrat die Auffassung, die Beklagte habe ihr die Gleichstellung nicht nur zuzusichern, sondern zuzusprechen. Dies setze keineswegs voraus, dass ein konkretes Arbeitsplatzangebot vorliege und dass die Gleich-stellung zur Erlangung eines konkreten Arbeitsplatzes führe. Vielmehr sei Ziel der Gleichstellung die rechtzeitige Hilfe für den behinderten Menschen zur Behebung einer ungünstigen Konkurrenzsituation auf dem Arbeitsmarkt. Die Erteilung der Gleichstellung sei erforderlich, um die ARGE zu veranlassen, ihr - der Klägerin - jetzt und in Zukunft nur für behinderte Menschen geeignete Arbeitsgelegenheiten anzubieten. Mit Zwischenbescheid vom 27. Februar 2007 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass ihrem Anliegen bezüglich der Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes dadurch praktisch entsprochen worden sei, dass ihr die unverzügliche Gleichstellung für d...

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