Entscheidungsstichwort (Thema)

Gründungszuschuss. Anspruchsvoraussetzung. Beendigung der Arbeitslosigkeit. subjektive Verfügbarkeit. Begriff der Arbeitslosigkeit. Subjektive Verfügbarkeit. Bestandskräftige Bewilligung von Arbeitslosengeld

 

Orientierungssatz

Der Anspruch auf Gewährung eines Gründungszuschusses setzt nach § 93 SGB 3 ua die Beendigung bestehender Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit voraus. Der Begriff der Arbeitslosigkeit in § 93 Abs 1 SGB 3 entspricht dem des § 138 SGB 3. Er setzt mithin - wie in § 138 Abs 1 Nrn 1 bis 3 SGB 3 niedergelegt - Beschäftigungslosigkeit, Eigenbemühungen und Verfügbarkeit voraus. Das Vorliegen von Beschäftigungslosigkeit allein genügt nicht.

 

Normenkette

SGB III § 93 Abs. 1, § 138 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 5, § 140; SGG § 77

 

Tenor

1. Die Berufung wird zurückgewiesen.

2. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrte die Neubescheidung seines Antrags auf Gründungszuschuss.

Der am … 1967 geborene Kläger war zuletzt vom 1. Februar 2011 bis zum 31. Juli 2012 bei der Firma x. GmbH (i.F.: Arbeitgeber) beschäftigt. Das monatliche Entgelt lag bei 5.833,34 Euro brutto. Nachdem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zum 30. April 2012 gekündigt hatte, erhob der Kläger, der sich am 2. Februar 2012 arbeitssuchend gemeldet hatte, Klage vor dem Arbeitsgericht Hamburg. Das Verfahren vor dem Arbeitsgericht endete dadurch, dass das Gericht durch Beschluss vom 10. April 2012 (Az. 29 Ca 97/12) das Zustandekommen eines Vergleichs feststellte, wonach das Arbeitsverhältnis zum 31. Juli 2012 sein Ende finden und der Kläger bis dahin unwiderruflich von der Arbeitspflicht freigestellt werde. Der Kläger teilte der Beklagten am 3. April 2012 mit, das Arbeitsverhältnis habe sich vom 1. Mai 2012 bis zum 31. Juli 2012 verlängert.

Am 16. April 2012 schlossen die Beteiligten eine Eingliederungsvereinbarung mit dem Ziel einer "Arbeitsaufnahme als Leiter-Vertrieb in H. und Umgebung (50km)". In einem Vermerk vom selben Tag heißt es, ein Stellenangebots-Suchlauf habe keinen Erfolg gehabt. Nach Angaben des Klägers würden entsprechende Angebote nicht der Beklagten gemeldet. Allerdings plane der Kläger, sich im August als Headhunter und Personalvermittler selbstständig zu machen.

In einem Telefongespräch zwischen den Beteiligten am 27. Juli 2012 erklärte der Kläger, er bereite derzeit seine Selbstständigkeit vor, die er zum 2. August 2012 aufnehmen wolle. Der Businessplan sei bereits teilweise erstellt, und er nehme derzeit an einem Seminar für Existenzgründer teil. Er beantrage einen Gründungszuschuss. Weiter heißt es in dem Vermerk, die Beklagte habe die Voraussetzungen für einen Gründungszuschuss geschildert: "1 Tag alos, Anspruch auf Alg, mind. 150 T. Restanspruch auf Alg". In seinem vom 27. August 2012 datierenden schriftlichen Antrag auf Gründungszuschuss teilte der Kläger mit, er habe am 2. August 2012 eine selbstständige Tätigkeit als Personalberater aufgenommen, nachdem er eine solche Tätigkeit zuletzt bereits als Nebentätigkeit ausgeübt habe.

Am 31. Juli 2012 meldete sich der Kläger arbeitslos mit Wirkung zum 1. August 2012 und beantragte Arbeitslosengeld, wobei er erklärte, er werde alle Möglichkeiten zur Beendigung der Beschäftigungslosigkeit nutzen. Die Beklagte bewilligte daraufhin mit Bescheid vom 7. August 2012 Arbeitslosengeld befristet für den 1. August 2012 und gab als Grund für die Befristung die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit an.

Mit Bescheid vom 10. Oktober 2012 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gründungszuschuss ab: Im Rahmen der gebotenen Ermessensentscheidung falle zulasten des Klägers ins Gewicht, dass angesichts seiner Ausbildung und seiner besonderen Qualifikation eine Vermittlung in eine Beschäftigung als Vertriebsleiter in angemessener Zeit möglich gewesen wäre, auch wenn Stellen im oberen Gehaltssegment weniger zahlreich seien. Auch reichten die im Businessplan angegebenen Gewinne, die ab Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit erzielt würden, zur Sicherung des Lebensunterhalts aus.

Der Kläger erhob hiergegen am 8. November 2012 Widerspruch und führte aus, die Beklagte sei ermessensfehlerhaft von der Möglichkeit einer Vermittlung in Arbeit in angemessener Zeit ausgegangen. Entsprechende offene Stellen habe sie nicht nachgewiesen. Eine in der Verwaltungsakte enthaltene Stellensuche seitens der Beklagten habe nur Ergebnisse gebracht, die mit dem Qualifikations- und Tätigkeitprofil des Klägers nicht übereinstimmten. Die Beklagte habe auch die Zumutbarkeitskriterien aus § 140 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) nicht berücksichtigt. Weiterhin dürfe die Beurteilung der Eigenleistungsfähigkeit nicht auf eine vermutete Ertragslage gestützt werden.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. Dezember 2012 zurück: Der berufliche Werdegang und umfangreichen fachlichen Kompetenzen des Klägers zeigten, dass er sich auf neue Aufgabenfelder schnell einstel...

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