Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestehen eines Auszahlungsanspruchs auf Arbeitslosengeld bis zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit als Voraussetzung der Bewilligung eines Gründungszuschusses
Orientierungssatz
1. Zweck des Gründungszuschusses nach § 93 SGB 3 ist es, den Lebensunterhalt des Antragstellers zu sichern und insoweit das infolge der Existenzgründung wegfallende Arbeitslosengeld zu kompensieren. Unerlässliche Voraussetzung für dessen Bewilligung ist, dass der Antragsteller die materiellen Voraussetzungen eines konkreten Zahlungsanspruchs auf Arbeitslosengeld unmittelbar bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit erfüllt.
2. Die bindende Verneinung eines Arbeitslosengeldanspruchs in einem anderen Verfahren ist für den Anspruch auf Gründungszuschuss zwingend zu beachten.
3. Hat sich der Antragsteller bereits vor Aufnahme der selbständigen Tätigkeit rechtlich verbindlich auf die selbständige Tätigkeit festgelegt zu einem Zeitpunkt, in dem er keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld mehr besaß, so ist ein Anspruch auf Bewilligung eines Gründungszuschusses ausgeschlossen.
Normenkette
SGB III § 93 Abs. 1, 2 S. 1 Nr. 1, § 138 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 5 Nrn. 1, 3, § 57 Fassung: 2009-07-15, § 118 Fassung: 2003-12-23, §§ 136, 137 Abs. 1 Nr. 1, §§ 140, 147 Abs. 3; SGG §§ 77, 160 Abs. 2
Tenor
1. Die Berufung wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist ein Anspruch auf Gründungszuschuss
Der am …1978 geborene Kläger arbeitete zunächst ab dem 1. März 2012 als angestellter Rechtsanwalt bei der Kanzlei R. Rechtsanwälte. Nachdem der Kläger das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 29. September 2015 zum 31. Dezember 2015 gekündigt hatte, stellte der Arbeitgeber ihn ab dem 12. Oktober 2015 bei Fortzahlung des Arbeitsentgelts unwiderruflich von der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung frei.
Der Kläger meldete sich am 1. Oktober 2015 persönlich arbeitssuchend und beantragte am 18. Oktober 2015 Arbeitslosengeld (Alg), wobei er angab, er werde alle zumutbaren Möglichkeiten nutzen, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Zum Eintritt einer Sperrzeit angehört erklärte er, es gebe bei der Kanzlei R. keine Karriereperspektive für ihn. Er habe den Wunsch, Partner zu werden, in Personalgesprächen deutlich gemacht, jedoch seien sämtliche Partnerpositionen vergeben.
Mit Partnerschaftsvertrag vom 19. Oktober 2015 gründeten der Kläger und vier weitere Rechtsanwälte sodann eine Partnerschaft mit dem Gegenstand der gemeinsamen Ausübung des Anwaltsberufs. Die Gesellschaft sollte gemäß § 2 Abs. 1 des Vertrages sofort beginnen. Eine ordentliche Kündigung ist nach § 4 Abs. 2 des Vertrages bis zum 31. Dezember 2018 ausgeschlossen. Die Gesellschafter verpflichteten sich in § 9 Abs. 1 des Vertrages dazu, ihre gesamte Arbeitskraft der Gesellschaft zu widmen. Mit Vertrag vom 5. November 2015 mietete die Partnerschaft für eine monatliche Gesamtmiete von 7.424,90 Euro Kanzleiräume an. Am 29. Oktober 2015 schlossen die Beteiligten eine Eingliederungsvereinbarung mit dem Ziel der Aufnahme einer Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt.
Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 18. Januar 2016 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 29. April 2016 und des Widerspruchsbescheides vom 2. Mai 2016 den Eintritt einer Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe vom 12. Oktober 2015 bis zum 3. Januar 2016 fest und lehnte einen weitergehenden Alg-Anspruch mit der Begründung ab, der Kläger habe den Vermittlungsbemühungen der Beklagten nicht zur Verfügung gestanden. Die hiergegen am 31. Mai 2016 erhobene Klage wies das Sozialgericht durch Gerichtsbescheid vom 5. April 2017 ab (Az. S 14 AL 357/16). Die hiergegen am 4. Mai 2017 eingelegte Berufung (Az. L 2 AL 14/17), die der Kläger dahingehend konkretisiert hat, er begehre Alg für den 4. Januar 2016, verwarf der Senat durch Urteil vom 10. Juli 2017 als unzulässig
Den am 19. Oktober 2015 gestellten Antrag des Klägers auf Gründungszuschuss lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26. Januar 2016 mit der Begründung ab, aufgrund der Ausbildung des Klägers und seines beruflichen Werdegangs sei eine Vermittlung in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in absehbarer Zeit möglich. Auch habe er sein vorheriges Beschäftigungsverhältnis ohne wichtigen Grund gelöst und somit seine Arbeitslosigkeit selbst herbeigeführt. Die Beklagte fördere keine Existenzgründungen in den ersten 12 Wochen nach Aufgabe der Beschäftigung. Den hiergegen am 15. Februar 2016 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 18. März 2016 zurück, wobei sie ergänzend darauf abstellte, es fehle an der Voraussetzung einer Beendigung von Arbeitslosigkeit durch die Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit, denn der Kläger sei bereits zuvor nicht verfügbar gewesen. Er habe bereits am 29. Oktober 2015 von einer geplanten Selbstständigkeit gesprochen und vor allem zuvor den Partnerschaftsvertrag unterzeichnet. Auch den Mietvertrag habe er nur we...