Entscheidungsstichwort (Thema)

Forstwirtschaftlicher Unternehmer. Bewirtschaftung. Widerlegbare Vermutung. Verfassungsmäßigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Waldbesitzer ist grundsätzlich ein forstwirtschaftlicher Unternehmer nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 a) SGB VII. Er kann die Vermutung einer Bewirtschaftung des Waldes nicht allein durch den Vortrag widerlegen, weder habe es in den letzten Jahren Bewirtschaftungsmaßnahmen gegeben noch plane er solche.

 

Normenkette

SGB VII § 2 Abs. 1 Nr. 5 a), § 123 Abs. 1 Nr. 1, § 136 Abs. 1, § 150 Abs. 1; SGB X §§ 24, 44; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1

 

Tenor

1. Die Berufung wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) gegen die Aufnahme seines Waldgrundstücks als Unternehmen in das Kataster der Beklagten sowie gegen weitere Beitragsbescheide.

Der Kläger ist Eigentümer eines Waldgrundstücks mit einer Größe von 1,66 ha in S ... Die Vorgängerin der Beklagten, die L. (L.) S. und H., nahm den Kläger mit seinem Waldgrundstück mit Bescheid vom 24. September 2009 in ihr Unternehmerverzeichnis auf und veranlagte den Kläger zu entsprechenden Beiträgen in der gesetzlichen landwirtschaftlichen Unfallversicherung für das Jahr 2008. Sie begründete die Aufnahme insbesondere mit der gesetzlichen Vorschrift des § 123 Abs. 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII), wonach unter anderem alle Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft, Landschaftspflege, Binnenfischerei, Imkerei, Lohnunternehmen, Jagd usw. umfasst seien. Gegen diesen Bescheid sowie gegen den Beitragsbescheid vom 5. Februar 2010 zur Umlage des Jahres 2009 legte der Kläger Widerspruch ein.

Die Forstbehörde S1 des Landes S. teilte der Beklagten im Widerspruchsverfahren mit, dass die Flurstücke nicht im Waldkataster für den Kreis L1 enthalten seien. Grundsätzlich sei es dennoch möglich, dass es sich um Waldflächen im Sinne des § 2 des Landeswaldgesetzes (LWaldG) handele, da das Kataster nicht alle bewaldeten Flächen erfasse. Das Amt Hohe Elbgeest bestätigte mit Schreiben vom 1. März 2010, dass der Kläger Eigentümer der Flurstücke xxxxx/0 (0,1499 ha), 58/0 (1,5095 ha) und 214/20 (0,0004 ha) sei.

Die Beklagte wies die Widersprüche des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 15. Juli 2010 zurück. Die Zuständigkeit der L. ergebe sich aus § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII. Das Entstehen des Versicherungsverhältnisses sei dabei unabhängig vom Willen der betroffenen Person und hänge allein vom Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts ab. Unternehmer im Sinne der Unfallversicherung sei dabei derjenige, dem das Ergebnis des Unternehmens unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereiche, der also das wirtschaftliche Risiko trage. Damit sei es für den Unternehmerbegriff im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung nicht entscheidend, ob ein Geschäftsbetrieb unterhalten oder ob das Unternehmen als Erwerbstätigkeit mit entsprechender Gewinnerzielungsabsicht betrieben werde. Die Zuständigkeit der L. sei daher auch für Unternehmen mit ideeller Zielsetzung und bloße Hobbybetriebe gegeben. Unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei vom Vorliegen eines forstwirtschaftlichen Unternehmens bereits dann auszugehen, wenn der Inhaber des Unternehmens über Grund und Boden verfüge, der zum Zwecke der Gewinnung von Forsterzeugnissen bearbeitet werde. Auf die Größe der Fläche komme es hierbei nicht an. Es bestehe vorliegend die Vermutung, dass der Kläger auf der Fläche forstwirtschaftlich tätig werde und damit forstwirtschaftlicher Unternehmer sei. Greifbare Umstände, die auf eine andersartige - nicht auf die Gewinnung von Forsterzeugnissen gerichtete - Nutzung der Waldfläche hinwiesen, wie dies etwa bei einer aus konkreten Umständen ersichtlichen Änderung der Zweckbestimmung der Fall sei, ergäben sich nicht. Die bloße Absicht, keine forstwirtschaftliche Tätigkeit zu entfalten, ändere so lange an der Eigenschaft als Unternehmer nichts, wie dort forstwirtschaftliche Pflanzen wachsen. Sie entziehe der auf tatsächlichen und rechtlichen Kriterien beruhenden Vermutung nicht die Grundlage. Insbesondere in rechtlicher Hinsicht ändere sich dadurch an der aus den Waldgesetzen ergebenden Verpflichtung als Waldbesitzer, den Wald jedenfalls in gewissem Umfang zu bewirtschaften, nichts. Es liege auch in der Natur der Sache, dass zeitweise über mehrere Jahre keine forstlichen Arbeiten anfielen bzw. jahrzehntelang kein Nutzen gezogen werde.

Gegen diesen Widerspruchsbescheid erhob der Kläger am 5. August 2010 Klage und machte geltend, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entscheidend sei, dass forstwirtschaftliche Arbeiten verrichtet würden. Er verwies dabei auf ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 28. September 1999 (Az. B 2 U 40/98 R). Er trug weiter vor, dass er keinerlei forstwirtschaftliche Arbeiten auf dem Waldgrundstück verrichte. Zudem sei er in den le...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge