Entscheidungsstichwort (Thema)
Landwirtschaftliche Unfallversicherung. Beitrags- und Versicherungspflicht. forstwirtschaftliches Unternehmen. Waldgrundstück. keine Bewirtschaftung. keine Mindestgröße
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Unternehmen der Forstwirtschaft liegt vor bei einem Nutzungsrecht an einem Forstgrundstück, also einem Waldgrundstück, das die Gewinnung von Forsterzeugnissen ermöglicht.
2. Es ist weder eine bestimmte Mindestgröße noch ein bestimmtes Mindestmaß an Arbeitsaufwand erforderlich.
3. Wegen der die Forstwirtschaft prägenden langen Bewirtschaftungszeiträume besteht die - widerlegbare - Vermutung, dass bei bestehenden Nutzungsrechten an forstwirtschaftlichen Flächen auch bei im Einzelfall fehlenden konkreten Bewirtschaftungsmaßnahmen eine forstwirtschaftliche Tätigkeit und damit die Eigenschaft des Nutzungsberechtigten als forstwirtschaftlicher Unternehmer gegeben ist.
4. Die Vermutung der forstwirtschaftlichen Betätigung ist nicht widerlegt, wenn der Kläger eine Nutzung lediglich bestreitet, er seine Flächen aber keiner andersartigen Nutzung zugeführt hat, die die spätere Nutzung als Waldfläche ausschließen könnte.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 20. September 2013 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger forstwirtschaftlicher Unternehmer ist und deshalb Beiträge zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung zu entrichten hat.
Der Kläger ist Eigentümer eines 0,6745 ha großen Flurstücks (35/0) in der Gemarkung O___, Flur 1. Gemäß dem Schreiben der Forstbehörde des Landes Schleswig-Holstein vom 6. Juni 2011 wird das Flurstück in dem dort gemäß § 35 Landeswaldgesetz (LWaldG) geführten Kataster unter der Nr. 46 als Wald geführt.
Mit Schreiben vom 3. Dezember 2010 informierte die Beklagte (seinerzeit: Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Schleswig-Holstein und Hamburg) den Kläger über eine mögliche Beitragspflicht. Es könne jedoch sein, dass das Flurstück nicht genutzt werde oder einer nichtlandwirtschaftlichen Nutzung zugeführt worden sei. Der Kläger teilte daraufhin am 9. Dezember 2010 telefonisch mit, dass es sich um Ödland mit einzelnen Bäumen, Moor und Wasserflächen handele. Es sei mit Buschland bewachsen.
Am 13. Dezember 2010 teilte die Untere Forstbehörde Nord des Landes Schleswig-Holsteins der Beklagten mit, dass es sich bei dem Flurstück 35 um Wald im Sinne des § 2 Landeswaldgesetzes handele.
Mit Aufnahmebescheid vom 3. Januar 2011 veranlagte die Beklagte den Kläger zur Beitragspflicht und erhob für die Jahre 2008 und 2009 Beiträge in Höhe von insgesamt 115,20 EUR.
Hiergegen legte der Kläger am 9. Januar 2011 Widerspruch ein, mit dem er geltend machte, keine Land/Forstwirtschaft zu betreiben. Bei der betroffenen Fläche handele es sich um ein Stück im Ursprung belassenen moorigen Gebietes, das bei der Flurbereinigung nicht urbar gemacht worden sei, um dem Wild noch Schutz zu bieten. In diesem Ursprung befinde sich die Fläche noch heute. Es sei ein mooriges sumpfiges Gebiet mit Büschen. Am Rand stünden einige Bäume. In trockenen Sommern könne ein Teil des Gebietes mit Gummistiefeln betreten werden. Er, der Kläger, wisse nicht, wie ohne Zufahrt und nutzbare Bäume Forstwirtschaft betrieben werden sollte. Er wolle das auch nicht, denn es handele sich um ein Stück unberührter Natur und dies solle auch so bleiben.
Mit Bescheid vom 4. Februar 2011 veranlagte die Beklagte den Kläger für das Umlagejahr 2010 mit 63,73 EUR. Hiergegen legte der Kläger am 22. Februar 2011 erneut Widerspruch ein.
Beide Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. März 2011 als unbegründet zurück und führte zur Begründung aus, dass unter Berücksichtigung der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze vom Vorliegen eines forstwirtschaftlichen Unternehmens grundsätzlich auszugehen sei, wenn der Inhaber des Unternehmens über Grund und Boden verfüge, der zum Zwecke der Gewinnung von Forsterzeugnissen bearbeitet werde. Auf die Größe der Nutzfläche komme es hierbei nicht an. Ihre Zuständigkeit - die der Beklagten - bestehe auch für Unternehmen mit ausschließlich ideeller Zielsetzung und bloße Hobbybetriebe. Der Kläger sei nutzungsberechtigter Eigentümer einer mit Bäumen bestandenen Waldparzelle. Es bestehe daher die Vermutung, dass er auf dieser Fläche forstwirtschaftlich tätig und somit forstwirtschaftlicher Unternehmer sei. Greifbare Umstände, die auf eine andersartige, nicht auf die Gewinnung von Forsterzeugnissen gerichtete, Nutzung der Waldfläche hinwiesen, ergäben sich nicht. Die bloße Absicht, auf einer bestimmten forstwirtschaftlichen Fläche keine forstwirtschaftliche Tätigkeit zu entfalten, ändere an deren Eigenschaft als solcher jedenfalls solange nichts, wie dort forstwirtschaftliche Pflanzen wüchsen. Bereits aus den Waldgesetzen ergebe sich für den Kläger die Verpflichtung als Waldbesitzer, den Wald jeden...