Entscheidungsstichwort (Thema)
Verzicht auf Bestellung eines besonderen Vertreters bei fehlender Prozessfähigkeit
Orientierungssatz
1. Der Zulässigkeit der Berufung steht nicht eine etwaige Prozessunfähigkeit des Klägers entgegen. Zwar ist für die Zulässigkeit der Berufung grundsätzlich die Prozesshandlungsfähigkeit des Berufungsklägers erforderlich. Jedoch muss aus Gründen des vollständigen Rechtsschutzes auch der Prozessunfähige die Möglichkeit haben, den Prozess in die höhere Instanz zu bringen. Deshalb ist das Rechtsmittel eines Beteiligten, der sich dagegen wendet, dass er in der Vorinstanz zu Unrecht als prozessunfähig behandelt worden sei, ohne Rücksicht darauf zulässig, ob die für die Prozessfähigkeit erforderlichen Voraussetzungen festgestellt werden können, vgl. BSG, Urteil vom 29. Juli 2005 - B 7a AL 162/05 B.
2. Aus einer maßlosen Inanspruchnahme der Gerichte mit jeweils aussichtslosen Klageanträgen kann auf eine partielle Geschäfts- und damit auch auf eine Prozessunfähigkeit des Klägers geschlossen werden. Damit fehlt die für eine wirksame Klageerhebung erforderliche Prozesshandlungsfähigkeit des Klägers.
3. Die Bestellung eines besonderen Vertreters nach § 72 Abs. 1 SGG ist nicht erforderlich bei einem Querulanten oder wenn das Rechtsmittel aus anderen Gründen unzulässig ist. Eine Notwendigkeit ist zu verneinen bei zweifellos aussichtsloser oder abwegiger Rechtsverfolgung.
Tenor
1. Die Berufung wird zurückgewiesen
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der aufgrund einer Vielzahl unter anderem bei den Hamburger Sozialgerichten geführter Rechtsstreitigkeiten gerichtsbekannte Kläger - auf die Auflistung in den Stammblättern der Gerichtsakte und den Inhalt der dort genannten Akten wird Bezug genommen -, für den derzeit kein Betreuer bestellt ist, begehrt die Löschung bestimmter Daten aus den internen Datenbanken der Beklagten, bei der er krankenversichert ist.
Der 1947 geborene Kläger hat nach seinen Angaben im Anschluss an den Haupt-schulabschluss von 1963 bis 1966 eine Ausbildung als Filmkopienfertiger absolviert. Im Jahre 1969 wurde er zum Kameraassistenten ausgebildet und war anschließend in diesem Beruf bis Anfang Oktober 1975 erwerbstätig, zuletzt beim N. als freier Mitarbeiter auf Grund so genannter Stückverträge. In den Jahren 1976 und 1978 war er noch tageweise insbesondere für Radio B. als Kameramann beschäftigt. Ab Oktober 1975 bezog er Arbeitslosengeld und ab April 1976 zunächst Arbeitslosenhilfe. Die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV Bund, zuvor Bundesversicherungsanstalt für Angestellte) bewilligte ihm auf den Antrag seines seinerzeitigen Pflegers mit Bescheid vom 22. Januar 1985 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf unbestimmte Zeit ab dem 1. November 1983.
Der Kläger, der sich nicht für erwerbsunfähig hielt und hält, hat diese Rente nie akzeptiert und strebt seit 1976 seine Weiter- bzw. Wiederbeschäftigung beim N. an. Zu diesem Zweck hat er zahlreiche Verfahren in der h. Arbeitsgerichtsbarkeit anhängig gemacht, die sämtlich erfolglos geblieben sind. Darüber hinaus waren und sind zahllose Gerichtsverfahren außer in der h. Sozialgerichtsbarkeit auch in anderen Gerichtszweigen der h. Gerichtsbarkeit und im Freistaat S. anhängig, mit denen der Kläger unter anderem die Rehabilitierung seiner Person und Schadensersatzforderungen geltend gemacht hat. Er hat ferner zahlreiche Rechtsstreitigkeiten gegen die Deutsche Rentenversicherung N. geführt, in welchen er wiederholt erfolglos die Aufhebung bzw. die Annullierung des Rentenbescheides bzw. Restitution beantragt hat. Am 10. August 2008 hat der Kläger beim Sozialgericht Hamburg Klage erhoben mit dem Begehren, die Bezeichnung "Rentner/Erwerbsunfähigkeit" aus den internen PC-Programmen der Beklagten zu löschen. Er sei kein Rentner, sondern erhalte Grundsicherungsleistungen vom Sozialamt und sei beim Jobcenter gemeldet. Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 30. Mai 2012 abgewiesen. Es fehle an einem Rechtsschutzbedürfnis für die erhobene Klage. Die begehrte Verpflichtung der Beklagten bringe dem Kläger weder tatsächliche noch rechtliche Vorteile. Seine interne Bezeichnung bei der Beklagten habe keine Außenwirkung.
Der Gerichtsbescheid ist dem Kläger am 5. Juni 2012 zugestellt worden. Am 7. Juni 2012 hat er dagegen Berufung eingelegt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 30. Mai 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Titel "Rentner/Erwerbsunfähig" aus ihren internen PC Programmen zu streichen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat die Berufung mit Beschluss vom 2. August 2012 dem Berichterstatter zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte in diesem Verfahren und in den Verfahren L 1 KR 61-62/12, L 1 R77/12 NZB und S 48 KR 400/09 sowie den Inhalt der ...