Entscheidungsstichwort (Thema)

Ruhen des Anspruchs auf Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung bei Auslandsaufenthalt des Versicherten

 

Orientierungssatz

1. Solange ein Ausländer seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hat, ist er nach § 20 Abs. 1 Nr. 11 i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB 5 und § 3 Nr. 2 SGB 4 zur Tragung von Beiträgen zur gesetzlichen Pflegeversicherung verpflichtet.

2. Aus zwischenstaatlichem Recht ergibt sich kein Anspruch auf Versicherungsbefreiung bzw. Leistungsgewährung in Slowenien. Erforderlich ist insoweit, dass es sich um einen Mitgliedstaat der Europäischen Union handelt.

3. Der Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung ruht gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 SGB 11, solange sich der Versicherte im Ausland aufhält. Aus dem Ruhen des Leistungsanspruchs nach § 34 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 SGB 11 während eines Auslandsaufenthalts folgt kein Verstoß gegen Verfassungsrecht (BSG, Urteil vom 25.2.2015, B 3 P 6/13 R).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 10.03.2022; Aktenzeichen B 12 R 48/21 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 26. Juni 2019 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Dem Kläger werden wegen Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung Kosten auferlegt. Er hat dem Gericht Kosten in Höhe von 1.000,00 EUR zu zahlen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger zur Zahlung von Beiträgen zur sozialen Pflegeversicherung verpflichtet ist. Für den Fall seines Umzugs nach S. begehrt der Kläger hilfsweise die Feststellung, dort Leistungen der deutschen sozialen Pflegeversicherung beziehen zu können.

Der am 1. Dezember 1947 geborene Kläger ist s. Staatsangehöriger. Nach Bezug einer Erwerbsminderungsrente bezieht er seit dem 20. September 2012 von der Beklagten Altersrente für langjährig Versicherte. Er ist bei der Beigeladenen im Rahmen der Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner pflegeversichert.

Die Pflicht des Klägers zur Zahlung von Beiträgen zur sozialen Pflegeversicherung war bereits Gegenstand eines Verfahrens gegen die Beigeladene vor dem Sozialgericht Hamburg (Aktenzeichen: S 34 P 95/02). Diese Klage wurde mit Urteil vom 1. April 2005 abgewiesen.

Die Versicherungs- und Beitragszahlungspflicht sowohl der Ehefrau des Klägers als auch des Klägers selbst in der sozialen Pflegeversicherung war Gegenstand eines weiteren Verfahrens gegen die Beigeladene vor dem Sozialgericht Hamburg (Aktenzeichen: S 37 P 109/08). Die Klage wurde mit Urteil vom 2. November 2011 abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung (Aktenzeichen: L 1 P 9/12) wurde zurückgenommen, nachdem der im vorliegenden Verfahren beklagte Rentenversicherungsträger den streitgegenständlichen Bescheid vom 12. Juli 2012 erlassen hatte.

Am 20. Juni 2012 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Feststellung, dass für ihn Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung nicht bestehe. Er wies dabei auf das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 2. November 2011 (Aktenzeichen: S 37 P 109/08) hin, welches deutlich mache, dass die Beklagte über die Frage des Bestehens von Versicherungspflicht in der Pflegeversicherung durch Verwaltungsakt zu entscheiden habe.

Mit Bescheid vom 12. Juli 2012 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers wegen Unzuständigkeit ab. Die Beklagte führte aus, dass die Entscheidung über die Versicherungspflicht in der deutschen gesetzlichen Kranken-/Pflegeversicherung die Beigeladene treffe.

Hiergegen erhob der Kläger am 10. August 2012 Widerspruch. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei die Zuständigkeit für die Entscheidung über die Beitragspflicht, die Beitragstragung und die Beitragshöhe in der sozialen Pflegeversicherung im Falle von Rentnern, die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert seien, dem Rentenversicherungsträger zugewiesen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 2014 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Sie führte aus, dass der Kläger Pflichtmitglied der Krankenversicherung der Rentner sei und demgemäß versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung (§ 20 Abs. 1 Nr. 11 Sozialgesetzbuch Elftes Buch [SGB XI]). Für die Rentenversicherung existiere insoweit kein Ermessensspielraum. Die Beitragstragung aus der Rente folge aus § 59 Abs. 1 SGB XI. Auch insoweit bestehe kein Ermessensspielraum. Die Beklagte habe im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Bezugnahme auf BSG, Urt. v. 29.11.2006 - B 12 RJ 4/05) im Rahmen ihrer Zuständigkeit Beitragsanteile zur Pflegeversicherung von der Rente abgetrennt.

Am 15. August 2014 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Hamburg. Er trug vor, dass er verheiratet sei und seit 40 Jahren mit seiner ebenfalls aus S. stammenden Ehefrau in der Bundesrepublik Deutschland lebe. Er beabsichtige, seinen Lebensabend in S. zu verbringen. Diese Merkmale begründeten nach herrschender Meinung eine Beitragspflic...

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